Baden-Württemberg:Ermittlungen gegen Polizeimitarbeiter wegen fremdenfeindlicher Attacke

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  • Sechs Männer haben eine Gruppe überwiegend türkischer Gäste eines Eiscafés in Wiesloch angegriffen und rassistische Parolen gerufen.
  • Ein Mitarbeiter der baden-württembergischen Polizei soll an der Attacke beteiligt gewesen sein.
  • Gegen den 30-Jährigen wird ermittelt, er wurde vom Dienst freigestellt.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Ein Angestellter der baden-württembergischen Polizei hat sich in Wiesloch an einer gewalttätigen Attacke auf eine Gruppe überwiegend türkischer Gäste eines Eiscafés beteiligt. Die Polizei Mannheim spricht von einem "politisch motivierten Angriff" von sechs Männern "im Rahmen eines Junggesellenabschieds". Sie sollen fremdenfeindliche Parolen skandiert und mit Stühlen auf ihre Opfer eingeschlagen haben. Dabei wurden fünf Personen leicht bis mittelschwer verletzt. Die abendliche Massenschlägerei ereignete sich bereits am Abend des 8. September, die Behörden machten den Fall aber erst am Dienstag öffentlich.

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermittelt wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Gegen die Rädelsführer im Alter von 23 und 36 Jahren wurden Haftbefehle erlassen, die jedoch gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurden. Der 30-jährige Tarifangestellte der Polizei wurde nach Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums mit sofortiger Wirkung freigestellt und von sämtlichen Aufgaben entbunden.

Pegida-Demo in Dresden
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Er werde außerhalb der Polizei Sachsen "eine andere, adäquate Tätigkeit" übernehmen, teilte die Polizei mit.

Im August hatte ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts Sachsen am Rande einer Pegida-Demonstration in Dresden ein Kamerateam des ZDF beschimpft. Der Mann war als Tarifangestellter im LKA im Dezernat für Wirtschaftskriminalität tätig und hatte Zugriff auf sensible Ermittlungsdaten. Nach dem Vorfall verließ er das LKA; Die Behörden teilten mit, er werde fortan "eine andere, adäquate Tätigkeit außerhalb der Polizei Sachsen wahrnehmen".

Der Fall des baden-württembergischen Polizei-Angestellten wiegt noch schwerer: Ihm wird nicht nur Pöbelei vorgeworfen, sondern eine Straftat. Sollten die Ermittlungen den Verdacht gegen ihn erhärten, droht ihm die Entlassung. Der Inspekteur der baden-württembergischen Polizei, Detlef Werner, betonte, "dass aus einem solchen Verhalten umgehend personelle Konsequenzen gezogen werden müssen." Hierin sei er sich mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) einig, so Werner nach einem Gespräch mit Strobl. "Nirgendwo in den Reihen der Polizei ist Platz für Straftäter oder fremdenfeindliches Gedankengut", sagte Werner. Die Polizei leiste "hervorragende Arbeit". Die Menschen im Land "können und sollen vollstes Vertrauen" in sie haben: "Gerade deshalb darf ein Einzelner nicht die gesamte Organisation diskreditieren."

Am Einsatz waren mehrere Funkstreifen beteiligt, sie nahmen die zum Teil massiv alkoholisierten Männer in unmittelbarer Tatortnähe vorläufig fest. Die Kriminalpolizei Heidelberg richtete eine 20-köpfige Ermittlungsgruppe ein, um das Geschehen zu rekonstruieren. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurden die Wohnungen der Beschuldigten am Montagabend durchsucht. Die Ermittlungen dauern an.

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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