Strukturuntersuchung:Im Norden hoch hinaus

Die Stadt prüft, ob in der Siedlung Ludwigsfeld und auf den Äckern ringsum neue Wohnblöcke entstehen können. Bis zu 2100 Einheiten könnten neu gebaut werden, die Bevölkerungszahl würde damit enorm wachsen

Von Jerzy Sobotta

Die Stadt prüft, ob die Siedlung Ludwigsfeld nachverdichtet werden kann - mit bis zu drei Mal mehr Wohnungen als bisher. Das Planungsreferat hat eine Untersuchung fertiggestellt, welche den möglichen Neubau von Häusern auf dem bisherigen Siedlungsgebiet und auf den südlichen und östlichen Feldern auslotet. Damit würde die Siedlung auf insgesamt etwa 32 Hektar anwachsen, wodurch die Stadt neuen Wohnraum schaffen könnte. Das ist einer Strukturuntersuchung zu entnehmen, die der Süddeutschen Zeitung  vorliegt.

Es handelt sich dabei um ein sehr frühes Stadium der Planungen für eine "städtebaulich verträgliche Verdichtung" der Siedlung Ludwigsfeld, über deren Fortsetzung der Stadtrat entscheidet. Anfang Juli soll die Untersuchung dem Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung vorgelegt werden. Danach muss noch die Vollversammlung entscheiden, ob die Stadt die Planungen weiter verfolgen will.

Derzeit ist noch nicht klar, wie viele neue Wohnungen auf diese Weise entstehen könnten. Bisher sind in den 36 vorhandenen Gebäuden rund 660 Wohnungen untergebracht. Im nächsten Schritt soll das Planungsreferat die "maximal verträgliche Anzahl von Wohneinheiten" ermitteln. Eine erste Obergrenze wird von den Verkehrsgutachtern genannt: Sie halten den Autoverkehr von bis zu 5000 neuen Bewohnern oder 2100 zusätzlichen Wohnungen für "abwickelbar". Sollte dieser Maximalwert angestrebt werden, könnte sich die Einwohnerzahl stark erhöhen, bisher umfasst die Siedlung etwa 3000 Einwohner.

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Die Siedlung Ludwigsfeld könnte deutlich wachsen: Auf dem gelb markierten Gebiet sollen neue Wohnungen und eine Schule entstehen.

(Foto: SZ-Karte / Google Earth Pro)

Ob tatsächlich so viel neu gebaut wird, steht nicht fest, denn der "durchgrünte, parkartige Charakter der Siedlung" soll erhalten werden. Das Ziel sei "eine qualitätvolle Entwicklung, die sowohl die Belange der Versorgung, der entsprechenden Infrastrukturen und Erholungsräume, Grün- und Freiflächen beinhaltet", heißt es in dem Dokument.

Bereits jetzt steht fest, dass eine Grundschule benötigt wird, sollte tatsächlich gebaut werden. Sie könnte bis zu fünfzügig sein und unmittelbar südlich des Sportplatzes gebaut werden. Bisher gibt es in der Siedlung nur einen städtischen Kindergarten und eine Förderschule, die sich in der Nähe befindet. Weitere Wohnblocks könnten Richtung Süden auf den jetzigen Ackerflächen bis auf etwa 150 Meter vor der A 99 entstehen. Die Felder gehören der Stadt, die dort preisgünstige Wohnungen errichten will. Allerdings machen sie weniger als ein Viertel des gesamten Geländes aus, das für neue Wohnungen infrage kommt.

Der Großteil der übrigen Fläche wurde vor zwei Jahren von drei Privatpersonen aufgekauft, die unter dem Namen "Wohnungsgesellschaft Ludwigsfeld" auftreten: Gert Billand, Stefan Heißerer und Alfred Hoschek. Sie stehen dem Führungspersonal der Patrizia Immobilien AG nahe, welche die Siedlung bereits 2007 unter viel Protest der Anwohner für 10,5 Millionen Euro vom Bund erworben hatte.

Im Eigentum der Patrizia wurden etwa 70 Prozent der Wohnungen aufwendig saniert, wofür das Unternehmen damals 23 Millionen Euro ausgegeben hat. Aus diesem Grund wollen die jetzigen Eigentümer die Häuser nicht abreißen oder aufstocken lassen. Das Planungsreferat steht mit den Eigentümern in Kontakt und habe mit ihnen bereits "grundsätzliche Überlegungen zu möglichen Flächennutzungen" angestellt, teilte es auf Anfrage der SZ mit.

Strukturuntersuchung: Zwischen den Bestandshäusern soll nachverdichtet werden.

Zwischen den Bestandshäusern soll nachverdichtet werden.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Mit dem Ausbau soll sich die Infrastruktur der Siedlung verbessern. In der Strukturuntersuchung ist von einem "attraktiven Mittelpunkt" mit Geschäften und Dienstleistungen die Rede, weiteren Kitas und einem Nachbarschaftstreff. Zudem wollen die Planer auf die angespannte Verkehrssituation reagieren, indem sie eine bessere Verbindung zur Dachauer Straße herstellen und den Durchgangsverkehr durch die Kristallstraße verringern. Auch die Busverbindungen nach Feldmoching und Karlsfeld sollen verbessert werden.

Zumindest politisch beginnt bereits jetzt die öffentliche Diskussion. Beschließt der Stadtrat die Erarbeitung eines Eckdatenbeschlusses, der wesentlich konkreter als die vorliegende Strukturuntersuchung ist, will das Planungsreferat die Öffentlichkeit einbinden und die Bedürfnisse der Anwohner berücksichtigen. In welcher Form das geschehen wird, ist derzeit noch nicht bekannt, heißt es beim Planungsreferat. Der entsprechende Stadtratsbeschluss werde seit 2018 vorbereitet.

Eberhard Sommer von der örtlichen Interessengemeinschaft Ludwigsfeld (Iglu) fühlt sich jedoch von der Stadt hintergangen. Das Planungsreferat habe die Anwohner im Ungewissen gelassen, obwohl er mehrere Male zum Planungsreferat Kontakt aufgenommen habe. "Ich möchte wissen, warum dieser Strukturplan jetzt im Schweinsgalopp durch den Stadtrat gejagt wird", fragte Sommer in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl. Stadträtin Heide Rieke (SPD) wies dies zurück: "Die Untersuchungen wurden lange entwickelt. Jetzt fängt der Bürgerdialog an", sagte sie bei dem Treffen. Zu einer Diskussion über die Pläne ist es dort allerdings noch nicht gekommen. Das Thema soll stattdessen bei einer Sondersitzung besprochen werden am Dienstag, 28. Mai, 19.30 Uhr, in der Nelson-Mandela-Berufsoberschule an der Schleißheimer Straße 510.

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