Schenkung:Fenster in die Vergangenheit

Manfred Graf schenkt seiner Heimatstadt 32 Kunstwerke mit lokalem Flair. Wegen der Lage am Rand des Mooses war Unterschleißheim um 1900 auf dem Schnittpunkt bekannter Malerschulen

Von Klaus Bachhuber, Unterschleißheim

Die Mooslandschaft strahlt ihre ganz eigene Atmosphäre aus. Unglaublich ruhig und in sich gefestigt. Ob das im Vordergrund nun ein paar Menschen sind oder ein Gehölz in der Ebene, man muss schon genau hinsehen, so harmonisch fügt sich hier alles. Irgendwo in dieser Szenerie, wie sie Simon Hohenegger im 19. Jahrhundert gemalt hat, oder nur einen kurzen Spaziergang von der feucht glänzenden Wiese entfernt lägen heute wohl Ausläufer von Unterschleißheim.

Manfred Graf, wiewohl erst 66, hat Szenarien wie diese noch gekannt. Er ist in Unterschleißheim aufgewachsen, auf dem Schattenhof, dem ältesten nachweisbaren Anwesen des einstigen Bauerndorfes am Rande des Mooses. Erst 1968 wurde das Moos grundlegend entwässert und die Basis für das Wachstum der heutigen Stadt gelegt. Die Landschaft, die er in seiner Kindheit lieben gelernt hat, hat er später in ihren vielfältigen Darstellungen als Kunstsammler zusammengetragen. 32 dieser Werke in fünfstelligem Versicherungswert hat er nun der Stadt Unterschleißheim für ihr Stadtmuseum gestiftet.

Eine Ausstellung zur Schenkung Manfred W. Grafs an die Stadt Unterschleißheim am 07.11.2018.

Bürgermeister Christoph Böck sieht in der Schenkung einen Beitrag zur Unterschleißheimer Identitätsfindung und glaubt, dass die geschenkten Bilder "das Herzstück unseres Stadtmuseums werden."

(Foto: Jan A. Staiger)

Über einen "Beitrag zur Unterschleißheimer Identitätsfindung" freute sich Bürgermeister Christoph Böck (SPD) bei der Präsentation der Werke am Dienstag im Edinson-Park. Die Schenkung Graf werde "das Herzstück unseres Stadtmuseums werden", erwartet er, "und ihm überregionale Relevanz verleihen". Die Gemälde, überwiegend aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, verbinden den Heimatbezug in ihrer Motivwahl mit hohem künstlerischen Anspruch, einigen materiellen Wert mit unschätzbarer ideeller Bedeutung. "Sie werden ein Fenster in die Vergangenheit öffnen", sagte Böck, "und einen ganz besonderen Stellenwert für Unterschleißheim und seine Identität einnehmen". Vor einigen Jahren hatte Graf der Stadt bereits elf Radierungen des renommierten US-amerikanischen Künstlers Sion Longley Wenban gestiftet. Dies sei "positiv empfundene Bürgerpflicht in ihrer schönsten Ausprägung", attestierte der Kunsthistoriker Rainer Schuster in seiner Eröffnungsrede dem Engagement Grafs.

Die 32 jetzt gespendeten Werke seien "ein Glücksfall für das Stadtmuseum", betonte Schuster. Er hatte sie katalogisiert und für die formale Annahme in das Stadtvermögen geschätzt, wies aber vor allem darauf hin, dass "der ideelle Wert nicht zu unterschätzen" sei. Künstlerisch gäben sie wieder, dass Unterschleißheim um 1900 im Schnittpunkt mehrere berühmter und wirkmächtiger Malschulen gelegen sei. Die Bilder müssten "das Highlight der Museumskonzeption werden", gab er Kulturamtsleiterin Daniela Benker und dem neuen Museumsleiter Stephan Bachter mit auf den Weg. Sie würden "einen anderen, emotionalen Zugang zu Unterschleißheim eröffnen".

Eine Ausstellung zur Schenkung Manfred W. Grafs an die Stadt Unterschleißheim am 07.11.2018.

Kunstmäzen Manfred Graf ist in Unterschleißheim aufgewachsen, auf dem Schattenhof, dem ältesten nachweisbaren Anwesen des einstigen Bauerndorfes.

(Foto: Jan A. Staiger)

Graf, der mittlerweile in Nordhessen lebt, nannte die Sammlung "einen Lehrpfad durch die Geschichte von Unterschleißheim und seiner Umgebung". Dem früheren Unterschleißheimer Bürgermeister Rolf Zeitler habe er mal ein Ölgemälde vom Berglwald aus dieser Sammlung gezeigt, erzählte Graf, und der habe sofort abgeleitet, dass genau so die ökologischen Ausgleichsflächen der Stadt entwickelt werden sollten. "Vor hundert Jahren gemalt, heute gesehen, in die Zukunft gebaut", bündelte Graf den Geist der Bilder. Sie ermöglichten, dass "wir heute von dieser schönen Zeit zehren können".

Unter den 32 Werken sind Aquarelle, Radierungen, Farbholzschnitte, Zeichnungen und Kupferstiche. Sie umspannen zeitlich ein Feld von Kupferstichen des Hofkupferstechers Michael Wening, der um 1700 das Kurfürstentum Bayern kartografiert hatte, bis zu "Pferden bei der Feldarbeit" von Johann Daniel Holz aus dem Jahr 1924. Weitere Künstler sind etwa Gustav Maier, der "Schwabenmaier", Max Bergmann, Karl Kaltenmoser, Georg Arnold-Graboné oder Max H. Hein-Neufeldt.

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