Wahlrecht:Bundestag wird von 736 auf 630 Sitze verkleinert

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Eigentlich wollen alle Parteien, dass der Bundestag wieder kleiner wird. Doch über den Weg dahin wird erbittert gestritten. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die Ampelkoalition will die Reform bereits in dieser Woche beschließen. Sie will außerdem die Grundmandatsklausel abschaffen, von der die Linke profitiert hat.

Von Robert Roßmann, Berlin

Der Deutsche Bundestag soll kleiner werden. Derzeit gehören ihm 736 Abgeordnete an, nach der nächsten Wahl sollen es nur noch 630 sein. Darauf hat sich die Ampelkoalition auf Ebene ihrer Fraktionschefs verständigt. Die Reform soll bereits am Freitag im Bundestag beschlossen werden. Seit der Bundestagswahl 2002 war das Parlament ständig gewachsen. SPD, Grüne und FDP hatten schon in ihrem Koalitionsvertrag eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags versprochen. Eigentlich wollten sie das Parlament sogar auf 598 Abgeordnete reduzieren. Davon haben sie jetzt aber Abstand genommen.

Die Ampel verschärft dafür an einer anderen Stelle ihren ursprünglichen Plan: Sie will jetzt die sogenannte Grundmandatsklausel abschaffen. Die Klausel sieht vor, dass eine Partei, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, trotzdem entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen darf, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewinnt. Von dieser Klausel hat bei der letzten Wahl die Linke profitiert. Sie kam nur auf 4,9 Prozent der Zweitstimmen, durfte aber trotzdem mit 39 Abgeordneten in den Bundestag einziehen.

Für die jetzt vereinbarte Änderung des Wahlrechts ist keine Zweidrittelmehrheit nötig. Die Ampelkoalition kann sie deshalb auch ohne Zustimmung der Unionsfraktion oder anderer Oppositionsabgeordneter beschließen.

Vorbehalte in der FDP

Dass das Parlament jetzt statt auf 598 nur auf 630 Sitze verkleinert werden soll, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen hatte es auch in den Koalitionsfraktionen - und hier vor allem bei der FDP - noch Vorbehalte gegeben. Eine Verkleinerung des Bundestags bedeutet ja auch eine Verkleinerung der Wiederwahlchance für die Abgeordneten. Da die FDP in den Umfragen derzeit deutlich unter ihrem Bundestagswahlergebnis liegt, sind dort die Sorgen besonders groß. Zum anderen will die Ampelkoalition die Wahrscheinlichkeit senken, dass ein Wahlkreis nicht im Bundestag vertreten sein wird.

Dass der Bundestag immer größer wurde, lag an den Überhangmandaten. Diese entstehen immer dann, wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze im Bundestag zustehen. Damit sich die Mehrheitsverhältnisse durch die Überhangmandate nicht verändern, erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate.

Die Ampelkoalition plant nun einen radikalen Schnitt: Es soll künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben. Das bedeutet aber auch, dass nicht mehr automatisch jeder Wahlkreissieger einen Sitz im Bundestag bekommen wird. Ein Beispiel: Wenn die CSU in Bayern alle 46 Direktmandate gewinnen würde, nach ihrem Zweitstimmenergebnis aber lediglich Anspruch auf 41 Sitze im Bundestag hätte, würden die fünf Wahlkreissieger mit dem niedrigsten Erststimmenergebnis kein Mandat bekommen. Wenn es bei weiterhin 299 Bundestagswahlkreisen insgesamt 630 statt 598 Abgeordnete gibt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Wahlkreissieger keinen Anspruch auf einen Sitz im Bundestag hat.

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