Gasverbrauch:Bundesnetzagentur schlägt Alarm wegen steigenden Gaskonsums

Gasheizung und Warmwasserspeicher, Heizungsraum in einer Privatwohnung, Thema steigende Gaspreise, München, 8. März 2022

Gasheizung und Warmwasserspeicher: Die Bundesnetzagentur ist besorgt.

(Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber)

In der vergangenen Woche lag der Verbrauch sogar über dem der Vorjahre. Was ist da los?

Von Caspar Busse

Der September in Deutschland ist kalt und nass, kälter und nasser als die September der Vorjahre. Vielleicht ist das einer der Gründe für eine durchaus überraschende Entwicklung. Denn obwohl Politik und Verbraucherschützer bei jeder Gelegenheit Bürger und Bürgerinnen eindringlich zum Gassparen aufrufen, fruchten die Appelle offenbar nichts. Der Gasverbrauch von Haushalten und Gewerbe in der vergangenen Woche lag deutlich über dem durchschnittlichen Verbrauch der Vorjahre, teilte jetzt die zuständige Bundesnetzagentur in Bonn mit. "Die Zahlen dieser Woche sind sehr ernüchternd", sagte Klaus Müller, der Präsident der Behörde, und fügte, fast etwas verzweifelt, an: "Ohne erhebliche Einsparungen auch im privaten Bereich wird es schwer, eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden."

Die Bundesnetzagentur schlägt Alarm: In der vergangenen Woche habe der Verbrauch um nicht weniger als 14,5 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 gelegen. Die Behörde geht im Moment davon aus, dass zur Vermeidung einer Gasmangellage ein Rückgang des Verbrauchs um mindestens 20 Prozent erforderlich ist. Angesichts der jüngsten Zahlen wäre es bis dahin also noch ein sehr weiter Weg. Der Regulierer will ab sofort wöchentlich Zahlen zum Gasverbrauch in Deutschland veröffentlichen.

Zudem wurde die "Sicherheitsplattform Gas" im Netz freigeschaltet. Dort könnten sich wichtige Akteure am Gasmarkt wie große Verbraucher, Gasversorger, Händler und Netzbetreiber registrieren und ihre Daten angeben. Abgefragt werden etwa aktuelle und geplante Gasverbräuche. Derzeit gilt in Deutschland die Alarmstufe zwei von insgesamt drei Warnstufen des Notfallplans Gas.

Vorbild Industrie: Sie hat die Einsparpläne bereits erreicht

Immerhin: Die Industriekunden haben Müller zufolge ihren Verbrauch im August um 22 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der Vorjahre gesenkt. In der vergangenen Woche habe sich diese Entwicklung fortgesetzt. Die großen Industriekunden benötigen rund 60 Prozent des Gases in Deutschland. Die privaten Haushalte und kleineren Gewerbekunden sind für rund 40 Prozent des Gasverbrauchs verantwortlich. Insbesondere die privaten Verbraucher trugen jedoch bisher wenig zum sinkenden Gasverbrauch bei. Das liege daran, dass Gas hier vorwiegend zum Heizen verwendet wird. Wie viel Gas tatsächlich eingespart wird, wird sich daher erst in der gerade beginnenden Heizperiode zeigen. Und da kommt es insbesondere darauf an, wie kalt der Winter wird. Auch Preisanreize können zum Sparen anhalten, konterkariert würde das aber durch einen Gasdeckel, der die Preise absenkt.

Die Bundesnetzagentur muss im Fall einer Gasmangellage entscheiden, wer dann noch Gas bekommt und wer nicht. Die Industrie und das Gewerbe befürchten schwere Schäden, sollte es dazu kommen und sollten sie abgeklemmt werden. Private Haushalte sollen als Letztes verzichten müssen. Müller betonte, dass die Gasspeicher derzeit bereits gut gefüllt sind. Es gebe aber drei Voraussetzungen, damit Deutschland gut über den Winter kommen kann. Die angestoßenen Projekte zur Erhöhung der Gasimporte müssten umgesetzt werden. Die Gasversorgung in den Nachbarländern müsse stabil bleiben. "Und drittens", so Müller weiter, "muss Gas eingespart werden, auch wenn es zum Winter hin noch kälter wird." Der Behördenchef mahnte: "Da wird es auf jeden Einzelnen ankommen."

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