Grönland:Territorialansprüche wie zu Kolonialzeiten

Trump

Grönland? Sollte US-amerikanisches Territorium sein, findet Donald Trump.

(Foto: AP)

Trumps Grönland-Fantastereien und die Absage seines Staatsbesuchs in Dänemark sind ein weiteres absurdes Kapitel einer beispiellosen US-Präsidentschaft. Dahinter aber darf man eine Agenda vermuten.

Kommentar von Stefan Kornelius

Donald Trumps Ausflug in das Länder-Immobiliengeschäft könnte als vorläufiger Höhepunkt einer an Absurditäten nicht armen Präsidentschaft in die Geschichte eingehen. Selbst ein in den Siebzigerjahren sozialisierter Donald Trump kann doch nicht glauben, dass im Jahr 2019 Territorien gehandelt werden wie einst Kolonialgebiete. Der letzte Zukauf von Land zur Vergrößerung der USA liegt 100 Jahre zurück.

Was also reitet diesen Mann, jenseits der empörenden Verachtung, die er mit seinen Grönland-Fantastereien einem Land wie Dänemark entgegenbringt? Da man bei Trump nie weiß, was man ernst nehmen muss und was nicht, sollte man hinter dem Kaufwunsch für Grönland zumindest ein Quäntchen Ernsthaftigkeit vermuten. Und eine Agenda.

Naheliegend ist, dass Trump die Reiserei zu viel wurde und er den bevorstehenden Europa-Trip verkürzen wollte. Die Reise hätte mehr als eine Woche Zeit verschlungen, wäre er denn wirklich nach Dänemark gereist. Für eine Visite Dänemarks gab es auch keinen naheliegenden Grund, außer dass der US-Präsident gerne Königshäuser besucht. So einen Staatsbesuch hätte man aber auch eleganter absagen können.

Ein Jahr vor der US-Wahl wendet sich die Stimmung gegen Trump

Überhaupt scheinen Europa ein paar unerfreuliche Besuchstage bevorzustehen. Die Vorbereitung zum G-7-Gipfel in Frankreich gerät zur Katastrophe, weil sich die US-Regierung auf keine Agenda einlässt. Für die Visite Polens gleich im Anschluss droht eine unschöne Kollision. Trump soll am 1. September in Warschau sein, dem 80. Jahrestag des Weltkrieg-Beginns.

Dies ist auch der Tag, an dem der deutsche Bundespräsident an der Westerplatte bei Danzig erwartet wird. Donald Trump und Frank-Walter Steinmeier - das ist unvereinbar und könnte sich zu einer protokollarischen Katastrophe für die polnische Regierung auswachsen.

Hinter all dem lauert die eigentliche Sorge des US-Präsidenten: Der Trump-Vulkan kocht, ein Jahr vor der Wahl wendet sich die Stimmung zu Hause gegen ihn, besonders die Wirtschaftsindikatoren deuten darauf hin, dass der Mann pünktlich zum Wahltag die verbrannte Ernte seiner Präsidentschaft präsentieren muss. Der Konflikt mit China simmert, darf aber nicht überkochen - die US-Wirtschaft und die Märkte würden Trump bluten lassen.

Der Präsident braucht also einen neuen Konflikt, einen Schuldigen, den er für seine verkorkste Präsidentschaft haftbar machen - und von dieser ablenken kann. Heute war es das kleine Dänemark. Morgen könnte die Europäische Union dran sein.

Zur SZ-Startseite
Donald Trump That's Better

SZ PlusMachtmenschen
:"Wie ein Narzisst aus dem Lehrbuch"

Narzissten können anziehend wirken, aber destruktiv sein. Psychiatrie-Professor Claas-Hinrich Lammers über die typischen Persönlichkeitsmerkmale und den Drang, Mitmenschen abwertend zu behandeln.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: