Laienschauspiel in München:Ab auf die Bühne

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Roland (Antoine Pelletier) und Marianne (Hannah Davis) versuchen in der Szene aus "Constellations" mit der Zunge den Ellbogen zu lecken. Denn wer das schafft, wird ewig leben. (Foto: Katrin Fegert)

Laientheater erlebt einen Boom. Auch in München gibt es für Schauspielamateure eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf der Bühne zu stehen. Eine Auswahl besonderer Ensembles.

Von Fiona Rachel Fischer

Entity Theatre

Preisgekröntes Theater mit internationalem Charme zeigt das englischsprachige Entity Theatre. 1999 für Expats gegründet, kommen heute Menschen aller Nationalitäten zum Theaterspielen zusammen. Makrand Mujumdar, der Regisseur der aktuellen Inszenierung "Constellations", ist 2015, kurz nach seinem Umzug nach Deutschland, dem Theater beigetreten: "Entity hat mir das Gefühl gegeben, irgendwo dazuzugehören." Entity veranstaltet Workshops und inszeniert Theaterstücke für das Frühjahr und den Herbst. Im Sommer spielt die Gruppe Shakespearestücke im Theatron des Westparks. Um hier mitzumachen, muss man allerdings kein Vereinsmitglied werden. Über eine Mailingliste wird für die Teilnahme an den Projekten geworben, und wer Interesse hat, meldet sich an. Für die Rollenverteilung gibt es wie bei den Profis einen Casting-Prozess. Ein bestimmtes Sprachniveau muss man nicht nachweisen. Aber man solle eine klare Aussprache haben, wenn man spielen wolle, so Mujumdar. Etwa drei bis vier Monate vor Aufführung beginnt die Organisation, geprobt wird zweimal pro Woche. Mit ihren Inszenierungen hat Entity diverse Preise beim Festival of European Anglophone Theatrical Societies gewonnen. Am 12. Mai hat Constellations Premiere im Pepper Theater und stellt die Frage "Was wäre gewesen, wenn?". Eine gute Gelegenheit, in das Entity-Gefühl hineinzuschnuppern.

Heiglhoftheater

Florian Paulus (re.) als Herr Blaha und Andreas Müller, gleichzeitig der Regisseur des Stücks, in der Rolle des General Prager in "Krieg im dritten Stock", einer Satire über den Krieg von Pavel Kohout. (Foto: Florian Paulus)

Vom Studentenwohnheim auf Münchens Kleinkunstbühnen. Was im Jahr 1995 noch ein einmaliges Projekt von theaterbegeisterten Studierenden des Studentenwohnheims in der Heiglhofstraße war, ist heute ein Amateurensemble, das auf 40 Theaterprojekte mit mehr als 180 Beteiligten zurückblicken kann. Üblicherweise gibt es im Frühjahr und im Herbst eine Produktion, die in der Pasinger Fabrik und im Einstein Kultur präsentiert werden. Die Bandbreite ist groß: Tragödien, Boulevardkomödien, Klassiker, Zeitgenössisches, Selbstgeschriebenes. "Wir sind neugierig auf Theater in allen Formen", sagt der Spielälteste des Heiglhoftheaters, der sich nur mit seinem Künstlernamen "Zimmi" ansprechen lässt. Seit 1998 ist er dabei.

Neue Mitglieder nimmt das Amateurensemble gerne auf, egal wie erfahren sie sind. "Wer Lust hat, sich am Theater zu engagieren, ob auf, hinter oder neben der Bühne, ist willkommen. "Wir finden Platz wirklich für jede und jeden", sagt der aktuelle Hausregisseur Andreas Müller. Eine Nachricht über das Kontaktformular der Website reiche. Die Mitglieder bestimmen demokratisch, welches Stück gespielt wird. Der Vorschlagende übernimmt die Regie und ist damit zeitweise Organisator der Gruppe. Geprobt wird zweimal die Woche. Wer die Gruppe kennenlernen möchte, kann sich die aktuelle Inszenierung "Krieg im dritten Stock" ansehen, die vom 12. bis 14. Mai in der Pasinger Fabrik gespielt wird. Die Komödie habe Müller auf die aktuelle Situation hin abgeändert. Teile der Einnahmen werden übrigens an die Ukrainehilfe gespendet.

Das Südspiel

Matthias Obermeier in der Rolle des Offiziers, der in "Ein Traumspiel" verzweifelt und vergeblich auf seine Angebetete Victoria wartet. (Foto: Christina Schwanzer)

Wer unter professioneller Leitung Amateurtheater spielen möchte, ist beim Südspiel an der richtigen Adresse. Hier inszeniert der Berliner Schauspieler und Regisseur Martin Decker. Das Südspiel ist im Herbst 2019 aus einigen kleinerer Vereinen im Münchner Süden entstanden. Derzeit gibt es 18 aktive Mitglieder, die auf verschiedenen Bühnen, allen voran dem Feierwerk, stehen. Das Motto lautet "Wir machen alles, nur kein Bauerntheater". Zudem haben sie den Anspruch, in ihre Inszenierungen aktuelle Themen wie die Corona-Krise oder den Ukraine-Krieg mit aufzunehmen. "Wir bemühen uns, diesen Spagat zwischen Unterhaltung und Anspruch zu nehmen", so Decker. Wer mitmachen möchte, kann eine E-Mail schreiben und in eine Probe hineinschnuppern. Die findet normalerweise einmal die Woche statt. Decker beginnt mit Aufwärmtraining, in denen körperliche und stimmliche Übungen auf das Spielen einstimmen. Auch gesungen wird dabei: "Es hilft einfach für die ganze Stimme und die Präsenz, wenn man mal dasteht und gesungen hat", findet Decker, der selbst aus dem Musicalbereich kommt. Immer wieder lädt er gelernte Schauspieler zu Proben ein. "Diese Kombination, gelegentlich Profis mit reinzunehmen, macht es nochmal lebendiger, und da merkt man auch, dass unser Abstand gar nicht so groß ist." Wer sich selbst davon überzeugen möchte, kann sich vom 13. bis 15. Mai die aktuelle Inszenierung "Ein Traumspiel", im Haus für Weiterbildung in Neubiberg ansehen.

