Pandemie:Die Wucht der vierten Welle

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Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, mitte) und Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Institutes (links) informierten über die Corona-Lage. (Foto: Getty Images)

Von Lockerungen spricht niemand mehr: Bundesregierung und RKI mahnen zu Entschlossenheit. Einige Länder verschärfen ihre Regeln für Ungeimpfte und setzen auf Kontaktbeschränkungen.

Von Anna Ernst und Angelika Slavik, Berlin

Die Pandemiesituation in Deutschland spitzt sich zu: Die vierte Corona-Welle treffe das Land gerade "mit voller Wucht", sagte der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch: "Die Pandemie ist alles andere als vorbei." Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldetet eine Sieben-Tage-Inzidenz von 146,6. Der Wert lag unter dem des Vortags, was an einer statistischen Verzerrung durch den Feiertag liegen könnte, der am Montag in einigen Bundesländern begangen wurde. Die Zahlen seien insgesamt "erschreckend", sagte RKI-Chef Lothar Wieler bei der gemeinsamen Pressekonferenz. An einigen Tagen gebe es wieder mehr als 100 Corona-Tote.

"Wir erleben gerade vor allem eine Pandemie der Ungeimpften - und die ist massiv", sagte Spahn. Die vierte Welle müsse entschlossen bekämpft werden: mit der Einhaltung der Hygieneregeln, dem Tragen von Masken und mit Auffrischungsimpfungen. Nach etwa sechs Monaten nehme der Impfschutz ab, erläuterte Leif Erik Sander, Impfforscher an der Berliner Charité. Es sei deshalb wichtig, dass sich vor allem ältere Menschen, deren Impfung mehr als ein halbes Jahr zurückliege, eine "Booster-Impfung" geben ließen, also eine dritte Dosis. Spahn forderte die Länder auf, ihre Impfangebote deutlich auszuweiten. Es habe erst etwa zwei Millionen Auffrischungsimpfungen gegeben. "Das Tempo beim Boostern reicht nicht."

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Indes wird über schärfere Maßnahmen für Menschen ohne Impfschutz diskutiert - und einige Länder setzen Schritte in diese Richtung. In Baden-Württemberg werden vielfach keine Schnelltests mehr akzeptiert, sondern nur noch PCR-Tests, wenn Ungeimpfte Zutritt zu Freizeiteinrichtungen bekommen wollen. Zudem gelten Kontaktbeschränkungen: Ungeimpfte aus einem Haushalt dürfen sich nur mit fünf weiteren Personen ohne Immunisierung treffen. Für Geimpfte, Genesene und Jugendliche bis 17 Jahre gelten keine Beschränkungen. Ähnliche Regeln gibt es bereits in anderen Ländern: In Hamburg etwa sind nur zehn Teilnehmer ohne Impfschutz bei Privatfeiern erlaubt, in Niedersachsen maximal 25.

Besonders strenge Verschärfungen plant Sachsen: Die Landesregierung will eine flächendeckende 2-G-Pflicht für die Gastronomie und Freizeitveranstaltungen in Innenbereichen erlassen. Ungeimpfte wären dann grundsätzlich ausgeschlossen. In Sachsen war die Inzidenz am Mittwoch fast doppelt so hoch wie der Bundesschnitt. Die neue Verordnung könnte am kommenden Montag in Kraft treten.

In Bayern will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) trotz Inzidenzen von mehr als 600 in einzelnen Landkreisen auf eine flächendeckende 2-G-Regel verzichten. In besonders betroffenen Gebieten soll aber eine 3-G-Pflicht am Arbeitsplatz gelten. Zudem müssen Schülerinnen und Schüler von Montag an wieder Masken tragen.

Söder warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft: Immer weniger der Geimpften hätten Verständnis für die Situation. Auch Spahn zeigte sich besorgt: Es gebe "viel Spannung" im Land. Auch deshalb gebe es bislang keine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen - er habe Sorge, dass etwa viele ungeimpfte Pflegekräfte sich im Zweifelsfall nicht impfen ließen, sondern den Job verließen.

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