Masken-Affäre:Union in Not

CDU

In Not: Die CDU.

(Foto: Fabian Strauch/dpa)

Provisionsgeschäfte von Abgeordneten setzen CDU und CSU unter Druck. Die Parteichefs Laschet und Söder versuchen, Nikolas Löbel wie Georg Nüßlein zum sofortigen Rücktritt zu bewegen. Beide verlassen die Bundestagsfraktion, wollen ihre Mandate aber noch behalten.

Von Josef Kelnberger und Mike Szymanski, Berlin

Eine Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gerät die Union in der Affäre um fragwürdige Provisionsdeals von Bundestagsabgeordneten beim Beschaffen von Masken weiter unter Druck. Der bisherige Fraktionsvizechefs Georg Nüßlein (CSU) hatte bereits seinen Rückzug angekündigt. Am Sonntagabend ließ er über seinen Anwalt erklären, dass auch er mit sofortiger Wirkung die Unionsfraktion verlasse, aber sein Mandat behalte. Ebenso beendet der Mannheimer CDU-Parlamentarier Nikolas Löbel seine Politik-Karriere. Er teilte am Sonntag mit, sein Bundestagsmandat niederzulegen, aber erst Ende August, und dann auch nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren.

Am Sonntag meldete sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zu Wort. "Es ist nicht zu tolerieren, wenn Volksvertreter die Krise zum Geschäft machen. Das ist mit den Grundwerten der Union unvereinbar. Alle Betroffenen sollten umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen. Alles andere beschädigt das Vertrauen in die Politik", schrieb der CSU-Vorsitzende auf Twitter. Ähnlich äußerte sich später der CDU-Vorsitzende Armin Laschet im Südkurier: "Jeder Abgeordnete, der sich an und in der Krise bereichert, beschädigt das höchste Gut in der Demokratie: Vertrauen."

Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin der CDU in Baden-Württemberg, erklärte am Sonntag: "Ich habe keinerlei Verständnis und bin zutiefst entsetzt, dass ein Abgeordneter die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg dazu nutzt, um sich persönlich zu bereichern." Mit seinem Verhalten habe Löbel "dem Ansehen der CDU und der parlamentarischen Demokratie insgesamt massiv geschadet". Eisenmann forderte Löbel dazu auf, sein Bundestagsmandat "mit sofortiger Wirkung" niederzulegen.

Masken-Affäre: Haben der Union eine mehr als unliebsame Debatte beschert: Nikolas Löbel (links) und Georg Nüßlein.

Haben der Union eine mehr als unliebsame Debatte beschert: Nikolas Löbel (links) und Georg Nüßlein.

(Foto: imago)

Löbel hatte am Freitag eine Beteiligung an umstrittenen Geschäften mit Corona-Schutzmasken eingeräumt. Löbels Firma kassierte demnach Provisionen von etwa 250 000 Euro, weil sie Kaufverträge über Masken vermittelt hatte.

Der 34-Jährige erklärte nun, er übernehme mit seinem Rückzug die Verantwortung für sein Handeln und ziehe die "notwendigen politischen Konsequenzen". Der Unionspolitiker gestand ein, er habe die Ansprüche an seine Ämter verletzt. "Dafür möchte ich mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes entschuldigen."

Gegen den CSU-Mann wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt

Der CSU-Parlamentarier Nüßlein soll 660 000 Euro für die Vermittlung staatlicher Aufträge an einen Schutzmaskenhersteller eingestrichen haben. Gegen ihn wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Nüßleins Anwalt weist die erhobenen Vorwürfe zurück.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten zuvor in einem Brief an die Abgeordneten deutliche Kritik geübt: "Ein Tätigwerden im Rahmen des Mandats darf nicht mit persönlichen finanziellen Interessen verbunden werden", schrieben sie und äußerten ihr "vollkommenes Unverständnis" zu den Vorgängen.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte, er empfinde es als "zutiefst unanständig, dass sich Parlamentarier mit der Maskenbeschaffung in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg bereichert haben". Die Verteidigungsministerin und frühere CDU-Vorsitzende Annegret-Kramp-Karrenbauer twitterte: "Es gibt überhaupt nichts schönzureden. Und Ämter 'ruhen' zu lassen, reicht nicht. #Löbel und #Nüsslein müssen vollständig zurücktreten und ihre Mandate im Bundestag umgehend niederlegen."

In Baden-Württemberg ist die CDU in Umfragen auf bis zu 24 Prozent abgerutscht

Die Maskenaffäre ist zur Belastung für die Wahlkämpfer der Union in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg geworden. Der Spitzenkandidaten in Rheinland-Pfalz, Christian Baldauf, hatte sich ebenso wie Susanne Eisenmann in Baden-Württemberg am Wochenende in klaren Worten von den Parteikollegen distanziert und deren Rückzug verlangt.

In Baden-Württemberg ist die CDU in Umfragen auf bis zu 24 Prozent abgerutscht und liegt damit elf Prozentpunkte hinter den Grünen, die dort die Regierung anführen. Die Union könnte bei der Wahl am Sonntag aus der Regierung fliegen. In Rheinland-Pfalz hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit ihrer SPD erstmals seit vielen Monaten wieder die Union in den Umfragen überholt.

Der Koalitionspartner im Bund, die SPD, reagiert mit Empörung auf die Vorfälle. SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans sagte der Süddeutschen Zeitung: "Der Verdacht von Raffgier und Vetternwirtschaft bei der Maskenbeschaffung muss ohne Umschweife aufgeklärt werden." In Zeiten derart großer Ungewissheit sei "das Vertrauen in selbstloses Handeln der politisch Verantwortlichen das wichtigste Kapital".

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CSU-Politiker Georg Nüßlein

ExklusivKorruptionsaffären in der Union
:"Da haut es dich weg!"

Zwei Mitglieder der Unionsfraktion sollen viel Geld für die Vermittlung von Masken eingestrichen haben. Der CDU-Abgeordnete Radtke ist darüber entsetzt - und fordert die beiden Abgeordneten auf, ihre Mandate schleunigst niederzulegen.

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