Südafrika:Die Lichter bleiben aus

Südafrika: Seit Jahren müssen sich die Menschen in Johannesburg und dem Rest Südafrikas damit arrangieren, dass es stundenlang keinen Strom gibt. Und zwar jeden Tag.

Seit Jahren müssen sich die Menschen in Johannesburg und dem Rest Südafrikas damit arrangieren, dass es stundenlang keinen Strom gibt. Und zwar jeden Tag.

(Foto: Marco Longari/AFP)

Von Kapstadt bis Johannesburg fehlt der Strom, bis zu zehn Stunden am Tag. Die Südafrikaner haben das lange gleichmütig hingenommen - jetzt regt sich Protest.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat schon eine gewisse Routine darin, Auslandsreisen abzubrechen, weil zu Hause die Lichter ausgehen. Im September 2019 kehrte er früher als geplant aus Ägypten zurück, weil in Südafrika großflächig und über Wochen der Strom ausfiel. Dasselbe wiederholte sich 2020, als Ramaphosa seine Teilnahme am Weltwirtschaftsgipfel in Davos absagte. Im September stornierte er große Teile seiner Reise in die USA und nach Großbritannien.

In diesem Jahr setzt er die Tradition fort, nicht in Davos zu erscheinen, weil die Bürger am Kap derzeit etwa zehn Stunden am Tag ohne Strom auskommen müssen. Die abgebrochenen Reisen des Präsidenten haben bisher nicht zur erhofften Stabilisierung der Stromversorgung geführt, eher zum Gegenteil.

Die Opposition plant Streiks und Proteste

Im Jahr 2007 begannen die Probleme mit Südafrikas Energieversorgung, der staatliche Monopolist Eskom wurde durch Misswirtschaft und Korruption von einem Vorzeigeunternehmen zum Problemfall. Die alten Kohlekraftwerke fallen ständig aus, die neuen werden nicht fertig. An 200 Tagen fiel im Jahr 2020 der Strom aus, ein neuer Rekord. Jahrelang haben die Südafrikaner die Blackouts mit großer Gleichgültigkeit hingenommen, es gab viel Grummeln, aber keine Demonstrationen. Man ist hier viel gewohnt.

Mittlerweile sind die Stromausfälle aber so dramatisch, dass sich erster Protest regt. Verschiedene Oppositionsparteien haben für die kommenden Wochen zu Streiks und Protesten aufgerufen. John Steenhuisen, der Chef der Democratic Alliance, hat für den 25. Januar zum Marsch auf die Zentrale der Regierungspartei aufgerufen, um gegen die "vom ANC verursachte Krise" zu protestieren.

Der ANC regiert das Land seit 1994, und nach anfänglichen Erfolgen ist Südafrika in den vergangenen Jahren aber zu einer Art Mafia-Staat geworden. Staatsfirmen wurden auch mithilfe internationaler Konzerne zu Selbstbedienungsläden. Die Fluggesellschaft South African Airways musste Insolvenz anmelden, der Bahnverkehr ist fast zum Erliegen gekommen, in den Häfen stauen sich die Containerschiffe.

Kriminelle Netzwerke haben aber kein Unternehmen so systematisch unterwandert wie den Energieriesen Eskom. Etwa sechs Milliarden Euro gibt der Monopolist jährlich für die Beschaffung aus. Und bekommt fast nichts dafür. Der seit drei Jahren amtierende Eskom-Chef André de Ruyter hat immer wieder beschrieben, wie die Verbrechersyndikate den Kraftwerken Steine liefern anstatt Kohle. Sie lassen auch Ersatzteile verschwinden, die Eskom dann teuer zurückkaufen muss. De Ruyter hat versucht, die Kohlelaster per Satellit zu überwachen und für die Ersatzteile ein Barcode-System einzuführen.

Wind- und Solarenergie spielen in Südafrika bisher kaum eine Rolle

Der Dank aus der Politik hielt sich in Grenzen. Energieminister Gwede Mantashe warf dem Eskom-Chef vor, "den Umsturz des Staates" zu betreiben. Wenig später berichtete de Ruyter davon, dass ihn Unbekannte mit Zyanid vergiftet hätten, im März scheidet er aus dem Amt. Die Stromversorgung wird sich dadurch nicht verbessern, eher im Gegenteil. Tausende kleine Betriebe, Restaurants und Handwerker stehen vor dem Aus oder können nur noch eingeschränkt arbeiten. Eskom selbst rechnet damit, dass die Stromausfälle noch bis zu zwei Jahren anhalten werden. Erst dann könnten die neuen Kohlekraftwerke ans Netz gehen.

Kein anderes Land der Welt hat einen so hohen Anteil von Kohle an der Stromgewinnung. Über Jahrzehnte wurde es versäumt, auch die in Südafrika reichlich vorhandene Sonne und den Wind in den Energiemix einzubeziehen. Der ANC verweigerte sich aus ideologischen Gründen, Präsident Ramaphosa hatte einst die größte Kohlekumpelgewerkschaft mitgegründet. Bei Wind und Sonne lässt sich außerdem nicht so viel stehlen.

Weil viele im Land nun genug haben und demonstrieren wollen, sucht der ANC hektisch nach Lösungen. Ramaphosa berief am Sonntag ein virtuelles Treffen mit den großen Oppositionsparteien ein - viele konnten aber nicht teilnehmen, weil der Strom ausfiel.

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