Gefährlicher Krankheitsüberträger:Tigermücke in Deutschland angekommen

In den Tropen verbreitet die Asiatische Tigermücke gefährliche Krankheiten wie das Dengue-Fieber oder Chikungunya. Seit 1990 ist sie in Italien heimisch. Nun hat sie Deutschland erreicht.

Joachim Budde

Es waren nur fünf winzige schwarze Pünktchen auf einem Holzstreifen, und anfangs war sich Björn Pluskota gar nicht sicher, ob es sich wirklich um das handelte, wonach er drei Jahre lang gesucht hatte.

Tigermücke

Die Tigermücke hat Deutschland erreicht.

(Foto: Foto: CDC)

Das war im September. Jetzt steht fest: Die Asiatische Tigermücke, Aedes albopictus, hat Deutschland erreicht. Es waren tatsächlich ihre Eier, die der Insektenforscher auf einem Autobahnparkplatz bei Rastatt am Oberrhein entdeckt hatte.

Die Tigermücke ist aggressiv, sie attackiert besonders gerne Menschen, und ihre Stiche schmerzen. Wo sie auftaucht, kann sie sich binnen weniger Jahre zur Plage entwickeln.

In ihrer Heimat, den Tropen, verbreiten die Blutsauger gefährliche Krankheiten wie das Dengue-Fieber oder Chikungunya, eine sehr schmerzhafte Virus-Erkrankung. Experten warnen davor, mit der Bekämpfung der Insekten zu zögern.

Nach Deutschland sind die Mücken vermutlich über die Alpen gekommen - als blinde Passagiere mit Reisenden oder mit Frachtgut. Seit etwa 1990 ist die Tigermücke in Italien heimisch und hat sich über den gesamten Norden des Landes ausgebreitet. "Bis nach Rom ist sie inzwischen der größte Plagegeist", sagt Norbert Becker.

Der Zoologe der Universität Heidelberg ist Direktor der "Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage" (Kabs). Den italienischen Behörden wirft Becker vor, viel zu lange abgewartet zu haben: "Jetzt wird man die Tigermücke dort nicht mehr los." Doch auch in Deutschland geschehe zu wenig, kritisiert er: "Experten warnen schon seit Jahren vor diesem Szenario", sagt er. Jetzt seien Bund und Länder gefragt.

An Kälte angepasst

Im Tessin, dem südlichsten Schweizer Kanton, wird die Tigermücke bereits mit gezielten Maßnahmen bekämpft. Eleonora Flacio und ihre Kollegen von der kantonalen Mückenarbeitsgruppe gehen an mittlerweile 72 Orten gegen die weitere Ausbreitung der Insekten vor.

Wo immer die Stechtiere aufgetaucht waren, werfen Flacio und ihre Helfer in jede mögliche Bruthöhle eine Tablette mit einem Protein des Bacillus thuringiensis israelensis und Entwicklungshemmer gegen die Larven. Außerdem besprühen sie die Bäume im Umkreis mit Insektengift, damit auch die ausgewachsenen Tigermücken verschwinden.

"Bis jetzt haben wir die Mücke im Tessin auf diese Weise immer wieder verdrängen können", sagt Flacio. "Gezielte Bekämpfung funktioniert, solange die Population klein ist."

Im Frühjahr werden Björn Pluskota und weitere Kabs-Mitarbeiter erneut die Autobahn 5 überprüfen. Ein Tigermückenweibchen verteilt bis zu 70 Eier auf mehrere Verstecke. Die Eier, die er im September gefunden hatte, überspülte Pluskota in seinem Labor an der Universität Heidelberg mit Wasser.

Normalerweise beginnen sie dann zu reifen. Doch das klappte erst im dritten Anlauf, daraus schließt der Doktorand, dass die Mücke Eier mit Schlupfhemmung gelegt hatte. So verhindern die Insekten, dass ihre Larven mitten im Winter auf die Welt kommen. Außerdem verkraften diese Eier tiefere Temperaturen.

Chikungunya in Italien

Die ursprünglich in den Tropen beheimatete Tigermücke hat sich auf ihrem Zug um die Welt an das Klima in gemäßigten Breiten angepasst. Inzwischen nehmen Experten an, dass sie in Gegenden überwintern kann, in denen die Durchschnittstemperatur im Januar über dem Gefrierpunkt bleibt. Pluskota zufolge sind das in Deutschland der Rhein und die angrenzenden Flusstäler sowie der Kraichgau und der Westen der Norddeutschen Tiefebene.

Aber wie real ist die Gefahr, dass Tigermücken nicht nur schmerzende Stiche verursachen, sondern auch gefährliche tropische Krankheiten übertragen? Im Labor ist es Wissenschaftlern immerhin gelungen, die Mücke mit 20 weiteren Viren zu infizieren, die auch dem Menschen ernsthaft schaden können.

In Norditalien ist im vergangenen Sommer sogar ein Mensch an Chikungunya erkrankt. Aber "selbst wenn sich die Mücke hier festsetzt, die Viren kommen nicht automatisch nach", beruhigt Andreas Krüger, Insektenkundler beim Bundeswehrfachbereich für Tropenmedizin am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut. Sicherer wäre jedoch, es gäbe keine neuen Mücken, die Krankheiten übertragen können.

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