Hochwasserkatastrophe in NRW:Ein großes "X" für den Wiederaufbau

Nach dem Unwetter in Nordrhein-Westfalen

Ein Bundeswehrsoldat räumt Trümmer aus einer vom Hochwasser verwüsteten Wohnung.

(Foto: Jonas Güttler/dpa)

Bund und Länder wollen ein Hilfspaket für die von der Flut geschädigten Gebiete auf den Weg bringen, der genaue Umfang ist noch offen. Aus der Opposition in Düsseldorf kommt unterdessen neue Kritik am Krisenmanagement der Landesregierung.

Von Jana Stegemann und Christian Wernicke, Düsseldorf

Die Flutkatastrophe Mitte Juli hat allein in Nordrhein-Westfalen Schäden von mehr als 13 Milliarden Euro verursacht. Diese erste konkrete Schätzung teilte NRW-Regierungschef Armin Laschet am Montag im Landtag in Düsseldorf mit. Der CDU-Kanzlerkandidat forderte als "nationale Kraftanstrengung" ein Wiederaufbau-Paket in Höhe von 20 bis 30 Milliarden Euro, da das benachbarte Rheinland-Pfalz ähnlich große Zerstörungen erlitten habe.

Bund und Länder sollten diese Summe bereits bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit der Kanzlerin am Dienstag beschließen, forderte der CDU-Kanzlerkandidat, anschließend sollten Bundestag und Bundesrat die Hilfen zügig in Sondersitzungen billigen.

Ein MPK-Beschlussentwurf vom Montagmittag sah zwar einen nationalen Fonds "Aufbauhilfe 2021" bereits vor. Anstelle konkreter Zahlen stand dort jedoch zunächst nur ein "X" für die Höhe der vom Bund und von allen Bundesländern zu finanzierenden Summe. Aus Berliner Regierungskreisen hieß es, der Hilfsfonds werde wohl mindestens 30 Milliarden Euro umfassen.

"Die Katastrophe hatte sich angekündigt"

SPD und Grüne lobten Laschets Bemühungen um schnelle Finanzhilfen, warfen ihm jedoch Versäumnisse beim Klima- und Hochwasserschutz vor. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty kritisierte massiv das Krisenmanagement der schwarz-gelben Regierung. Frühe Unwetterwarnungen seien missachtet worden: "Die Katastrophe hatte sich angekündigt", bemängelte Kutschaty, "warum war die Landesregierung nicht alarmiert?" Der CDU-Kanzlerkandidat sei noch am 14. Juli, dem Abend der eskalierenden Flut, "auf Wahlkampfterminen außerhalb von NRW unterwegs" gewesen, statt als Ministerpräsident einen Krisenstab einzusetzen. Kutschaty drohte der Regierung mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. In Rheinland-Pfalz wird der Landtag ein solches Gremium nach der Sommerpause wohl mit den Stimmen der CDU-Fraktion einsetzen.

Bereits am Montagvormittag war Laschets Umweltministerin Ursula Heinen-Esser bei einer Sondersitzung des Umweltausschusses in Bedrängnis geraten. Trotz mehrfacher Nachfragen konnte die CDU-Politikerin nicht sagen, wann sie Laschet informiert hatte - und ob sie ihn auf die Dramatik der Lage aufmerksam gemacht habe.

Die Katastrophe, so argumentierte die Ministerin, sei kein Problem der behördlichen Meldekette gewesen. Gefehlt hätten hingegen Hochwasser-Prognosen für viele kleine Flüsse. Sie selbst sei bereits am Montag (12. Juli) über den am Mittwoch (14. Juli) drohenden Starkregen informiert worden und habe "permanent im Austausch mit der Fachabteilung" ihres Hauses gestanden.

Die Opposition aus Grünen, SPD und AfD kritisierte die Ministerin. "Sie haben keine Warnungen weitergegeben, Sie haben Zahlen weitergegeben", sagte der SPD-Abgeordnete René Schneider. Angesichts der gesättigten Böden und der Wetterlage hätte Heinen-Essers Ministerium etwa darauf dringen müssen, früher Wasser aus den fast komplett gefüllten Talsperren abzulassen. Die Ministerin versprach, mit den Wasserversorgern "intensiv" über das Talsperren-Management sprechen zu wollen. Und sie führte an, dass es sich um eine noch nie dagewesene Situation gehandelt habe: Das Ausmaß der Überschwemmungen sei von ihren Experten als "HQ 10 000" eingeschätzt worden - also als ein Hochwasser, das statistisch einmal in zehntausend Jahren auftritt.

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