Russland hat die US-Regierung von Präsident Joe Biden erneut aufgefordert, alle amerikanischen Truppen aus Mittel- und Osteuropa abzuziehen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur RIA über Moskaus schriftliche Reaktion auf die US-Vorschläge zu Sicherheitsgarantien, die Russland verlangt hatte. Das Schreiben wurde dem US-Botschafter in Moskau am Donnerstag übergeben. Laut RIA erwartet Russland auch Vorschläge der USA und der Nato dazu, dass die Militärallianz nicht weiter gen Osten erweitert werde. Eine solche Forderung haben die 30 Mitglieder des Verteidigungsbündnisses mehrfach kategorisch abgelehnt. Laut Russlands Außenminister Sergej Lawrow sind aktuell weitere Diskussionen im Nato-Russland-Rat unmöglich.
Um die aktuelle Lage zu deeskalieren, müsse die Ukraine sich an das Minsker Abkommen halten und dürfe keine weiteren Waffen mehr geliefert bekommen, so eine weitere Forderung Moskaus. Die Agentur Tass meldet, dass Russland mit dem Einsatz nicht näher definierter "militärtechnischer Maßnahmen" reagieren müsse, wenn es die geforderten rechtsverbindlichen Garantien nicht erhalte.
Verschärft wurde die seit Wochen angespannte Lage durch die Ausweisung des stellvertretenden US-Botschafters in Moskau, Bart Gorman. Das US-Außenministerium erklärte, man prüfe eine Reaktion. In Washington sagte Präsident Biden erneut, dass die Bedrohung durch einen russischen Einmarsch in die Ukraine "sehr hoch" sei. Er plane kein Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Nach einem Nato-Treffen in Brüssel sprach US-Verteidigungsminister Lloyd Austin davon, dass Russland Blutkonserven für die in Grenznähe zusammengezogenen Truppen aufstocke und mehr Kampfflugzeuge losschicke. Der Ex-General betonte, dass diese Maßnahmen auf eine Invasion hindeuteten.
Auch am Donnerstag widersprachen westliche Spitzenpolitiker den russischen Ankündigungen, Soldaten von den Grenzen der Ukraine abzuziehen. "Wir haben bisher keine Anzeichen für Deeskalation vor Ort gesehen. Im Gegenteil: Wir sehen, dass der Aufmarsch fortgesetzt wird", sagte Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, vor einer Sondersitzung der Staats- und Regierungschefs der EU. Anschließend erklärte Italiens Ministerpräsident Mario Draghi: "Diese Episoden, die eine scheinbare Deeskalation ankündigten, werden zur Zeit nicht ernst genommen."
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich besorgt wegen einer Reihe von Verstößen gegen die Waffenruhe in der Ostukraine und äußerte die Sorge, dass Russland dies als Vorwand für einen Angriff auf die Ukraine nutzen könnte. Die Separatisten in den selbsternannten Volksrepubliken, die von Moskau unterstützt werden, hatten ukrainischen Regierungstruppen zuvor vorgeworfen, den geltenden Waffenstillstand gebrochen zu haben. Die Luhansker Rebellen klagten, dass in den Morgenstunden an mehreren Orten in ihrem Gebiet Dutzende Mörsergranaten eingeschlagen seien. Auch im Donezker Gebiet seien Stellungen der Aufständischen beschossen worden, woraufhin man das Feuer erwidert habe.