Pandemie:Für Ungeimpfte wird es schwerer

Pandemie: In immer mehr Bundesländern nur noch für Geimpfte und Genesene: Menschen sitzen in Bars und Restaurants in Berlin.

In immer mehr Bundesländern nur noch für Geimpfte und Genesene: Menschen sitzen in Bars und Restaurants in Berlin.

(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Weitere Bundesländer kündigen ein 2-G-Modell an: Zutritt zu vielen Einrichtungen haben dann nur noch Immunisierte und Genesene.

Von Peter Burghardt, Andreas Glas, Jan Heidtmann, Claudia Henzler, Ulrike Nimz und Jana Stegemann

In der deutschen Corona-Politik deutet sich ein Strategiewechsel an. Um einen möglichen weiteren Anstieg der Infektionszahlen im Herbst zu verhindern, steigen immer mehr Bundesländer von der sogenannten 3-G-Regelung, bei der Geimpfte, Genesene und Getestete Zutritt zu bestimmten Einrichtungen haben, in einigen Lebensbereichen auf 2 G um. Nur wer geimpft oder genesen ist, kann dann etwa Restaurants, Kultur- oder Sportveranstaltungen besuchen. Für den öffentlichen Nahverkehr oder den Einzelhandel soll dies nicht gelten. Begründet werden die verschärften Auflagen mit der Sorge vor einer Überlastung des Gesundheitswesens. Laut der Impfstatistik des Robert-Koch-Instituts sind aktuell mehr als 15 Millionen Erwachsene in Deutschland noch gar nicht gegen das Coronavirus geimpft.

Vielerorts sind Kinder und Jugendliche von der Änderung ausgenommen. Einige Landesregierungen verzichten bei Schülerinnen und Schülern, die ohnehin regelmäßig getestet werden, sogar komplett auf Nachweise. Unterschiede gibt es auch bei der Ausgestaltung der 2-G-Regel: In den meisten Bundesländern wird sie quasi mit sofortiger Wirkung eingeführt, aber auf freiwilliger Basis, nach dem Vorbild von Hamburg. Dort können Restaurantbesitzer und Veranstalter schon seit Ende August selbst entscheiden, ob sie den Zutritt nur Geimpften und Genesenen erlauben. Wenn sie sich für dieses Optionsmodell entscheiden, können sie auf andere Corona-Auflagen weitgehend verzichten, wobei in Innenräumen jenseits von Tischen und Bar weiterhin Maske getragen werden muss.

Bislang ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland, das Zutrittsverbote für Ungeimpfte zur Pflicht machen will - wenn auch nicht sofort. Die neue Corona-Verordnung des Landes, die voraussichtlich am Donnerstag in Kraft tritt, sieht vor, dass die 2-G-Regel nur aktiviert wird, wenn die Zahl der Covid-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, einen Schwellenwert übersteigt. Dann stehen beispielsweise Kinos, Restaurants, Kultureinrichtungen und der Friseurbesuch nur noch Geimpften und Genesenen offen. Hotels können in dieser "Alarmstufe" mit einem PCR-Test besucht werden.

"Die Nichtgeimpften sind die Träger der Pandemie", begründete Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dieses Vorgehen am Dienstag. Er betonte, dass die Einschränkungen dem Schutz der Gesellschaft dienten und nicht der Gängelung. "Es ist nicht so, dass wir da eine Strafaktion machen."

Berlin hat an diesem Dienstag das 2-G-Optionsmodell nach Hamburger Vorbild beschlossen. Auch dort können Betreiber und Veranstalter nun wählen, ob sie Getestete weiter zulassen oder nicht. Wer sich für 2 G entscheide, müsse die Bestimmungen konsequent umsetzen, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). "Das ist eine sehr strikte Regelung, es gibt wirklich keine Ausnahmen." Weder für Kinder unter zwölf Jahren noch für diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Dafür müssen dort keine Masken getragen und kein Abstand gehalten werden. In Sachsen-Anhalt, wo am Dienstag fast das identische Modell beschlossen wurde, wird die 2-G-Regel für Minderjährige dagegen nicht gelten.

Auch in Niedersachsen werden Kinder und Jugendliche ohne Impfung weiter Zutritt haben. Dort können sich Gastronomie, Kultur, Sport und weitere Freizeitbereiche voraussichtlich von kommender Woche an für 2 G entscheiden. Wo nur noch Geimpfte und Genesene zu Gast sind, soll die Pflicht entfallen, Masken zu tragen und Abstand zu halten. Die Regelung gilt bereits für Clubs und Diskotheken, da habe man gute Erfahrungen gemacht, sagte SPD-Ministerpräsident Stephan Weil in einer Regierungserklärung am Dienstag. "Durch 2 G wird die Schutzwirkung von Maske und Abstand kompensiert. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit diesem Vorschlag einen weiteren Beitrag zur Normalisierung des öffentlichen Lebens leisten können."

Sachsen will das 2-G-Optionsmodell mit der nächsten Corona-Verordnung einführen. Brandenburg plant dies ebenfalls, aber auf wenige Lebensbereiche beschränkt. Thüringen prüft noch und will Ende der Woche entscheiden.

Die bayerische Staatsregierung will vorerst bei der 3-G-Regel bleiben, hält sich 2 G aber offen. Sollte sich die Lage auf den Intensivstationen dramatisch verschlechtern, "dann werden wir Maßnahmen treffen müssen", etwa neuerliche Kontaktbeschränkungen, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Diese Maßnahmen dürften sich jedoch "nicht gegen die Geimpften oder Genesenen richten", sondern nur "gegen Ungeimpfte".

Auch Nordrhein-Westfalen belässt es vorerst bei den bisherigen Auflagen - dort sind aktuell in nahezu allen Freizeitbereichen entweder Schnell-Tests oder PCR-Tests notwendig. Das Gesundheitsministerium beobachte die Entwicklung genau, so ein Sprecher. Derzeit stabilisierten sich die relevanten Indikatoren, "allerdings auf einem nicht unkritischen Niveau".

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