Infektionsschutz:Ein Gesetz in letzter Sekunde

Die neuen Pandemie-Regeln müssen um jeden Preis aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Der schwache Konsens zwischen Bund und Ländern könnte halten.

Von Stefan Kornelius

Infektionsschutz ist längst eine Ableitung des politischen Oberthemas dieser Saison: Wer wird Bundeskanzler und wie? So darf man fast schon dankbar sein, dass die Akteure aus Bund und Ländern, aus linkem wie rechtem Lager, im letzten Augenblick vom Geist der Vernunft heimgesucht wurden und eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes zugunsten einer strikteren Handhabe der Pandemie durch den Bund beschlossen haben.

Wie sehr Pandemie und die ultimative Machtfrage miteinander verknüpft sind, hat zuletzt die Bundeskanzlerin als Wächterin der Sachlichkeit deutlich gemacht. Es reicht, wenn Angela Merkel das Wort von der "Lockdown-Brücke" in den Mund nimmt, um ihre Präferenzen klarzumachen. Nein, es geht auch ihr nicht nur um Inzidenzwerte.

Das neue Infektionsschutzgesetz ist damit freilich weder beschlossen noch in der Sache für gut befunden. Dazu fehlen noch entscheidende Bausteine. Man kann trefflich darüber streiten, ob eine Ausgangssperre nicht doch zu drakonisch ist, wenn es allemal keinen Anlass gibt, nachts auszugehen. Und man kann fragen, warum Blümchen verkauft werden dürfen, Blümchenkleider aber nicht. Wichtig ist, dass der stille Schwur der Akteure hält und die Pandemie in ihren komplexen Verästlungen nicht auf dem Wahlkampf-Scheiterhaufen in Flammen aufgeht. Denn einen Pandemie-Wahlkampf kann keine Partei gewinnen - verlieren allerdings schon.

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