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Fatih al-Danmarki spricht Englisch. Er erzählt über seine Hinwendung zum Islam. Er stottert, grinst, verspricht sich, setzt immer wieder neu an. Zwischendrin wechselt er plötzlich vom Englischen ins Arabische.
Das Video aus dem geheimen Material über den Islamische Staat (IS), das der SZ, dem NDR und dem WDR vorliegt, läuft dem Propagandabild zuwider, das die islamistischen Terroristen von sich selbst verbreiten. Das Band wurde nach einer Razzia bei IS-Kriegsminister Abdel Rahman al-Bilawi gefunden und von der Regierung in Bagdad zur Verfügung gestellt - offenbar sollte es nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken.
Fatih al-Danmarki heißt eigentlich Victor Christensen. Die Geschichte des 21-jährigen Dänen machte in seiner Heimat Schlagzeilen. Mit 14 war er zum Islam konvertiert und gehörte sieben Jahre später zu den 21 jungen Muslimen, die aus einer Moschee in Aarhus ins Kriegsgebiet zogen.
Das Video zeigt ihn offenbar unmittelbar vor seiner Beteiligung an einem Selbstmordanschlag im November 2013 gegen eine Zentrale der irakischen Staatspolizei nördlich von Bagdad. 50 "Ungläubige" kamen nach IS-Zählung ums Leben. Christensen, der sich den Kampfnamen Fatih al-Danmarki selbst gab, trägt eine Uniform des irakischen Inlandsgeheimdienstes, rechts neben ihm steht die schwarze Fahne der Terror-Truppe. Er wirkt verunsichert, vielleicht auch verängstigt.
Solche Aufnahmen von Todeskandidaten will der IS, der die Propaganda im Internet perfektioniert hat, nicht verbreiten. In der virtuellen Welt findet heute die Rekrutierung neuer Kämpfer statt - schon al-Qaida hat viel Wert darauf gelegt, aber der IS hat die Propaganda in den sozialen Netzwerken noch einmal perfektioniert.
Das nichtgekannte Video ist Teil des umfangreichen Geheimmaterials aus al-Bilawis Eigentum, der bei der Razzia erschossen wurde. Auch ansonsten geben die Dokumente in bisher nicht gekannter Weise Einblicke in die innere Organisation des IS, der ein straff organisiertes Staatswesen mit einem ausgeklügelten Sozialsystem aufgebaut hat und offenbar auf Schutzgeld-Erpressung setzt, um Waffenkäufe zu finanzieren. Er betreibt gezielte Personalplanung für den Einsatz von Selbstmordattentätern und bindet Menschen mit finanziellen Zuwendungen an sich, um sie so für seine Ziele zu gewinnen. Zudem findet offenbar zwischen den IS-Provinzen, die sich über weite Teile des Irak und Syriens erstrecken, eine Art Länderfinanzausgleich statt, bei dem reiche Bezirke an ärmere Hilfszahlungen leisten.