Schadstoffe:Ohrfeige für Scheuer

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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte eine Neubewertung der Grenzwerte für Stickoxid und Feinstaub gefordert. (Foto: Getty Images)
  • Bundesverkehrsminister Scheuer hatte von der EU-Kommission gefordert, dass sie "eine Neubewertung der Grenzwerte" für Stickstoffdioxid und Feinstaub prüfe.
  • Grundlage für Scheuers Zweifel waren die Berechnungen mehrerer Lungenärzte, die sich aber in Teilen als falsch erwiesen.

Von Michael Bauchmüller und Markus Balser

Die EU-Kommission hat die Zweifel von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) an geltenden Grenzwerten für saubere Luft brüsk zurückgewiesen. Wissenschaftliche Erkenntnisse rund um Stickstoffdioxid und Feinstaub wiesen "immer wieder auf negative Auswirkungen auf die Gesundheit hin", heißt es in einem Brief gleich dreier Kommissare an Scheuer. Er liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

"Unser gemeinsames politisches Ziel ist ein Europa, das die Menschen vor Luftverschmutzung schützt, innerhalb eines verständlicherweise dringlichen Zeitrahmens", schreiben Verkehrs-Kommissarin Violeta Bulc, Umwelt-Kommissar Karmenu Vella und Binnenmarkt-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska in dem gemeinsamen Brief. Es gebe nun die rechtliche Verpflichtung, die Grenzwerte für die Luftqualität einzuhalten - schließlich hätten das die Mitgliedstaaten "einschließlich Deutschlands" so beschlossen.

Für den deutschen Minister ist das Schreiben eine Ohrfeige. Scheuer hatte sich Ende Januar an Bulc gewandt, kurz nachdem eine Gruppe von Lungenärzten Zweifel an den Grenzwerten für Stickoxid und Feinstaub angemeldet hatte. Zur "Gewährleistung unserer Mobilität" erachte er es für "dringend erforderlich", schrieb Scheuer, "dass sich die Europäische Kommission aktuell und auf geeignete Weise mit den vorgebrachten Zweifeln auseinandersetzt und eine Neubewertung der Grenzwerte prüft". Später erwiesen sich einige Berechnungen der Ärzte als falsch. Scheuer blieb dennoch bei seiner Kritik.

Die Fehler sind auch Brüssel nicht entgangen. Zwar wolle man Scheuer dafür danken, "dass Sie uns als Anlage zu Ihrem Schreiben eine Darstellung der Kritikpunkte mehrerer Mediziner in Deutschland zugeschickt haben", heißt es nun in dem Brief. "Wir haben jedoch auch zur Kenntnis genommen, dass wichtige Berechnungen im Zusammenhang mit diesen Behauptungen in der Zwischenzeit als fehlerhaft erkannt worden sind." Bei den Erkenntnissen, auf die sich die Kommissare berufen, weisen die drei dagegen mehrfach und durchaus süffisant darauf hin, dass diese "fachlich geprüft" oder "umfassend durch Experten begutachtet" seien.

Auch habe die Überprüfung der Grenzwerte, wie Scheuer sie eingefordert hatte, bereits im vorigen Jahr begonnen - allerdings womöglich mit anderen Ergebnissen, als es Scheuer vorschwebt. So werde "auch überprüft, ob die derzeitigen EU-Grenzwerte ausreichend streng sind", schreiben die Kommissare.

Das Verkehrsministerium hinkt dem Zeitplan weit hinterher - wie auch den Klimazielen

Mehr noch: Brüssel habe die Mitgliedstaaten "wiederholt eingeladen, relevante Erkenntnisse" in diese Überprüfung einzubringen. Aus Berlin ist da aber offenbar bislang nichts gekommen. Da dieser so genannte Fitness-Check Ende des Jahres abgeschlossen sein soll, "würden wir den Beitrag der Bundesregierung so bald wie möglich begrüßen", muss Scheuer nun in dem Brief lesen. Das Verkehrsministerium wollte das Schreiben am Dienstag nicht kommentieren.

Für Scheuer kommt die schroffe Ablehnung aus Brüssel zur Unzeit. Denn parallel macht Kanzlerin Angela Merkel ein Thema zur Chefsache, für das eigentlich Scheuer zuständig war: den Klimaschutz im Verkehr. Für Donnerstag hat sie deshalb ins Kanzleramt geladen, an dem Treffen sollen neben den zuständigen Ministern auch die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen der Nationalen Plattform "Zukunft der Mobilität" teilnehmen - sie soll Vorschläge unterbreiten, wie sich der Verkehr künftig mit weniger Emissionen gestalten lässt.

Doch das Verkehrsministerium hinkt allen Klimazielen mittlerweile hinterher - zuletzt waren die Emissionen sogar gestiegen, statt zu fallen. Von zuletzt rund 170 Millionen Tonnen Kohlendioxid soll der Verkehrsbereich bis 2030 auf unter 100 Millionen Tonnen gelangen.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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