Zum Tod von Hansi Schmidt:Der Handballer, der Gummersbach zur Weltmarke machte

Zum Tod von Hansi Schmidt: Hansi Schmidt 1975 nach erfolgreicher Titelverteidigung mit dem VfL Gummersbach mit dem Meisterschaftswimpel.

Hansi Schmidt 1975 nach erfolgreicher Titelverteidigung mit dem VfL Gummersbach mit dem Meisterschaftswimpel.

(Foto: Hemann/dpa)

Fünfmal in Serie Bundesliga-Torschützenkönig, mit links und rechts gefährlich und Erfinder des verzögerten Sprungwurfs: Ein Nachruf auf Hansi Schmidt, der den deutschen Hallenhandball der 60er- und 70er-Jahre prägte wie kaum ein anderer Spieler.

Von Ralf Tögel

Für Hans-Günther Schmidt, den die deutsche Handballnation als "Hansi" für sich vereinnahmte, wurden viele Namen gefunden: "Tormaschine", "Vollstrecker", "Rückraum-Bomber", "Torschütze vom Dienst" oder "bester Halblinker der Welt". Und keine dieser Bezeichnungen darf als übertrieben gelten, denn kaum ein Spieler hat den Hallenhandball in Deutschland so geprägt, wie der im rumänischen Marienfeld geborene Hans-Günther Schmidt. In den 60er und 70er Jahren war Schmidt der alles überragende Spieler auf der Königsposition im linken Rückraum. Lediglich Erhard Wunderlich erreichte ähnlichen Legenden-Status auf seiner Position wie Schmidt, der 2012 verstorbene Augsburger übernahm beinahe folgerichtig das Erbe von Schmidt beim VfL Gummersbach.

Den Weltruhm der Oberbergischen hatte Schmidt schon vorher maßgeblich begründet, einen weitgehend unbekannten Provinzverein zu sieben deutschen Meistertiteln geführt sowie zu vier Triumphen im Europapokal der Landesmeister - heute bekannt als Champions League - und damit Gummersbach zu einer weltbekannten Marke im Handballsport gemacht. Bei diesen Erfolgen auf höchster internationaler Ebene, unter anderem gegen seinen Heimatverein Steaua Bukarest, erzielte er sagenhafte 338 Tore in 53 Spielen, Schmidt bestritt zudem 98 Länderspiele für Deutschland, in denen er mit 484 Toren - natürlich - bester Schütze war.

Diese Werte sind aus heutiger Sicht umso höher einzuschätzen, denn seinerzeit fielen weitaus weniger Treffer in einem Handballspiel: 1970 etwa gewann Gummersbach den Landesmeister-Pokal mit einem 14:11 gegen den damaligen DDR-Meister SC Dynamo Berlin - neun Tore gingen auf das Konto von Schmidt. Der Rechtshänder war Der Rechtshänder war von 1967 bis 1971 fünfmal in Serie Bundesliga-Torschützenkönig, erzielte in der deutschen Beletage in 173 Spielen mehr als 1000 Tore.

Aber nicht nur seine außerordentliche Torgefährlichkeit erhob das 1,96 Meter große Kraftpaket über die Konkurrenz, Schmidt war in der Lage, mit rechts und links Tore zu erzielen. Das machte ihn für Torhüter besonders schwer ausrechenbar. Eine aus heutiger Sicht schier unglaubliche Fähigkeit, die einer Verletzung geschuldet war. Im Kampf gegen zwei Abwehrspieler hatte sich Schmidt die rechte Schulter ausgekugelt und während einer mehrmonatigen Pause den linken Arm geschult. Außerdem verfeinerte er seine Wurftechnik und gilt seither als Erfinder des verzögerten Sprungwurfs, wobei ihm seine enorme Sprungkraft zupass kam. Seine Bundesliga-Bestmarke in einem Spiel steht bei 16 Toren, von denen der Rechtshänder vier mit der linken Hand erzielte.

Bei einem Turnier in Deutschland nutzte er mit 21 die Gelegenheit und kehrte nicht in seine Heimat zurück

Schmidt wurde am 24. September 1942 in Marienfeld geboren, wuchs als Banater Schwabe auf, einer deutschsprachigen Minderheit in einem Länderdreieck von Rumänien, dem heutigen Serbien und Ungarn. Seine außerordentlichen Fähigkeiten wurden schnell erkannt. Schmidt, der eigentlich Leichtathlet werden wollte, spielte in der rumänischen Juniorennationalmannschaft und wurde in jungen Jahren mit Steaua Bukarest Meister. Bei einem Turnier mit der Landesauswahl in Deutschland nutzte er im Alter von 21 Jahren die Gelegenheit und kehrte nicht in seine Heimat zurück. Angesichts seiner Fähigkeiten gelang es dem Ausnahmehandballer, schnell in seiner neuen Heimat Fuß zu fassen.

Neben seiner Handball-Kariere war Hans-Günther Schmidt mit großer Leidenschaft Lehrer, denn zu seinen aktiven Zeiten gab es keinen Profisport von heutigem Zuschnitt. Ob seiner großen Dominanz zog Schmidt auch Kritik auf sich, einigen Mitspielern galt er als zu tonangebend, zudem vertrat er stets seine Meinung, die nicht immer bequem war. Er war aber stets gern gesehener Gast in der Gummersbacher Halle, und feierte im vergangenen September seinen 80. Geburtstag. Der frühere Kapitän der Nationalmannschaft ist in der Nacht zu Sonntag nach schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie in Gummersbach gestorben.

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