Mini-Olympia:München bewirbt sich um European Championships

Luftaufnahme von München-Milbertshofen, 2008

Ort für großen Sport: In den Münchner Olympiapark, Veranstaltungsgelände der XX. Olympischen Spiele 1972, sollen zum 50. Geburtstag im Jahr 2022 mit den European Championships wieder Wettkämpfe von internationaler Bedeutung einziehen.

(Foto: Claus Schunk)
  • Der Stadtrat hat beschlossen, dass sich München um die Multi-Europameisterschaft European Championships 2022 bewerben wird.
  • Möglich machten das die Zusagen von Bund und Bayern, sich mit jeweils einem Drittel an den Kosten zu beteiligen.
  • Olympiapark-Chefin Marion Schöne wirbt mit einem nachhaltigen Konzept: kurze Wege, vorhandene Infrastruktur, keine Ressourcenverschwendung.

Von Heiner Effern und Sebastian Winter

Fünfzig Jahre nach den Sommerspielen von 1972 soll München wieder ein Großereignis mit vielen klassischen olympischen Sportarten bekommen. Am Mittwoch hat der Stadtrat beschlossen, sich für die European Championships 2022 zu bewerben, jene Multi-Europameisterschaft, die 2018 in Berlin und Glasgow ihre erfolgreiche Premiere feierte. Als Sportarten, in denen die EM-Medaillen vergeben werden, sind Leichtathletik, Radsport, Turnen, Rudern, Golf und Triathlon vorgesehen. Die Bewerbung, die laut Olympiapark-Chefin Marion Schöne nun "spätestens kommende Woche" abgegeben werden soll, enthält außerdem Beachvolleyball als optionale siebte Sportart. Die voriges Jahr in Glasgow ausgetragenen Schwimmwettbewerbe fallen für Münchens Bewerbung weg. Der Verband hatte dem Vernehmen nach zu hohe finanzielle Forderungen für seine Teilnahme gestellt.

Wann die elf Tage dauernden Championships, die auch als "Mini-Olympia" bezeichnet werden, genau stattfinden sollen, ist noch nicht klar. Im Gespräch sind die Zeiträume 17. Juni bis 3. Juli oder 11. August bis 21. August 2022, wobei Schöne letzterer Termin lieber wäre: "Dann sind Ferien, und somit wären auch die Vormittags-Sessions gut besucht." Neben München, das als sehr aussichtsreicher Bewerber gilt, hat offenbar auch Helsinki Interesse an der Ausrichtung der Sportveranstaltung bekundet. Eine offizielle Bewerbung der finnischen Hauptstadt ist dem Münchner Sportamt bisher nicht bekannt. Den Zuschlag vergeben die Initiatoren des Wettbewerbs, das European Championships Management (ECM), "noch im ersten Halbjahr 2019", wie Schöne sagt.

Am Donnerstag jubelte die Olympiapark-Chefin erst einmal: "Wir haben die größte Hürde genommen. Die Story ist einmalig, mit 50 Jahren Olympiapark im Rücken." Der Stadtratsentscheidung tags zuvor sei ein "Krimi" vorausgegangen, wie die Olympiapark-Chefin berichtet. Es geht ja auch um sehr viel Geld: Etwa 130 Millionen Euro wird die Organisation der Wettbewerbe kosten. Der größte Teil davon wird auf die Leichtathletik entfallen. Für die Sporttechnik und Sportstätten rechnet man intern mit mehr als 20 Millionen. Ein Betrag, wie er in etwa auch für Medien- und TV-Organisation angedacht ist.

Etwa 30 Millionen sollen durch Eintrittsgelder und andere Quellen hereinkommen. Den Restbetrag von etwa 100 Millionen Euro muss der Veranstalter tragen. Das konnte und wollte München keinesfalls alleine tun. Voraussetzung dafür, dass der Stadtrat mit großer Mehrheit in nicht öffentlicher Sitzung grünes Licht für die Bewerbung gab, waren die Zusagen von Bund und dem Freistaat Bayern, sich mit jeweils einem Drittel zu beteiligen.

Bayern hat längst die nötigen Beschlüsse gefasst, doch das für Sport zuständige Bundesinnenministerium schickte erst nach zähem Ringen gegen halb zwei am Mittwochmittag die schriftliche Zusage. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Stadträte aus der Vollversammlung gerade in die Mittagspause. Eilig prüften die Experten der Stadt, ob die knapp 30 Millionen Euro nun so sicher versprochen sind, dass eine umgehende Zustimmung in der dann wieder laufenden Sitzung zu verantworten sei.

