Datenanalyse zur Landtagswahl:Wie Bayern bunt wurde

Die CSU liegt zwar in fast allen Stimmkreisen vorne - aber dahinter gibt es großes Durcheinander. Ein Blick auf die Zweitplatzierten zeigt, wie ein Land die Farbe für sich entdeckt.

Von Christian Endt

Überall ist jetzt diese Bayernkarte zu sehen. Sie zeigt die Sieger der Landtagswahl in den einzelnen Stimmkreisen und - trotz allem, was passiert ist - sieht sie immer noch so aus, wie man das über Jahrzehnte gewohnt ist. Nämlich sehr, sehr schwarz.

In München haben sich zwar fünf grüne Sprenkler eingeschlichen - aber 86 Stimmkreise sind auch dieses Mal mehrheitlich an die CSU gegangen (in Würzburg holten die Grünen zwar das Direktmandat, nicht aber die Mehrheit der Gesamtstimmen).

Manchmal muss man genauer hinschauen. Dieses Bayern, das auf den ersten Blick so fest im Griff der CSU ist, wird dann plötzlich sehr, sehr bunt. Wenn man sich nämlich nicht ansieht, welche Partei in den einzelnen Stimmkreisen gewonnen hat - sondern welche dahinter auf dem zweiten Platz folgt.

In der gewohnten Parteienlandschaft, die über Jahrzehnte nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland vorherrschte, wäre auf eine erstplatzierte CSU fast zwangsläufig die SPD auf Platz zwei gefolgt (in anderen Bundesländern konnte es auch andesrum sein).

Damit ist es vorbei. Die Zweitplatziertenkarte für die bayerische Landtagswahl 2018 zeigt fast alle Töne des politischen Farbspektrums: Grün, orange, rot, blau und schwarz.

Sieger in der Zweitplatzierten-Statistik ist die Partei, die auch insgesamt zur zweitstärksten Kraft im Land aufgestiegen ist: Die Grünen lagen in 55 von 91 und damit in mehr als der Hälfte aller Stimmkreise direkt hinter der CSU. Besonders stark sind die Grünen in Oberbayern, Unter- und Mittelfranken. In Niederbayern kamen sie nirgendwo über den dritten Platz hinaus; in der Oberpfalz gelang ihnen das lediglich in der 150.000-Einwohner-Stadt Regensburg.

Zweiter in der Zweitplatzierten-Statistik sind die Freien Wähler. Ihre Schwerpunkte haben sie quasi überall dort, wo die Grünen schwach sind, also in den ländlich geprägten Gegenden in Niederbayern und der Oberpfalz. Dazu kommen die drei schwäbischen Stimmkreise Kempten/Oberallgäu, Memmingen und Augsburg-Land/Dillingen.

Wo die AfD ihr landesweit stärkstes Ergebnis hatte

Auf je sechs Silbermedaillen kommen SPD und AfD. In den ehemaligen Hochburgen der bayerischen Sozialdemokratie, München und Nürnberg - in beiden Städten stellt die SPD aktuell den Oberbürgermeister - reichte es nirgendwo für einen zweiten Platz. Den holten die Roten nur noch in den zwei oberpfälzischen und vier oberfränkischen Stimmkreisen. Ganz im Nordosten des Freistaats liegt mit Hof auch der einzige Stimmkreis, in dem die SPD noch über zwanzig Prozent hinauskam.

Die sechs Zweitplatzierungen der AfD sind dagegen auf vier Regierungsbezirke verteilt. Ihr landesweit stärkstes Ergebnis erzielten die Rechtspopulisten im Stimmkreis Regen/Freyung-Grafenau an der tschechischen Grenze. Überraschend sind die AfD-Erfolge im wirtschaftsstarken Oberbayern. In Pfaffenhofen an der Ilm beispielsweise, wo mit einer Arbeitslosenquote von 1,4 Prozent Vollbeschäftigung herrscht, entschieden sich 12,9 Prozent der Wähler für die AfD.

Schnell erzählt ist dagegen die Geschichte der CSU: Deren fünf Zweitplatzierungen erreichte sie in den fünf Münchner Stimmkreisen, in denen es nicht für den ersten Platz reichte.

Gerade die CSU dürfte aber die Partei sein, die von Bayerns neuer Buntheit am meisten profitiert. Mit der Alleinherrschaft der Christsozialen ist es zwar vorerst vorbei - aber bisher gelingt es keiner Partei, sich landesweit als zweite starke Kraft zu etablieren. Das wäre aber wohl die Voraussetzung, um zur ernsthaften Gefahr für die CSU zu werden und ihr irgendwann vielleicht sogar das Amt des Ministerpräsidenten streitig zu machen.

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