Naturschutz:Die hausgemachte Dürre

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Auch in Bayern wird es immer trockener. Der Sylvensteinspeicher und andere Seen führen immer öfter extrem wenig Wasser. (Foto: Manfred Neubauer)

Die immer häufigeren Trockenperioden in Bayern werden für gewöhnlich auf den Klimawandel zurückgeführt. Doch Experten weisen im Landtag nachdrücklich auf einen weiteren Grund hin - und der ließe sich mildern.

Von Christian Sebald

Jetzt ist es amtlich: Der zurückliegende Winter ist auch in Bayern "zu trocken, zu warm und schneearm ausgefallen". So kann man es im aktuellen Niedrigwasser-Lagebericht des Landesamts für Umwelt von Anfang März nachlesen. Damit steuert der Freistaat auf ein weiteres Trockenjahr zu. Das zeigt der Blick auf die Grundwasserstände in Bayern. 61 Prozent der oberflächennahen Messstellen wiesen Anfang März niedrige oder sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken waren es sogar 71 Prozent. Seither hat sich die Lage nur unwesentlich gebessert. Dabei sollten die Grundwasserspeicher zu Frühjahrsbeginn eigentlich gut gefüllt sein.

Die immer häufigeren Trockenperioden hierzulande werden für gewöhnlich mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht. Denn mit dem allgemeinen Temperaturanstieg bleiben immer öfter die gewohnten Niederschläge aus. In Unterfranken etwa, wo seit Menschengedenken sehr viel weniger Niederschläge fallen als in Oberbayern und im Allgäu, gibt es inzwischen "Gegenden, wo es genauso wenig regnet wie im Bergland von Jordanien und Israel". So beschwört es Umweltminister Thorsten Glauber (FW) immer wieder. "Wenn wir nichts gegen den Klimawandel unternehmen, steigt die Durchschnittstemperatur bei uns bis Ende des Jahrhunderts um bis zu 4,8 Grad an."

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Die weltweite Klimaerwärmung und die ausbleibenden Niederschläge sind aber nur der eine Grund für die zunehmende Trockenheit auch in Bayern. Der andere ist hausgemacht. Es ist die tiefgreifende Umgestaltung der vormaligen Naturlandschaften in moderne Kulturlandschaften - durch die moderne Landwirtschaft genauso wie durch den Bau von immer mehr Siedlungen, Gewerbe- und Industriekomplexen und Verkehrswegen, aber auch durch die Begradigung und Kanalisierung der allermeisten Flüsse und Bäche.

Das haben jetzt Professor Karl Auerswald, der an der School of Life Science der TU München den Lehrstuhl für Grünlandlehre innehat, und andere Experten in der Anhörung "Zukunft der Wasserwirtschaft in Zeiten der Klimaerhitzung" vor dem Umweltausschuss des Landtags eindringlich erklärt. Der zentrale Satz von Auerswald: "Ein wesentlicher Anteil der Trockenheit ist regional und lokal bedingt und nicht auf den globalen CO₂-getriebenen Klimawandel zurückzuführen."

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Seit Jahren nehmen die sommerlichen Niederschläge in einigen Regionen drastisch ab. Die Staatsregierung will mit dem Bau neuer Leitungen quer durch den Freistaat eine Trinkwasserknappheit verhindern.

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Als plastisches Beispiel nannte Auerswald die Entwässerungsgräben entlang der Straßen in Bayern. "Zusammengenommen sind sie sechsmal so lang wie alle Flüsse und Bäche hier bei uns in Bayern", sagte Auerswald. "Sie sind ein Grund dafür, dass die Niederschläge schnell abfließen und nicht die Zeit haben zu versickern." Damit fallen sie aber für die Neubildung von Grundwasser aus. Ein anderes Beispiel sind die schweren Maschinen und Traktoren, mit denen die Bauern heutzutage ihre Äcker bewirtschaften. Durch sie werden die Böden stark verdichtet. Die Folge: Sie können zu wenig Wasser aufnehmen, speichern und an das Grundwasser abgeben. Auch die immer größeren Schläge und die ausgeräumten Flure sorgen dafür, dass die Niederschläge, wenn sie denn fallen, schnell abfließen. Diese Effekte sind keine Kleinigkeit. Schließlich sind 46 Prozent der Landesfläche Bayerns Agrarland.

Neue Hecken wären sinnvoll

Naturschützer wie die Biologin Christine Margraf vom Bund Naturschutz (BN) kämpfen schon seit vielen Jahren gegen die Entwässerung der Landschaften an. Aus ihrer Sicht - darin sind sie sich mit Experten wie Auerswald einig - geht es dabei ja nicht nur um die zunehmende Trockenheit und Dürre hierzulande. Sondern auch um den Schutz vor Hochwasser und lokalen Sturzfluten, wenn es dann doch einmal richtig heftig regnet. Denn die Niederschläge, die sich beispielsweise auf Wiesen, in Mulden oder entlang von Bächen und Flüssen aufstauen und zumindest zum Teil im Boden versickern, können nicht das Dorf oder die Straße nebenan überschwemmen. "Deshalb müssen wir nun alle Möglichkeiten ergreifen, Wasser in der Landschaft zu halten", sagt Margraf, die ebenfalls als Expertin bei der Anhörung auftrat. "Unsere Böden spielen dabei die zentrale Rolle."

Die Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, sind bekannt. Die Bauern sollten mehr darauf achten, dass ihre Äcker viel Wasser speichern können, und beispielsweise auf den Einsatz immer schwerer Maschinen verzichten. Aber auch neue Hecken, Säume und Feldraine an den Äckern wären sehr sinnvoll, denn sie verringern das Abflusstempo von Niederschlägen. Außerdem sollten Flüsse und Bäche wieder mehr Platz bekommen, indem man Dämme und Deiche zurückverlegt. Die Renaturierung von Mooren, Aulandschaften und anderen Feuchtgebieten liefert ebenfalls einen wichtigen Beitrag für die Sicherung der Grundwasservorräte und den Hochwasserschutz. Und natürlich sollte der immense Flächenverbrauch für den Bau neuer Straßen, Siedlungen, Gewerbe- und Industriekomplexe, aber auch Verkehrswege eingedämmt werden.

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