Energie-Politik:"Deutschland kann schnell sein"

Energie-Politik: "Beispielhaft für den dringend notwendigen Umbau der Energieversorgung": Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, Bundeskanzler Olaf Scholz und Tesla-Chef Elon Musk (von links) bei der Eröffnung des Werks in Grünheide.

"Beispielhaft für den dringend notwendigen Umbau der Energieversorgung": Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, Bundeskanzler Olaf Scholz und Tesla-Chef Elon Musk (von links) bei der Eröffnung des Werks in Grünheide.

(Foto: Patrick Pleul/AFP)

Scholz und Habeck preisen das Tesla-Werk als Beispiel für den schnellen Umbau des Energiesystems. Die Koalition sucht unterdessen weiter nach Möglichkeiten, um die Bürger zu entlasten.

Von Björn Finke, Nico Fried und Roland Preuß

Berlin/Brüssel - Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck haben die Eröffnung einer Fabrik für Elektroautos in Brandenburg als beispielhaft für den dringend notwendigen Umbau der Energieversorgung gerühmt. "Deutschland kann schnell sein", sagte Scholz (SPD) am Dienstag mit Blick auf die Errichtung des Tesla-Werkes in Grünheide binnen etwas mehr als zwei Jahren. "Wir brauchen auch bei anderen Infrastrukturvorhaben wie dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze mehr Tesla-Tempo", sagte Habeck (Grüne). Er werbe "für diesen Mut, die Prozesse in der jetzigen Lage zu beschleunigen", so der Minister mit Blick auf die hohe Abhängigkeit Deutschlands von Öl-, Gas- und Kohleeinfuhren aus Russland. Der Weg hin zur Elektromobilität sei ein weiterer Schritt weg von Ölimporten. "Zu zeigen, wir können auch elektrisch, ist an diesem Tag ein schönes Symbol."

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist die Bundesregierung darum bemüht, die Abhängigkeit von Russland auf dem Energiesektor so schnell wie möglich zu verringern. Habeck war dazu unter anderem in den vergangenen Tagen in den Arabischen Emiraten sowie in Katar unterwegs, unter anderem um Möglichkeiten für die Lieferung von Flüssiggas auszuloten.

Energiepreise und Versorgungssicherheit werden auch Thema beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstag und Freitag in Brüssel sein. Bereits an diesem Mittwoch wird die EU-Kommission wohl einen Gesetzesvorschlag zu Gasspeichern präsentieren. Einem Entwurf zufolge müssen die Mitgliedstaaten künftig sicherstellen, dass die Betreiber diese Reserven bis Anfang November zu 90 Prozent füllen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu soll es auch finanzielle Anreize geben. Im gerade zu Ende gegangenen Winter waren die Speicher in Europa ungewöhnlich niedrig gefüllt gewesen, zum Beispiel die des russischen Konzerns Gazprom in Deutschland.

Beim Gipfel Ende der Woche wollen die 27 Staats- und Regierungschefs auch geloben, künftig Gas gemeinsam zu ordern. Im Entwurf der Schlussfolgerungen für das Treffen heißt es, Kommission und EU-Regierungen sollten "mit Dringlichkeit beim gemeinsamen Kauf von Erdgas, Flüssigerdgas und Wasserstoff zusammenarbeiten". Bereits im Dezember hat die Kommission Vorschläge gemacht, um solche Gemeinschaftsbestellungen zu vereinfachen. Der Entwurf der Schlussfolgerungen geht zudem auf die Folgen der hohen Energiepreise für Verbraucher ein. Wollen Regierungen die Bürger entlasten, können sie sich das Geld dafür demnach von den Energiekonzernen holen: Deren Extra-Gewinne, die sie dank der hohen Preise erzielen, "vorübergehend zu besteuern, kann eine nützliche Finanzierungsquelle sein", heißt es.

Energie-Politik: Weiter im Gespräch: Bundeskanzler Olaf Scholz (links) und Finanzminister Christian Lindner wollen die Verbraucher finanziell unterstützen.

Weiter im Gespräch: Bundeskanzler Olaf Scholz (links) und Finanzminister Christian Lindner wollen die Verbraucher finanziell unterstützen.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die koalitionsinternen Verhandlungen um konkrete Entlastungen der Verbraucher in Deutschland angesichts der hohen Energiepreise gingen am Dienstagnachmittag in eine neue Runde. "Wir sind uns als Koalition einig: Weitere Entlastungen werden kommen", versicherte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Er erwarte eine Kombination unterschiedlicher Ideen, "weil die Lebenslagen in unserem Land eben auch sehr unterschiedlich sind".

Die SPD-Seite warb nach SZ-Informationen in den Gesprächen für ihr Modell eines Mobilitätsgeldes, das Arbeitsminister Hubertus Heil lanciert hatte. Dieses sieht vor, dass Beschäftigte je nach Einkommen einen monatlichen Zuschuss zum Lohn erhalten sollen. Dieser Zuschuss soll zwischen 50 und 20 Euro betragen, alle Beschäftigten bis zu einem Bruttoeinkommen von 4000 Euro sollen davon ein halbes Jahr lang profitieren. Geringverdiener mehr, Normalverdiener weniger, Gutverdiener ab 4000 Euro gar nicht. Selbständige sollen mit einem Pauschalbetrag unterstützt werden, der später über die Steuer dem Zuschuss der Beschäftigten angepasst würde. Das ginge schnell und unterstütze diejenigen mit kleinem Geldbeutel stärker als die Gutverdiener, so die Argumentation der SPD-Seite.

Unklar war am Dienstag zunächst, wie weitere Bevölkerungsgruppen, etwa Rentner, einen Ausgleich erhalten sollten. Dabei geht es darum, dass Rentner trotz gleicher Rentenzahlungen finanziell unterschiedlich ausgestattet sind. Deshalb wäre ein Stufenmodell nicht zwingend auf alle Ruheständler zu übertragen. Viele Rentnerinnen und Rentner haben neben ihrer staatlichen Unterstützung weitere Einnahmequellen, etwa Mieteinnahmen oder Betriebsrenten. Hier müsse man sehr zielgenau arbeiten, hieß es.

Im Gespräch ist außerdem ein von den Grünen gefordertes Energiegeld, das direkt ausgezahlt würde. Zugleich hält Lindner an einer Entlastung für Autofahrer fest, die er mit einem Tank-Zuschuss ermöglichen will. Dieser Vorschlag stößt bisher bei SPD und Grünen auf wenig Gegenliebe.

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