Krieg in Nahost:Scholz bekundet Solidarität mit Israel

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Bundeskanzler Olaf Scholz landet am Dienstagnachmittag auf dem Flughafen Tel Aviv. (Foto: Michael Kappeler/AFP)

Der Kanzler spricht bei seiner Ankunft in Tel Aviv von einem Besuch bei Freunden und fordert humanitäre Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen. Dort schlägt am Abend eine Rakete in ein Krankenhaus ein, viele Menschen werden getötet.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Mit eng abgestimmter Krisendiplomatie bekunden US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz Solidarität mit Israel und Unterstützung für die Selbstverteidigung gegen den fortwährenden Terrorangriff der Hamas. Zugleich versuchen sie, einen Zugang in den Gazastreifen für humanitäre Hilfe zu erreichen und die Gefahr einer Ausweitung des Krieges auf den Nahen Osten einzudämmen. Biden wird an diesem Mittwoch in Israel erwartet, Scholz landete am Dienstagnachmittag in Tel Aviv. Am Abend reiste er nach Ägypten weiter, während sich in Israel die Ereignisse überstürzten.

Nach seinem Treffen mit Premierminister Benjamin Netanjahu hatte Scholz gesagt: "Das ist ein Besuch bei Freunden in schwierigen Zeiten. Die Sicherheit Israels und seiner Bürger ist Staatsräson." Er verurteilte einmal mehr den Angriff der Hamas-Terroristen am 7. Oktober aufs Schärfste. Israel habe das Recht, "sich gegen diesen Terrorismus zu wehren". Er warnte andere Staaten davor, sich in den Konflikt zwischen Israel und der Hamas einzumischen. Die Bundesregierung setze sich mit aller Kraft dafür ein, dass dieser Konflikt nicht eskaliert.

Scholz traf auch Staatspräsident Isaac Herzog, später stand ein Gespräch mit Benny Gantz an; der frühere Premier- und Verteidigungsminister ist Mitglied im dreiköpfigen Kriegskabinett. Zudem sprach der Bundeskanzler mit Angehörigen der von der Hamas nach Gaza verschleppten Geiseln mit deutscher Staatsangehörigkeit.

US-Außenminister Antony Blinken gab Bidens Besuch am Dienstag nach mehrstündigen Gesprächen mit Netanjahu offiziell bekannt. Biden und Scholz hatten am Montagnachmittag miteinander telefoniert und sich abgestimmt, wie das Weiße Haus mitteilte. Blinken sagte weiter, Israels Premier habe zugestimmt, einen Plan zu entwickeln, Hilfsgüter in den Gazastreifen zu liefern. Biden wolle von Israel erfahren, "was es braucht, um sein Volk zu verteidigen", kündigte Blinken an, aber auch, "wie es seine Militäroperation so zu führen beabsichtigt, dass zivile Opfer minimiert werden und es ermöglicht wird, dass humanitäre Hilfe an Zivilisten in Gaza fließt, ohne dass Hamas davon profitiert".

Erdoğan macht Israel für den Angriff auf das Krankenhaus in Gaza verantwortlich

Das war wenige Stunden, bevor am Abend eine Rakete in ein Krankenhaus in Gaza einschlug. Nach Angaben palästinensischer Behörden wurden bei dem israelischen Angriff mehrere Hundert Menschen getötet. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas rief daraufhin eine dreitägige Staatstrauer aus. Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau bezeichnet den Angriff auf das Krankenhaus als "entsetzlich und absolut inakzeptabel". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verurteilte den Beschuss scharf und machte Israel dafür verantwortlich. Israelische Medien berichteten hingegen, nach ersten Erkenntnissen des israelischen Militärs sei eine fehlgeleitete Rakete der in Gaza herrschenden Hamas für die Explosion verantwortlich. Auch Israels Ministerpräsident Netanjahu meldete sich zu Wort: Die ganze Welt solle wissen, dass barbarische Terroristen in Gaza das Krankenhaus angegriffen hätten, nicht das israelische Militär. "Diejenigen, die unsere Kinder brutal ermordet haben, töten auch ihre eigenen Kinder."

Scholz hatte nach einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah am Dienstagmorgen in Berlin ebenfalls zugesichert, sich für Hilfslieferungen in den Gazastreifen einzusetzen. Die notleidende Bevölkerung müsse Wasser, Nahrung und Medikamente erhalten. Scholz sagte, es sei wichtig zu differenzieren: Auch die Bevölkerung im Gazastreifen sei Opfer der Hamas, die die Menschen dort als menschliche Schutzschilde halte. Biden will am Mittwoch zunächst in Amman an einem Gipfeltreffen mit König Abdullah, Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas teilnehmen. Nach dem Angriff auf das Krankenhaus in Gaza war unsicher, ob das Treffen stattfinden würde.

Israel hat es bislang abgelehnt, Einschränkungen seiner militärischen Handlungsfähigkeit im Gazastreifen zu akzeptieren. Hilfsorganisationen fordern aber sichere Korridore und Zonen sowie humanitäre Feuerpausen, um von Ägypten aus über den Übergang Rafah Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen und sie dort auch verteilen zu können. Biden und Scholz wollen zudem erreichen, dass Palästinenser mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit den Gazastreifen verlassen können.

Eine Bodenoffensive sei nicht sicher, sagt ein Armeesprecher

Israel hat in den vergangenen Tagen Zehntausende Soldaten im Süden des Landes zusammengezogen. Ein Sprecher der Streitkräfte, Richard Hecht, sagte am Dienstag, zwar bereite man eine Bodenoffensive vor. Eine Entscheidung darüber sei aber noch nicht getroffen worden. Es gebe auch andere Möglichkeiten. Westliche Diplomaten gehen von der Annahme aus, dass einem Einmarsch wochenlange Gefechte folgen würden. Israel ist sich der Gefahr für seine Soldaten durch Hinterhalte der Hamas ebenso bewusst wie der Folgen für die Zivilbevölkerung.

Zudem hat Iran offen gedroht, die von den Revolutionsgarden gesteuerte schiitische Hisbollah-Miliz in Libanon werde im Falle einer Bodenoffensive in den Krieg eintreten. Biden hat das Regime in Teheran ausdrücklich davor gewarnt und zur Abschreckung zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen ins östliche Mittelmeer beordert. Zudem stationierten die USA zusätzliche Kampfjets in der Region. Auch Scholz hatte am Dienstag in Berlin vor seiner Abreise nach Israel gesagt, er "warne die Hisbollah und Iran ausdrücklich, in den Konflikt einzugreifen".

An Israels Nordgrenze aber kam es zu einem weiteren militärischen Schlagabtausch: Der israelische Grenzort Metulla wurde am Dienstag von Libanon aus mit einer Panzerabwehrrakete beschossen. Zwei Soldaten und ein Zivilist wurden verletzt; die Hisbollah teilte mit, sie habe einen Beobachtungsposten attackiert. Israelische Panzer schossen nach Angaben der Armee zurück. Die Hisbollah meldete daraufhin, einer ihrer Milizionäre sei getötet worden.

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