EM im Park

Sechs Sportarten sollen im Sommer 2022 in und um München herum bei den European Championships stattfinden. Herzstück sind die Leichtathletik-Europameisterschaften, die im Olympiastadion ausgetragen werden sollen. Eventuell kommt noch Beachvolleyball als siebte Sportart hinzu. Wo das gespielt würde, ist noch unklar. Die geplanten Austragungsorte im Überblick:

Leichtathletik: Olympiastadion

Turnen: SAP Garden im Olympiapark

Radsport: Straßenrennen im Münchner Stadtgebiet; Bahnrad-Wettbewerbe in der Olympiahalle; BMX auf einem Parcours im Olympiapark; Mountainbike am Olympiaberg

Triathlon: Starnberg und Umgebung

Golf: Eichenried

Rudern: Regattastrecke/Oberschleißheim

Sollte München nach dem positiv ausgefallenen Votum den Zuschlag bekommen, darf sich die Stadt in den nächsten Jahren auf den nächsten sportlichen Höhepunkt freuen: 2020 ist München einzige deutsche Ausrichterstadt der ersten paneuropäischen Fußball-Europameisterschaft, außerdem hat sich München für 2021 und 2022 um die Austragung des Champions-League-Finales beworben. Damit und insbesondere auch mit "Mini-Olympia" will sich die Stadt 50 Jahre nach den Sommerspielen wieder als offene und gastfreundliche Metropole präsentieren. Allein wegen der Championships sollen etwa 100 000 Gäste aus ganz Europa und insgesamt etwa 400 000 Zuschauer kommen. Die Wettkämpfe werden in alle 56 Mitgliedsstaaten der Europäischen Rundfunk Union übertragen.

Der Olympiapark soll als Herzkammer der Mehrfach-Europameisterschaft dienen. Dort messen sich nicht nur die Leichtathleten im Olympiastadion, sondern auch die Turner im neuen "SAP Garden". So soll die neue Halle an der Stelle des früheren Radstadions heißen, die das Unternehmen Red Bull für Eissport und Basketball errichten wird. Die Bahnrad-Fahrer werden ihre Runden in der Olympiahalle drehen. Die Mountainbiker sollen den Olympiaberg hinunterrauschen, für die BMX-Fahrer wird, ähnlich wie beim Actionsportfest Munich Mash, ein Parcours im Park aufgebaut. Das Straßenradrennen dürfte durch das Münchner Stadtgebiet führen. Für die Ruderwettbewerbe soll die Olympia-Regatta-anlage in Oberschleißheim ertüchtigt werden, samt einer temporären Tribüne für 3000 Zuschauer. Die Triathleten dürfen sich in die Fluten des Starnberger Sees stürzen und danach im Landkreis Starnberg radfahren und laufen. Eichenried, wo jährlich die BMW Open stattfinden, sei ein idealer Standort für die Golfer, glaubt man in der Olympiapark-Gesellschaft.

Chefin Marion Schöne hat immer wieder dafür geworben, mehr große Sportveranstaltungen in den Olympiapark zu holen, um das denkmalgeschützte, in die Jahre gekommene Ensemble mehr zu beleben. Vor allem wirbt sie, auch bei den European Championships, mit nachhaltigen Konzepten: kurze Wege, vorhandene Infrastruktur, keine Ressourcenverschwendung. Geplant sind beispielsweise ein CO₂-neutraler Shuttleservice zu den Wettkampfstätten und auch möglichst plastikfreie Europameisterschaften im Park, der schon jetzt mit 100 Prozent Ökostrom betrieben werde.

Die Stadtspitze hat sie nun erhört und bekennt sich zu "Mini-Olympia". "Die European Championships geben uns die Gelegenheit, den Spirit der Olympischen Spiele 1972 in München wieder zu beleben", erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nach dem Beschluss im Stadtrat. Er freue sich auf ein "Highlight des Spitzensports". Seine Parteifreundin und Sportbürgermeisterin Christine Strobl sagte: "München hat jetzt richtig gute Chancen, ein spannendes und faszinierendes Sportfest zu erleben."

In diesem Fall funktionierte das schwarz-rote Bündnis, das in München das Rathaus regiert, auch zwischen Stadt und Land. Bayerns Sportminister Joachim Herrmann (CSU) freute sich ebenfalls und wünscht sich "einen kräftigen Impuls für den Breiten- und Leistungssport, für die Inklusion und Integration sowie die Bildung und das Ehrenamt im Sport", heißt es in einer Erklärung. Das große internationale Sportfest beflügele vor allem auch das ehrenamtliche Engagement für und in Sportarten, die sonst nicht so im Rampenlicht stehen. "München kann mehr als Fußball." Das muss Park-Cefin Schöne nun beweisen, falls der Zuschlag kommt. "Die Zeit ist knapp, Berlin hatte sieben Jahre Vorlauf, wir nur dreieinhalb."

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