Theaterensemble Tgsm

Der Frosch hat die goldene Kugel aus dem Brunnen geholt, nun will er was dafür: "Der Froschkönig" mit Lothar Bruns, Bruno Gouat und Anja Kleine-Kleffmann (v.li.). (Foto: Marc Kleine-Kleffmann)

Tgsm, das steht sowohl für Theatergruppe Siemens München als auch für Theatergruppe Süd-München. Zwei verschiedene Vereine, aber ein Kooperationsvertrag und ein Ensemble. Gemeinsam haben sie in 64 Jahren bereits 180 Stücke gespielt. Jährlich erarbeitet das Ensemble zwei Bühnenproduktionen. Die Genres sind vielfältig und es gibt nur ein Ausschlusskriterium: "Wir spielen kein Mundarttheater", sagt Lothar Bruns, Vorsitzender der Theatergruppe Siemens München. Hinzu kommen Kinderstücke, etwa für die Adventszeit und Impro-Theater. Mit ihren Auftritten ist das Tgsm auf vielen Münchner Bühnen unterwegs. Seit dem Lockdown 2020 streamen sie ihre Stücke auch. Eine solche digitale Inszenierung von Szenen aus Goethes Faust hat 2022 den Amarena-Preis des Bundes Deutscher Amateurtheater gewonnen. Normalerweise probt das Ensemble an zwei bis drei Abenden pro Woche. Wer sich an dieser Theatervielfalt beteiligen möchte, kann sich über ein Kontaktformular auf der Website melden, oder auch die aktuelle Inszenierung Pastorale oder Die Zeit für Kakao besuchen, die an mehreren Wochenenden im Mai und Juli in der Grundschule Neubiberg, der Kultur-Etage, der Pasinger Fabrik und dem Pepper aufgeführt wird.

s' Moosacher Brett'l

Gendarm Häflinger erwischt die beiden Räuber, die sich als neuer Dorfpfarrer und seine Pfarrköchin ausgeben, beim Einbruch in die Sakristei (Christian Lauß, Christiane Hanak, Andreas Baumer, v.li.): Szene aus dem Stück "Da Rauberpfaff". (Foto: Steve Böhme/Moosacher Brett'l)

Die Pflege der bayerischen Sprache hat sich s'Moosacher Brett'l zur Aufgabe gemacht. Seit der Vereinsgründung 1982 inszeniert die Truppe verschiedene Mundart-Stücke und schreibt Boulevardstücke auf bayerische Kultur und Standorte um. Doch von den 65 Mitgliedern können nicht alle Bairisch. Das kommt den Stücken eher zugute, in denen oft verschiedene Dialekte aufeinandertreffen. "Spielfreude mitbringen", das ist alles, was sich der Erste Vorstand Susi Thullner von den Neuzugängen wünscht. Neugierige können sich per E-Mail melden und werden dann zum nächsten Stammtisch für ein Kennenlernen eingeladen. Neben Vorbereitungstreffen finden über das Jahr verteilt immer wieder Events für die Vereinsmitglieder statt, beispielsweise gemeinsame Wirtshaus- und Biergartenbesuche. Proben für die zwei jährlichen Produktionen im März und November finden etwa acht bis zehn Wochen vor der Premiere statt. In diesem Zeitraum wird dreimal die Woche im Hacklhaus am Moosacher St.-Martins-Platz geprobt. Intensive Vorbereitung fließt in die authentischen Kostüme für Stücke mit historischem Kontext. "Da wird sehr viel Detailgetreue verlangt", so Thullner. Aktuell ist ein neues Stück in Planung. Für das vierzigjährige Bestehen soll es laut Thullner ein ganz besonderes Theaterzuckerl geben.

Progetto Quindici

Rocco (Walter Tagliabue, sitzend) erfährt, dass seine Frau gestorben ist: Szene aus "Dolore sotto chiave" (Schmerz unter Verschluss) des "Progetto Quindici". (Foto: Mathias Falco)

Bella Italia auf der Bühne: Liebhaber der italienischen Sprache sind beim Progetto Quindici richtig. Seit 2015 - daher der Name "Projekt Fünfzehn" - bringt das Ensemble Theaterstücke auf Italienisch auf die Bühne. "Es gibt keine Eingangsprüfung auf Italienisch, man muss aber die italienische Sprache gut genug beherrschen, um sich auf eine Münchner Theaterbühne zu trauen", erklärt der Vorstandsvorsitzende Ulrico Peckelsen. Interessierte melden sich am besten per E-Mail. Das Ensemble spielt im Frühling und Herbst in verschiedenen Münchner Theatern, unter anderem im Gasteig. Den nächsten Auftritt gibt es allerdings erst im September.

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