Gasteig-Sanierung:Architekturbüro zieht sich überraschend aus Wettbewerb zurück

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  • Eines der drei Architekturbüros, die im Rennen um die Sanierung des Gasteigs sind, zieht sich aus dem Wettbewerb zurück.
  • Der Geschäftsführer des Gasteigs bedauert den Schritt des Münchner Architekturbüros. Man könne die angeführten Gründe nicht nachvollziehen.
  • Das größte Kulturzentrum Europas soll grundlegend saniert werden - dafür hatte es einen Wettbewerb gegeben, aus dem drei Gewinner hervorgingen.

Von Heiner Effern und Gerhard Matzig, München

Fabian Blomeyer, Rechtsanwalt und bei der Bayerischen Architektenkammer als Geschäftsführer tätig, findet das Verhalten der Architekten "respektabel und konsequent". Aber - mit Blick auf die Baukultur - auch bedauerlich: "Das ist insgesamt nicht gut für die Architektur." Gunter Henn, Chef des gleichnamigen, auch in München ansässigen Büros Henn, ist am Telefon "erst mal ziemlich überrascht von diesem Schritt". Und wenn tatsächlich stimme, dass die Gasteig GmbH das Urheberrechtsproblem auf die Seite der Planer verschieben will, so Henn weiter, "dann kann ich nur sagen: Das geht eigentlich nicht". Aber: "Wir bleiben bei unserem Entwurf und im Rennen."

Oder geht es, das mit dem Verschieben, doch? Das ist die Frage, seit am Donnerstag öffentlich wurde, dass eines der drei im Rennen um die Neugestaltung des Gasteigs verbliebenen Architekturbüros, nämlich Auer Weber, überraschend zurückzieht. Per Pressemitteilung hat das weltweit bekannte Büro (zuständig in München auch für den Neubau des Hauptbahnhofes) erklärt: "Nach Sichtung und Bewertung der neuen Verfahrensbedingungen (...) haben wir uns entschlossen, am Verhandlungsverfahren nicht weiter teilzunehmen."

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Der Rückzug des Architekturbüros Auer Weber aus dem Wettbewerb ist verständlich. Dass die Architekten das Urheberrechts-Problem anstelle der Auftraggeber lösen sollen, ist ein Skandal.

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Geschäftsführer Philipp Auer bedauert das ausdrücklich. Doch er sagt: "Wir haben das wochen- und monatelang durchgerechnet. Es wäre schlicht unverantwortlich, wenn wir weiter an dem Projekt dran bleiben würden. Niemand kann sagen, wie das ausgeht. Die Ungewissheiten bleiben." Vor allem aber stört eines: "Es ist nunmehr das alleinige Risiko des künftigen Auftragnehmers, sich mit den Inhabern des Urheberrechts auf eine architektonische Lösung zu verständigen."

Tatsächlich sagen die Auslober des Verfahrens: "Wir sind davon überzeugt, dass die Bieter als herausragende Architekturbüros im Falle der Auftragserteilung die Herausforderung meistern werden, ihre Entwürfe mit dem bestehenden Urheberrecht zu vereinbaren."

Es sieht damit so aus, dass das verfahrene Verfahren, bei dem es um den dringend erhofften Umbau und die schon lange anstehende Sanierung des größten Kulturzentrums Europas geht, nun nach Monaten und bald Jahren des Beratens und Prüfens und Sichtens immer noch ein wenig verfahrener geworden ist. Bekanntlich gibt es Kritik schon daran, dass ein an sich funktionierendes Gebilde wie der erst 1984/85 nach Entwürfen der Architektengemeinschaft Raue, Rollenhagen und Lindemann realisierte Gasteig für knapp eine halbe Milliarde Euro aus öffentlichen Geldern umgerüstet werden soll.

Nach dem Wettbewerb dazu war aber auch unklar, warum die Jury keinen eindeutigen Sieger, sondern drei gleichberechtigte Gewinner kürte. Nämlich Auer Weber, Henn (beide aus München) und Wulf Architekten aus Stuttgart. Nach dem weiteren Prozedere des umstrittenen Vergabeverfahrens wurde schließlich Henn beauftragt. Doch dieses Verfahren musste wegen unklarer Vorgaben revidiert werden.

Zudem wurde die ungeklärte Urheberrechtsproblematik bekannt: Eike Rollenhagen schien sich zunächst vor allem per Bild-Interview für Henn auszusprechen (eine weitere Unklarheit) und droht seither damit, einen ihm nicht genehmen Eingriff in die Architektur des Kulturzentrums rechtlich zu bekämpfen. Mit, wie man sich denken kann, einem weiterhin unklaren Ausgang. "Bei den jetzigen Vergabekriterien spielt der architektonische Gestaltungswille keine Rolle mehr." Dieser Satz aus der Pressemitteilung von Auer Weber liest sich wie ein abschließendes großes Seufzen der Architekten.

Hingegen will das Stuttgarter Büro von Tobias Wulf - Wulf Architekten - weiterhin den Gasteig sanieren. "Wir haben unser Angebot abgegeben", sagt Tobias Wulf. Zum Ausstieg des Konkurrenten aus München will er sich wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern. Das gleiche gilt für die vom Gasteig neu entwickelten Kriterien für die Vergabe. Eines will aber Wulf ganz grundsätzlich bei der Gasteig-Entscheidung festhalten: "Am Ende muss es um die Architektur und um deren Qualität gehen." Die Frage ist nur: Ist dieses Ende überhaupt noch abzusehen?

Max Wagner, Geschäftsführer der Gasteig München GmbH, meint: "Wir nehmen mit Bedauern zur Kenntnis, dass Auer Weber Architekten als großes Münchner Architekturbüro sich aus dem Vergabeverfahren zur Generalsanierung des Gasteig zurückgezogen hat." Aber: "Die von dem Architekturbüro dafür angeführten Gründe können wir nicht nachvollziehen", so Wagner.

© SZ vom 03.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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