SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Folge 6:Die Verkehrswende dauert noch

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Das Bussystem des Landkreises ist ein voller Erfolg. Allerdings wächst auch die Zahl der privat genutzten Autos weiter

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Eine echte Verkehrswende würde bedeuten, dass wir uns umweltfreundlicher fortbewegen. Das funktioniert nur, wenn Menschen deutlich weniger mit dem eigenen Auto unterwegs sind. Um den Umstieg zu erleichtern, baut der Landkreis Fürstenfeldbruck seit Jahren sein Netz an Bussen und Ruftaxen aus. Die Frage ist, ob und wenn ja, wie viel Kohlendioxid wird dadurch eingespart wird. Außerdem ist der Landkreis an diversen Untersuchungen beteiligt, in denen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben getestet werden. Vier Hybridbusse sind bereits im Stadtverkehr in Fürstenfeldbruck im Einsatz.

Derzeit sind täglich rund 110 Busse im Landkreis unterwegs, deren Motoren der Abgasnorm Euro 6 entsprechen. Lediglich vier Busse der Linie 840, die zwischen den Bahnhöfen von Fürstenfeldbruck und Buchenau pendeln, haben einen Hybridantrieb, das heißt, dank Stromantrieb wird etwas Diesel eingespart. Wobei allerdings beim derzeitigen Strommix im Schnitt etwa 40 Prozent aus fossilen Brennstoffen wie Braun- und Steinkohle sowie Erdgas und mehr als zehn Prozent aus Atomkraftwerken stammen.

Diese Busse der Firma Volvo verfügen über einen Fünf-Liter-Dieselmotor nach Euro-6-Norm und einen Elektromotor samt aufladbarem Akku. Im Stand schaltet sich der Dieselmotor automatisch ab, außerdem fahren die Busse bei Geschwindigkeiten von bis zu 20 Stundenkilometer, also etwa beim Anfahren, nur elektrisch. Bei höherem Tempo schaltet sich der Dieselmotor zu. Nach Angaben der ÖPNV-Stelle im Landratsamt verbrauchen diese Fahrzeuge zwischen 22 und 39 Prozent weniger Kraftstoff und stoßen bis zu 50 Prozent weniger Abgase aus verglichen mit Euro-5-Dieselmotoren.

Das Ziel ist, künftig mehr Busse mit alternativen Antrieben auf die Straße zu schicken, schon deshalb, weil die EU das vorschreibt. Deshalb ist der Landkreis an einigen Pilotprojekten und Studien beteiligt. Der Landkreis München testet eine Linie mit Elektrobussen. In einer gemeinsamen Studie lassen die Landkreise Fürstenfeldbruck, München, Starnberg und Freising im Rahmen des MVV sowohl synthetische Kraftstoffe als auch Elektroantriebe testen, berichtete Herrmann Seifert, der Koordinator der ÖPNV-Abteilung im Landratsamt. Auch die Möglichkeit von Bussen mit Wasserstoffantrieb soll geprüft werden. Als Partner für ein Pilotprojekt käme die Firma Proton Motor Fuel Cell GmbH aus Puchheim in Frage. Der allgemeine Teil dieser Studie wird nächstes Jahr abgeschlossen sein. Bis 2021 werden dann konkret einzelne Linien untersucht, die demnächst neu ausgeschrieben werden müssen. Untersucht werden muss das Fahrverhalten etwa von Elektrobussen bei Ampeln, bei flacher Strecke und Steigungen, beim Abbremsen und Anfahren im Stadtverkehr, um den Energieaufwand und die Rentabilität festzustellen.

Außerdem braucht es für Busse mit anderen Antreiben eine Infrastruktur, Ladestationen, Tankstellen und Werkstätten, und es sind die Ladezyklen der Akkus zu berücksichtigen. Und schließlich ist die Frage, welche Herstelle welche Fahrzeugtypen anbieten. Im Moment sei das Angebot überschaubar, sagt Seifert.

Grundsätzlich gilt, dass ein Bus bis zu 90 Autos ersetzen kann. Nach Angaben des Umweltbundesamtes werden im eigenen Auto pro Kilometer und Person 139 Gramm Kohlendioxid ausgestoßen. Wer mit dem Bus fährt, verursacht mit 75 Gramm knapp die Hälfte, mit der Bahn wären es 60 Gramm. Die Zahl der Kunden bei Bus und Ruftaxi im Landkreis lag im vergangenen Jahr bei über zehn Millionen, insgesamt wurden mehr als 8,5 Millionen Kilometer zurückgelegt. Bloß lässt sich daraus nicht errechnen, wie viel CO2 im Landkreis tatsächlich eingespart wurde. Nicht jeder Buskilometer wäre mit dem eigenen Auto gefahren worden. Schon deshalb nicht, weil sich unter den Fahrgästen sicher ein großer Teil jener statistisch etwa 50 000 Menschen im Landkreis befindet, die gar nicht über einen eigenen Wagen verfügen - darunter Kinder, Jugendliche, manche Senioren und arme Leute.

Hingegen steigt die Zahl der zugelassenen Autos immer weiter an. Über 160 000 sind inzwischen bei der Zulassungsstelle angemeldet. Die Busse helfen sicher, Kohlendioxid zu vermeiden, aber insgesamt dürften die Emissionen nicht sinken, schon weil immer mehr Menschen in die Region ziehen. Trotz aller Anstrengungen - der Landkreis gibt heuer rund 8,8 Millionen Euro für den öffentlichen Nahverkehr aus - ist die Verkehrswende demnach in weiter Ferne.

Die Lokalausgaben der Süddeutschen Zeitung suchen gemeinsam mit dem MVV im Oktober den Busfahrer oder die Busfahrerin des Jahres. Ihre Favoriten können Fahrgäste auch per E-Mail vorschlagen: busfahrer-aktion@mvv-muenchen.de

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