Österreich:Der eine geht, der andere kommt

Regierungskrise in Österreich

Der eine Kanzler geht, der andere Kanzler kommt: Sebastian Kurz und Alexander Schallenberg.

(Foto: Robert Jaeger/dpa)

Alexander Schallenberg wird von Sebastian Kurz das Kanzleramt übernehmen. Eine kurze Zusammenfassung eines turbulenten Wochenendes.

Von Leila Al-Serori, Wien

Nach dem Rückzug von Sebastian Kurz als österreichischer Kanzler wird der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg das Amt übernehmen. Die Vereidigung soll bereits diesen Montag über die Bühne gehen. Kurz hatte die Rochade nach Korruptionsvorwürfen und Rücktrittsaufforderungen am Samstagabend bekanntgegeben. Er selbst will künftig den Posten des Klubobmanns, also Fraktionschef der ÖVP, ausüben, sowie Parteichef bleiben. Damit ist der 35-jährige Kurz, der bereits im Zuge der Ibiza-Affäre sein Amt verlor, zum zweiten Mal der jüngste Altkanzler in der Geschichte Österreichs. Er bleibt als Fraktionschef allerdings ein gewichtiger Machtfaktor in der Koalition - der sogar weiterhin an Kabinettssitzungen teilnimmt.

Der grüne Koalitionspartner hatte zuvor eine "untadelige" Person an der Regierungsspitze als Bedingung für die Fortsetzung der Zusammenarbeit gefordert. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) begrüßte den Wechsel und traf sich zu Gesprächen mit Alexander Schallenberg. Kogler hob die bisher "sehr konstruktive Zusammenarbeit" mit Schallenberg hervor. Der langjährige Diplomat gilt als enger Kurz-Vertrauter. Am Sonntag sprach Schallenberg zu Journalisten von einer "enorm herausfordernden Aufgabe und Zeit für uns alle".

Zuletzt war der Druck auf Kurz immer weiter gestiegen

Ausgelöst hatten die Regierungskrise vergangene Woche Razzien im Bundeskanzleramt, Finanzministerium und der ÖVP-Parteizentrale. Gegen Kurz und mehrere Mitarbeiter wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung ermittelt. Dem Kurz-Team wird vorgeworfen, sich 2016 geschönte Umfragen und wohlmeinende Berichterstattung mit Steuergeld erkauft zu haben. Die Anschuldigungen begründen die Staatsanwälte mit unzähligen einschlägigen Textnachrichten. Diese waren im Zuge von Folgeermittlungen nach der von SZ und Spiegel aufgedeckten Ibiza-Affäre sichergestellt worden.

Zuletzt war der Druck auf Kurz immer weiter gestiegen. Als ein Schuldeingeständnis ist der Rückzug aber nicht zu werten: Die Vorwürfe seien "falsch, und ich werde das auch aufklären können", sagte Kurz am Samstag. Er betonte, dass die Unschuldsvermutung für alle gelten müsse. Die bekanntgewordenen SMS verteidigte er damit, dass er sie "teilweise in der Hitze des Gefechts geschrieben" habe.

Kritisch zeigte sich die Opposition, die in den vergangenen Tagen mehrfach den Rücktritt des Kanzlers gefordert hatte und eine Regierung ohne ÖVP-Beteiligung anstrebte. Am Dienstag gibt es im Parlament eine Sondersitzung, auch ein Untersuchungsausschuss soll in Arbeit sein. Unter Schallenberg sei eine Fortsetzung des "Systems Kurz" zu erwarten, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Kurz würde als "Schattenkanzler" im Hintergrund weiter die Fäden ziehen. Der Kanzler breche zudem mit seiner "Flucht in die parlamentarische Immunität" das Versprechen, für Aufklärung zu sorgen, kritisierte FPÖ-Chef Herbert Kickl. Dem Vorwurf, dass sich Kurz durch einen Wechsel ins Parlament den Strafermittlungen entziehen möchte, scheint die ÖVP zumindest ausräumen zu wollen: Kurz werde die Aufhebung der Immunität selbst beantragen, hieß es in einer Stellungnahme am Wochenende.

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