Corona:Scholz für allgemeine Impfpflicht

Zentraler Corona-Impftag - Stuttgart

Olaf Scholz ist dafür, die Impfpflicht bis Februar oder März des kommenden Jahres umzusetzen.

(Foto: dpa)

Der künftige Kanzler will bis Donnerstag mit den Ländern über weitere Maßnahmen beraten. Das Bundesverfassungsgericht erklärt tiefe Eingriffe in die Grundrechte für zulässig.

Von Wolfgang Janisch und Robert Roßmann, Berlin/Karlsruhe

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich am Dienstag für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen. Teilnehmerangaben zufolge sagte Scholz in einer digitalen Konferenz mit Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten, er plädiere für eine Bundestagsabstimmung über eine derartige Impfpflicht ohne Fraktionsdisziplin. Er als Abgeordneter werde dann dafür votieren. Seiner Ansicht nach sollte diese Impfpflicht bis Februar oder März des kommenden Jahres umgesetzt sein.

Zuvor hatten vor allem die Regierungschefs der unionsregierten Bundesländer härtere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie verlangt. Sie sahen sich dabei durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestärkt, das am Vormittag die sogenannte Bundesnotbremse als verfassungsgemäß eingestuft hatte.

In einer gemeinsamen Vorlage für die Konferenz mit Scholz und der Kanzlerin baten die unionsgeführten Länder die Bundesregierung, "die Vorbereitungsarbeiten zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zügig einzuleiten". Denn die hohe Zahl Ungeimpfter sei die "Hauptursache für die Infektionsdynamik". Sie forderten auch weitgehende Kontaktbeschränkungen: Ungeimpfte sollten sich beispielsweise nur noch mit maximal fünf Personen aus maximal zwei Hausständen treffen dürfen.

Außerdem verlangten die unionsgeführten Länder eine Schließung von Clubs und Diskotheken. Und sie wollten, dass bei Großveranstaltungen die eigentlich vorhandene Kapazität "nur zu einem Drittel ausgelastet werden" darf. Das CDU-regierte Schleswig-Holstein machte dabei eine Einschränkung: Es will diese beiden Maßnahmen von der Inzidenz im jeweiligen Bundesland abhängig machen. Derzeit liegt die Inzidenz in Schleswig-Holstein weit unter dem Bundesdurchschnitt.

Nach der Konferenz wurden keine Beschlüsse verkündet. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte aber mit, Bund und Länder seien "überzeugt, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die Zahl der täglichen Neuinfektionen zu senken und den Druck auf die Krankenhäuser möglichst bald wieder zu verringern". Deswegen befasse man sich jetzt mit verschiedenen Vorschlägen: Dazu gehörten neben der Einführung umfangreicher Kontaktbeschränkungen vor allem für Ungeimpfte auch die Ausweitung der 2G-Regeln auf den Einzelhandel sowie Einschränkungen bei Großveranstaltungen. Außerdem solle "eine zeitnahe Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht vorbereitet werden".

Die Details zu diesen Regelungen würden jetzt bis Donnerstag ausgearbeitet, "um dann zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen". Dazu wird es aller Voraussicht nach eine Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag geben. Mehrere Landesregierungen kündigten bereits am Dienstag schärfere Maßnahmen an.

Die Beschlüsse zur "Bundesnotbremse", die das Verfassungsgericht am Dienstag veröffentlicht hat, sind in einigen Punkten besonders bemerkenswert. So billigten die Richter sowohl die Schulschließungen als auch die Kontaktbeschränkungen und die Ausgangssperre vom Frühjahr, obwohl sie in all diesen Fällen von sehr tiefen Eingriffen in Grundrechte ausgingen.

Bei den Schülern hat das Gericht sogar erstmals ausdrücklich ein Grundrecht auf schulische Bildung anerkannt, das Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf gleichen Zugang zu staatlichen Bildungsangeboten gewährt - sowie ein "Abwehrrecht" gegen Einschränkungen des Angebots.

Vor allem Schülerinnen und Schüler an Grundschulen seien stark von den Schließungen betroffen gewesen, "weil der Bildungserfolg bei ihnen von der Möglichkeit direkter Interaktion mit den Lehrern abhängt und Lernrückstände in dieser frühen Bildungsphase den gesamten schulischen Werdegang beeinträchtigen können", heißt es in der Karlsruher Entscheidung. Von der Sekundarstufe an könne dagegen auch der Digitalunterricht erfolgreich sein.

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