Korruption:Vizepräsidentin des EU-Parlaments festgenommen

Korruption: Gegen die sozialdemokratische griechische EU-Abgeordnete und Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili wird wegen Korruptionsverdacht ermittelt.

Gegen die sozialdemokratische griechische EU-Abgeordnete und Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili wird wegen Korruptionsverdacht ermittelt.

(Foto: Christophe Licoppe/dpa)

Wollte Katar Mitarbeiter des Europäischen Parlaments bestechen? Die belgische Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen gegen einen "Golfstaat", Hausdurchsuchungen sowie die Festnahme von fünf Verdächtigen - darunter auch die Griechin Eva Kaili, Vizepräsidentin des Parlaments.

Von Josef Kelnberger, Brüssel

Es ist bekannt, dass das Emirat Katar eine intensive Lobbyarbeit in Europa betreibt und dass Brüssel als Sitz der EU-Institutionen und der Nato ein Hort des Lobbyismus ist. Nun allerdings hat die belgische Staatsanwaltschaft angeblich den Verdacht, dass das Ausrichterland der aktuellen Fußball-Weltmeisterschaft auf kriminelle Art und Weise Einfluss nehmen wollte auf Entscheidungen im Herzen der Europäischen Union - im Europaparlament. Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Freitag Korruptionsermittlungen gegen einen "Golfstaat", aber die belgische Zeitung Le Soir und das belgische Magazin Knack haben eigenen Angaben zufolge aus mehreren Quellen schlüssige Hinweise darauf, dass es sich dabei um Katar handelt.

Die Polizei nahm im Zusammenhang mit den Ermittlungen am Freitag nach eigenen Angaben in Brüssel fünf Personen fest und führte 16 Hausdurchsuchungen durch. Zu den Festgenommenen zählt nach übereinstimmenden Berichten auch eine Vizepräsidentin des Europaparlaments, die Griechin Eva Kaili. Weiter hieß es, sie sei wegen der Ermittlungen bereits aus ihrer Partei ausgeschlossen worden, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok). Kalli war zuletzt in Parlamentsdebatten mit positiven Äußerungen über Katar aufgefallen.

Die anderen vier Festgenommenen sind offenbar italienischer Herkunft. Es handele es sich, berichten Le Soir und Knack, um den ehemaligen sozialdemokratischen Europaparlamentarier Pier-Antonio Panzeri, 67, um einen hochrangigen internationalen Gewerkschaftsfunktionär, um den Direktor einer Nichtregierungsorganisation und einen im Europaparlament tätigen Assistenten. Alle vier seien in Menschenrechtsorganisationen aktiv gewesen, hieß es. Sie sollten am Freitag vernommen werden.

Die Polizei beschlagnahmt Handys, Computer und 600 000 Euro Bargeld

Grundsätzlich richtete sich die Polizeiaktion am Freitag vor allem gegen Mitarbeiter von Abgeordneten, wurde berichtet. Offenbar betreffen die Ermittlungen mit wenigen Ausnahmen Sozialdemokraten. Bei den Durchsuchungen wurden den Angaben zufolge unter anderem 600 000 Euro Bargeld sowie Handys und Computer beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden. Die Staatsanwaltschaft bestätigte in einer Stellungnahme: "Die Bundeskriminalpolizei hat 16 Hausdurchsuchungen (an 14 verschiedenen Adressen) in mehreren Brüsseler Gemeinden durchgeführt. Insbesondere in Ixelles, Schaerbeek, Crainhem, Forest und Brüssel-Stadt. Die Durchsuchungen erfolgten im Rahmen einer breit angelegten Ermittlung wegen mutmaßlicher krimineller Organisation, Korruption und Geldwäsche."

Wie Le Soir berichtet, werden die Ermittlungen in Brüssel seit Juli 2022 unter größter Geheimhaltung geführt, Leiter sei ein Experte für Finanzkriminalität. Den Beschuldigten wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sie hätten politische und wirtschaftliche Entscheidungen beeinflussen wollen durch "die Zahlung erheblicher Geldbeträge oder das Angebot erheblicher Geschenke an Dritte, die eine bedeutende politische und/oder strategische Position im Europäischen Parlament innehaben".

Nach allem, was bekannt ist, ging es nicht zuletzt darum, das Image Katars vor der Fußball-Weltmeisterschaft aufzubessern. Die Enthüllungen über tote Wanderarbeiter und unmenschliche Arbeitsbedingungen in dem Land konterte die katarische Regierung mit dem Hinweis, man habe Mindestlöhne eingeführt und die Rechte von Arbeitnehmern gestärkt. In diesem Zusammenhang wäre die Verbindung mit einem internationalen Gewerkschaftsfunktionär zu sehen, der in Brüssel gute Drähte ins Europaparlament hatte und in öffentlichen Stellungnahmen die Sozialpolitik Katars als "Erfolgsgeschichte" rühmte. Aus dem Europaparlament gab es am Freitag zunächst keine Stellungnahme zu den Ermittlungen. Die sozialdemokratische Fraktion, die besonders von dem Skandal betroffen ist, distanzierte sich von jeglicher Form von Korruption.

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