Marian Offmans zweiter Roman:Mitzwa und Mittelalter

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Marian Offmans erster Roman "Mandelbaum" erschien 2022. Sein zweites Werk heißt "Jakov der Municher". (Foto: Stephan Rumpf)

In seinem neuen Buch beschreibt der Beauftragte der Stadt München für den interreligiösen Dialog eine abenteuerliche Reise im 13. Jahrhundert.

Von René Hofmann

Die Liebe rettet Jakov. Weil er die Nacht bei der Christin Maria verbringt, entgeht der junge jüdische Tuchhändler dem Pogrom im Jahr 1285. Als er am nächsten Tag die niedergebrannte Münchner Synagoge besucht, sieht er: "In einigen Holzbalken lodert noch die Glut. Um die Ruine ist es menschenleer und still. Keine Seele verweilt an diesem Ort und ich gehe langsam in die gebrandschatzte Synagoge. Ein fürchterlicher Gestank ist in den Räumen und ich sehe überall angekohlte Leichname. Der Thoraschrein ist vom Feuer zerstört und das angekohlte Pergament der Thorarolle liegt auf dem Boden. Ich denke an meine Familie und mich erfasst Panik."

Die Befürchtungen bestätigen sich: Jakovs gesamte Familie wurde ermordet, auch sein Leben ist bedroht. Um sich zu retten, flieht er aus der Stadt. Spontan bricht er mit Maria Richtung Südtirol auf. Am Stadttor treffen sie auf einen Mönch, der sie auf seinem Ochsenkarren mitnimmt. Es ist die erste von zahlreichen wegweisenden Begegnungen auf dieser Reise, die ihr Leben grundlegend verändern wird, die aber auch davon erzählt, wie wenig grundlegend sich ändern wird, solange hingenommen wird, dass eine Gesellschaft bestimmte Menschen zu Randfiguren abstempelt.

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"Eine Roadstory im Mittelalter" verspricht Marian Offmans zweiter Roman "Jakov der Municher" (nach "Mandelbaum") im Untertitel. Diesem Versprechen wird der Beauftragte der Stadt München für den interreligiösen Dialog gerecht. Und so ungewöhnlich es zunächst wirken mag, Leserinnen und Leser im Jahr 2023 auf die gemächliche Art des Fortkommens im 13. Jahrhundert mitzunehmen - das Wagnis geht auf: Auf den gut 300 Seiten passiert viel. Jede Begegnung von Jakov und Maria birgt Spannung, ihr Schicksal bleibt stets ungewiss.

Offman schmückt wenig aus. Nüchtern geschildert lässt er seine Geschichte ihre vielschichtige Wirkung entfalten. Eine lohnende Reise, zu der es am 28. Juni im Jüdischen Museum eine Lesung mit Offman und Alt-OB Christian Ude (SPD) geben wird.

Lesung von Marian Offman , Mittwoch, 28. Juni, 19 Uhr, Jüdisches Museum, St.- Jakobs-Platz, Eintritt frei, Anmeldung unter Telefon 089 / 2332-9402, juedisches-museum-muenchen.de

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