Wärmewende:Koalition will Heizungen bundesweit erfassen

Lesezeit: 3 min

Eine Bestandsaufnahme soll Daten liefern, wie die Häuser in Deutschland heute geheizt werden. Auf deren Basis sollen Länder und Kommunen die Wärmewende planen. (Foto: Wolfgang Maria Weber/Imago)

Die kommunale Wärmeplanung gilt als Herzstück der Heizwende. Nun will der Bund Städte und Gemeinden dazu verpflichten, flächendeckend Daten einsammeln - für jedes einzelne Gebäude. Einige Bundesländer sind schon vorgeprescht.

Von Laurenz Gehrke, Thomas Hummel und Angelika Slavik, Berlin/München

Die Kommunen sollen künftig Heizungsdaten über jedes Gebäude in Deutschland erfassen. Das geht aus einem Gesetzesentwurf vor, den das Bundesbauministerium von Ressortchefin Klara Geywitz (SPD) gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) erarbeitet hat. Demnach sollen die Daten als Basis für eine Wärmeplanung der Länder dienen: Sie sollen genaue Pläne vorlegen, wie die Wärmewende in den kommenden Jahren umgesetzt werden kann.

Konkret sollen diese Wärmepläne für Großstädte bis Ende 2026 vorliegen, kleinere Städte sollen zwei Jahre länger Zeit haben. Die Verantwortung dafür liegt bei den Bundesländern, die diese Aufgabe allerdings direkt an die Kommunen übertragen können. In den Plänen soll es Angaben dazu geben, wie in Gebäuden oder Unternehmen bisher geheizt und wie viel Energie verbraucht wird. Mit dem Gesetz soll auch das Ziel festgeschrieben werden, bis 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Die Ampelkoalition betrachtet die Wärmewende als zentralen Baustein, um Deutschland bis 2045 vollständig klimaneutral zu machen.

Der Städtetag, aber auch einige Energieverbände fordern, dass das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung in etwa gleichzeitig mit dem zuletzt heftig umstrittenen Gebäudeenergiegesetz kommt, für das ebenfalls das Duo Habeck/Geywitz verantwortlich zeichnet. Die beiden Gesetzesvorhaben "bedingen einander und müssen miteinander verheiratet werden", erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bereits Anfang April. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert die gesetzliche Verzahnung der beiden Projekte. Und Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Münster, sagte: "Die kommunale Wärmeplanung ist ein wichtiges Instrument." Denn in der Wärmewende gebe es aktuell viele Fragen zu beantworten. Welche Häuser könnten vielleicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden und wann? Stehen Geothermie, Biogas oder Wasserstoff für die Wärmeversorgung zur Verfügung? "Deshalb ist es sehr wichtig, dass Städte die künftige Wärmeversorgung strategisch angehen können", sagte Lewe und forderte eine schnelle Gesetzgebung.

Die Wärmewende in Deutschland ist ein gigantisches Projekt, denn heute werden etwa 75 Prozent der Haushalte mit Öl und Gas beheizt

Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg seine 104 Großen Kreisstädte und Stadtkreise dazu verpflichtet, bis Ende des Jahres eine Wärmeplanung zu erstellen. Einige Kommunen haben ihre Konzepte bereits fertiggestellt. Auch Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben Gesetze dazu verabschiedet, dort haben die Städte noch etwas mehr Zeit. In Nordrhein-Westfalen plant die schwarz-grüne Landesregierung ein Gesetz zur Wärmeplanung. Doch nun soll ohnehin eine bundesweite Pflicht kommen.

Für die Kommunen bedeutet das, zunächst Daten zu erfassen, welche Häuser auf ihrem Grund wie geheizt werden. Die Daten werden dabei nicht direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern erhoben, sondern bei den Betreibern der Energieinfrastrukturen, denen diese Daten ohnehin vorliegen. Zudem sollen bereits bestehende Register und Datenbanken genutzt werden - insgesamt werde ausschließlich auf bereits vorhandene Daten zurückgegriffen, heißt es aus dem Bundesbauministerium.

Die Wärmewende in Deutschland ist ein gigantisches Projekt, denn heute werden etwa 75 Prozent der Haushalte mit Öl und Gas beheizt. Etwa ein Achtel ist an ein Fernwärmenetz angeschlossen, doch auch dort werden häufig zu großen Teilen fossile Brennstoffe verfeuert. Gerade in städtischen Gebieten werden Wärmenetze eine entscheidende Rolle spielen, die vielerorts von den örtlichen Stadtwerken betrieben werden. Im Entwurf heißt es: "Der Ausbau der Fernwärme und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sind für eine Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes von herausragender Bedeutung."

Laut des Entwurfs sollen die Wärmenetze von 2030 an mindestens zu 50 Prozent aus erneuerbaren Energien oder Abwärme von Industrieanlagen gespeist werden. Das dürfte einige Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen. Wer ein neues Wärmenetz baut, muss es sogleich zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betreiben. Der Gesetzesentwurf befindet sich aktuell in er Ressortabstimmung. Am 28. Juni soll er vom Kabinett beschlossen werden und nach der Sommerpause in den Bundestag kommen.

Die Wärmewende und der dafür notwendige Gesetzgebungsprozess waren am Mittwochnachmittag auch Thema während einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Unionsfraktionsvize Jens Spahn kritisierte die Ampelkoalition scharf für ihren internen Streit über den Entwurf für das geplante Gebäudeenergiegesetz. "Das ist machtvergessen, das ist selbstbezogen, das ist unwürdig", sagte er. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Audretsch, teilte gegen die FDP aus und warf ihr Wortbruch vor, weil ihre Blockadehaltung eine Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag vor der Sommerpause gefährde.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusHubert Aiwanger bei "Maischberger"
:Ob es da zielführend ist, in Bayern nachzufragen?

Bei Sandra Maischberger geht es um das geplante Heizungsgesetz. Im Studio: Hubert Aiwanger und die Grüne Katharina Schulze. Also eigentlich alles angerichtet für den Kulturkampf. Doch dann tut die Moderatorin etwas Unerwartetes.

Von Andreas Glas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: