Klosterbauhof:Meister der Verwandlung: Ebersberger Kunstverein stellt aus

KVE Mitgliederausstellung

Aus einem Kunstwerk werden beim Ebersberger Kunstverein kurzerhand zwei.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

77 Künstlerinnen und Künstler beteiligen sich an der Mitgliederausstellung des Ebersberger Kunstvereins zum Thema "Reproduktion". Vernissage ist am Freitag.

Von Anja Blum

"Reproduziert Euch!" So hatte der Aufruf des Ebersberger Kunstvereins zur diesjährigen Mitgliederausstellung gelautet. Die Idee war, die Künstlerinnen und Künstler im Landkreis dazu anzuregen, sich erneut mit einem bereits fertigen Werk zu beschäftigen und es in irgendeiner Weise nachzubilden. Sowohl Original als auch Repro sollten dann eingereicht werden.

So geschah es - und das Ergebnis ist eine durchaus gelungene Schau in der Alten Brennerei, deren gestalterische Vielfalt zusammengehalten wird von eben jenem überwölbenden Thema. 77 Mitglieder haben sich heuer beteiligt, zu bewundern gibt es alle Spielarten der zeitgenössischen Kunst, von der Installation bis zum Video mit Obertongesang. Ein besonderer Kniff liegt auch darin, dass durch die Nachbildung oftmals gleich zwei Schaffensphasen sichtbar werden, eine frühere und die aktuelle. "Ich finde es sehr spannend, dass auf diese Weise der Werdegang einbezogen wird", sagt Projektleiterin Luci Ott aus Grafing, mit 24 Jahren das derzeit jüngste Beiratsmitglied des Kunstvereins.

Die Künstler nähern sich dem Thema auf unterschiedlichen Wegen

Deutlich wird allerdings auch: Es ist nicht einfach zu definieren, worin Reproduktion in der Bildenden Kunst eigentlich besteht. Bei manchen Werken ist der Ausgangspunkt mit der Weiterentwicklung eng verwoben, bei manchen unterscheiden sich die beiden Exponate kaum, bei wieder anderen wird eher der Entstehungsprozess dokumentiert als etwas neu geschaffen. Auch Fotos kommen oft zum Einsatz, die ihrerseits eigentlich ja schon Reproduktionen sind. Beschreibungen zu ihren Werken haben indes nur wenige Künstler geliefert. Das Thema ist also kompliziert, doch gerade das findet Luci Ott reizvoll. "Das Rätselhafte schiebt den Diskurs an", sagt sie und lächelt zufrieden.

Jedenfalls erweisen sich die Ebersberger Künstlerinnen und Künstler als vielseitige Meister der Verwandlung, fast jede erdenkliche Spielart der Reproduktion kann man hier entdecken. Mal ändert sich vor allem die Farbigkeit (bunt wird zum Beispiel schwarz-weiß), mal nur die Größe beziehungsweise das Format. Oft wurde die ursprüngliche Arbeit übersetzt in ein anderes Material (aus Bronze wird Marmor) oder in eine andere Technik (Zeichnung statt Malerei). Oftmals wechseln die Kreativen aber auch komplett das Genre. Da gibt es dann so ausgefallene Kombinationen wie Zeichnung und Video (Helmut Kirchlechner), Bild und Mobile (Katharina Gläser), Holzskulptur und Gemälde (Bernd Sedlmeier), Gedicht und Malerei (Rebecca Winhart) oder Aquarell und Teppich (Cordula Utermöhlen). Letzterer darf sogar betreten werden - ein etwas verstörendes Unterfangen, da das abstrakte Farbenspiel wirkt wie eine Blutlache, am Boden umso mehr als an der Wand.

KVE Mitgliederausstellung

Selbstreflexion: Die Projektleiterinnen Luci Ott und Martina Brenner vor der „Goldenen Pagode“ von Arnd Christian Müller.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Apropos Inneneinrichtung: Maja Ott hat eine ihrer organisch anmutenden Hinterglasmalereien per Druckverfahren unter eine runde Tischplatte gezaubert. Wie man einem spannungsreichen Werk die Schärfe nimmt, zeigt hingegen Isolde Eggern: Ihr Bild "Fleischeslust", auf dem sich eine nackte Frau mit einem blutigen Halsgrat abreibt, wirkt in Schwarz-Weiß weniger schockierend, sondern eher grafisch-abstrahiert. Anita Scholz hingegen hat Pelzmäntel so kunstvoll gefaltet, dass sie an alles andere als Wintermode denken lassen: Auf ihren drei Fotos sieht man eine haarige Rosenblüte, eine Art Frosch und ein längliches Gebilde, das an eine Wurst erinnert. Gekonnt mit Formen spielt auch Brigitte Günther im Falle ihrer nackten "Weibsbilder", allesamt Collagen aus Papier, Zeitung und Farbe: Durch die Umkehr ins Negativ und unterschiedliche Kolorierungen hat die Künstlerin hier diverse Varianten des Originals geschaffen.

Einer der Künstler reproduziert sich kurzerhand selbst

Bei Susanne Oswald speist sich der Zauber allein aus der Vergrößerung: Ausgangspunkt war ein 120 mal 160 Zentimeter großes Bild eines Hafens, sechs Ausschnitte daraus hat die Künstlerin herausgezoomt und in luftige, kleinformatige Malerein übersetzt. Alexander Walter kommt im Gegensatz dazu mit nur einem einzigen Gemälde aus: Er hat sich selbst "reproduziert", in einem düster-bunten, bis auf die Ebene der Organe und des "Körpergefühls" reichenden Porträt.

KVE Mitgliederausstellung

Susanne Oswald steuert gemalte Miniaturen bei.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit einer spannenden, eher grafischen Installation hat Margot Haringer das Thema aufgegriffen. Sie widmet sich dem Kreis, "einer Entwicklung ohne Ende", und zwar einmal auf Papier und einmal in Form von Holzstückchen, die an große Dominosteine erinnern - denn Haringer hat sie schwarz angemalt. Die Punkte allerdings fehlen, dafür ist in jedes Plättchen ein Halbrund eingeritzt, zusammen ergeben die Kurven offenbar einen großen Kreis. An der Wand hängt ein Druck, der die Hölzer in chaotischer Anordnung zeigt. Sein Debüt in Stein zeigt Robert Gockner, er hat seine Holzskulptur "Gollum" in neuem Material nachgebildet, ein großer, freundlich-fantasievoller Kollege.

Richtig spektakulär auch die "Goldene Pagode" von Arnd Christian Müller, eine filigrane Installation aus Kleiderbügeln, sorgsam austariert aneinander aufgehängt. Darunter, auf dem Boden, ein Spiegel, der die optische Wirkung noch einmal mindestens verdoppelt. Hinzu kommt eine stilisierte technische Zeichnung der Installation, ebenfalls von großem ästhetischen Reiz. Dass der Titel an den asiatischen Kulturkreis erinnert (Pagoden sind turmartige Gebäude mit vielen Gesimsen oder Dachvorsprüngen), kommt nicht von ungefähr: Wie Ott berichtet, lebt Müller seit langem in China. Die Mitgliederausstellung in Ebersberg, die lässt er sich jedoch nicht entgehen.

Mitgliederausstellung des Kunstvereins Ebersberg, Alte Brennerei im Klosterbauhof, Öffnungszeiten: freitags 18 bis 20 Uhr, samstags und sonntags 14 bis 18 Uhr. Am 29. November, 19 Uhr: Eröffnung; 30. November, 20 Uhr: Konzert der Liedermacherin Claudia Binder; 6. Dezember, 20 Uhr: Singer/Songwriter-Abend; 18. Dezember, 20 Uhr: Konzert Jeremiah "Life & Death Songs"; 22. Dezember, Finissage mit Verleihung des Publikumspreises.

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