Porträt:Die Friedensautorin

Feldafing: Autorin Karin Irshaid

Karin Irshaid

(Foto: Nila Thiel)

Die Feldafingerin Karin Irshaid beschäftigt sich in "Reise nach Jeruslem" mit der Nah-Ost-Problematik

Von Otto Fritscher, Feldafing

Es ist das sechzehnte Buch, das Karin Irshaid jetzt veröffentlicht hat. Die Feldafinger Autorin hat dem 302-seitigen Werk den Titel "Reise nach Jerusalem" gegeben. Dieser Titel ist kein Zufall, denn in dem Buch dreht es sich auch und vor allem um das problematische Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern, ein Sujet, mit dem sich die Autorin schon in ihrem 1996 erschienen Buch "Hochzeitsessen" auseinandergesetzt hat.

Irshaid ist aber keineswegs eine politische Autorin, sie hat zahlreiche Lyrik- und Prosabücher geschrieben. Doch der Nahe Osten ist es, mit dem Irshaid auch persönlich verwoben ist, sie war mit einem Arzt aus Palästina verheiratet, der vor einiger Zeit gestorben ist. Oftmals ist sie nach Palästina gereist, immer über Amman in Jordanien, da die Israelis ihrem Mann auf einmal die Einreise nicht mehr gestatteten. "Die Irshaids sind in Palästina eine riesengroße Familie, verteilt auf viele Orte und Dörfer", erzählt Irshaid. Teile der Familie leben aber auch in den USA, England und Deutschland.

"Es wird nicht oft darüber berichtet, wie schwer es etwa die Bewohner von Gaza haben", sagt sie. Ein Ort, den Irshaid noch aus eigener Anschauung kennt, als er "so groß wie Starnberg" war. Nun ist es eine Millionenstadt, umzäunt und überfüllt mit Flüchtlingen, berichtet sie. "Kein Wunder, wenn es da Spannungen gibt."

Dabei beginnt ihre Erzählung in Deutschland, in der Kneipe einer Kleinstadt, in der Protagonist Robert in einer Bar die geheimnisvolle Judith kennenlernt. Sein Leben, bisher geordnet als Rechtsanwalt und eingenordet auf seine Freundin, gerät aus den Fugen, nachdem er mit Judith eine Nacht verbracht hat. Das Paar unternimmt spontan eine Reise nach Rotterdam, wo Judith spurlos verschwindet. Der Jurist versucht, in den Alltag zurückzukommen, doch seine Gedanken kreisen ausschließlich um Judith, zu der er sich auf seltsame Weise hingezogen fühlt, obwohl er so gut wie nichts über die Frau weiß. Um Abstand zu bekommen, unternimmt Robert mit seiner Mutter, einer langjährigen Friedensaktivistin, eine Reise in den Nahen Osten. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

"Für mich als Frau und Autorin war es das Spannendste, die Geschichte aus der Perspektive eines Mannes zu erzählen", sagt Irshaid und lacht. Dieser Geschlechtertausch ist Irshaid vorzüglich gelungen. Behutsam entwickelt sie die Figuren, Robert, der verlässlich, zuverlässig und dennoch etwas eigenbrötlerisch ist. Irshaid beschreibt einfühlsam, wie Robert beim Einchecken ins Hotel in Rotterdam gar nicht bemerkt, dass seine Geliebte ihr Gepäck nicht aufs Zimmer mitnimmt, sondern im Foyer stehen lässt. Erst, als er am Morgen alleine aufwacht und nachforscht, gehen ihm die Augen auf.

Mir fällt das Schreiben leicht", sagt Irshaid. Die meiste Arbeit sei es, dann den Text zu überarbeiten und zu straffen. Sie zeigt auf einen Stapel von mehreren Tausend Blatt Papier, der sich auf ihrem Schreibtisch aufgehäuft hat - alles verschiedene Entstehungsstadien des Buches. "Da hat mir meine Verlegerin Christl Kiener sehr geholfen, die immer wieder sehr kritisch nachgefragt hat", sagt Irshaid. Insgesamt hat sie "so vier, fünf Jahre" an dem Manuskript gearbeitet. Man darf Irshaid durchaus als Friedensautorin bezeichnen, die für Versöhnung und Gerechtigkeit eintritt, ohne den Zeigefinger belehrend zu heben oder irgendjemanden anzuklagen. Man spürt, dass nicht alles in dem Buch Fiktion sein muss; einiges - etwa das Kapitel mit dem Gefängnisaufenthalt in den USA - hat sie in ihrem Verwandtenkreis miterlebt.

Irshaid ist im Allgäu geboren, hat dann in Münster Malerei, Grafik und Kunstgeschichte mit Staatsexamen studiert. Dann war sie als Kunstpädagogin in Münster und Bielefeld tätig, bevor sie nach Bayern zog. "Das habe ich mir anfangs gar nicht vorstellen können, wieder in Bayern zu leben", sagt sie. Heute wolle sie nicht mehr weg, reist aber meist mehrmals im Jahr nach Palästina oder in andere Länder.

Irshaid geht auch gerne auf Lesereisen, etwa für die "Stiftung Begegnung". Ihr "Hochzeitsessen" hat sie in mehr als 200 Lesungen vorgestellt. Wer Auszüge aus der "Reise nach Jerusalem" hören will: Irshaid liest am Donnerstag, 18. Juli, 19.30 Uhr, im Eine-Welt-Haus an der Schwanthaler Straße 80 in München. Den Abend moderiert die Journalistin Judith Heitkamp vom Bayerischen Rundfunk.

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