Deutscher Bauerntag:Gepoltert wird nur leise

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Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, spricht auf dem Deutschen Bauerntag 2023 in Münster. (Foto: Guido Kirchner/dpa)

Bauernpräsident Joachim Rukwied kritisiert beim Bauerntag in Münster geplante Kürzungen im Agrarbereich - aber schont Landwirtschaftsminister Özdemir.

Von Constanze von Bullion

Eine Kampfansage der Landwirtschaft an die Politik war es nicht, eher ein vorsichtiger Schulterschluss mit dem Bundeslandwirtschaftsminister. "Wir sagen ganz unmissverständlich und eindeutig Ja zu einer Landwirtschaft, die noch mehr Umweltschutz, noch mehr Klimaschutz, noch mehr Tierwohl integriert" - mit solchen Worten hat Bauernpräsident Joachim Rukwied am Mittwoch den diesjährigen Bauerntag in Münster eröffnet. Bauern wollten "mehr Tierwohl in die Ställe bringen", setzten sich für Artenvielfalt und mehr Nachhaltigkeit ein. Dem Bekenntnis allerdings folgte sogleich ein Aber. Gelingen könne das alles nur mit klarem, auch finanziellem Rückhalt aus Berlin. Der aber sei derzeit nicht gegeben, "so kann Politik nicht funktionieren".

Mehr Platz für Tiere, weniger Pestizide, Trockenheit auf den Feldern und Verunsicherung angesichts der Wirtschaftskrise, dazu gewandelte Essgewohnheiten der Deutschen und Nachwuchssorgen unter Bauern - das waren nur einige der Themen, die rund 500 Delegierte beim Bauerntag in Münster beschäftigten. Auf die übliche Abrechnung der Landwirtinnen und Landwirte mit der Berliner Politik verzichtete Bauernpräsident Rukwied beim Auftakt des Treffens weitgehend, es blieb bei eher leisem Gepolter.

In Zeiten großer Verunsicherung, auch durch die Folgen des Ukrainekriegs, gelte es, Destabilisierung und Radikalisierung in ländlichen Räumen zu bekämpfen. "Sicherheit, das ist das, was Agrarwirtschaft wirklich braucht", sagte Rukwied. Gemeint war da auch das Finanzielle.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FPD) will angesichts der schwierigen Haushaltslage im Agrarbereich etwa eine halbe Milliarde Euro einsparen. Allein beim Förderprogramm für Küstenschutz und ländliche Räume (GAK) könnten deshalb 300 Millionen Euro entfallen. "Das hätte am Ende ein Ausbluten des ländlichen Raums zur Folge", warnte Rukwied.

Etwas besser als die FDP schnitt in seiner Rede der grüne Bundeslandwirtschaftsminister ab. "Özdemir hat die ersten, wichtigen, wenn auch sehr kleinen Schritte in die richtige Richtung gemacht", so der Bauernpräsident. Gemeint war die Einführung eines Logos für unverarbeitetes Schweinefleisch, das Verbraucherinnen und Verbrauchern zeigen soll, ob die Tiere mehr oder weniger Platz in den Ställen hatten. Bei Landwirten stößt das Vorhaben auf erhebliche Kritik, auch weil die Bundesregierung mit einer Milliarde Euro zur Förderung von Stallumbauten und tierfreundlicherer Schweinehaltung weit hinter den Erwartungen vieler Nutztierhalter geblieben ist.

Die Reform sei noch lange nicht am Ziel, das Tierhaltungslogo müsse ausgebaut werden, sagte Bauernpräsident Rukwied in Münster. Die Kennzeichnung müsse zudem auf Ferkel, Rindfleisch, aber auch auf verarbeitete Fleischprodukte und Kantinenessen ausgeweitet werden. Ein Anfang immerhin sei gemacht. "Die Tür ist geöffnet. Jetzt müssen wir durchgehen."

Scharfe Kritik äußerte Rukwied am "Flächenfraß" durch die Ausweitung von Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen. Solche Flächen seien kostbar, zumal in Regionen, in denen die klimatischen Verhältnisse noch in Ordnung seien. Die Bundesregierung müsse schärfer gegen Verbrauch und Versiegelung von Böden vorgehen. "Bauernland in Bauernhand. Hände weg von unserem Eigentum", sagte Rukwied. Der Bauernverband sage "ja zur Photovoltaik", das schon. "Aber Photovoltaik gehört in erster Linie auf Dächer oder auf Parkplätze."

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