Forstern:"Die Veränderung beginnt in den Dörfern"

Mittelständische Unternehmer fragen

Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann erläutert in Forstern die Energiewende

Von Philipp Schmitt, Forstern

Die Grünen wollen die Nutzung von Sonnen- und Windenergie forcieren, das betonte der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, bei einer Veranstaltung in Forstern. "Ich bin fest davon überzeugt, dass uns unsere Kinder und Enkelkinder später fragen werden, warum wir bei Windkraft und Sonnenenergie nicht mehr gemacht haben", sagte er bei der Veranstaltung unter dem Motto "Energiekonzepte der Zukunft - Was kann ich tun?". Maria Feckl, die für die Grünen den Bürgermeistersessel in Forstern erobern möchte, forderte mehr Photovoltaikanlagen auf Dächern und auf Lärmschutzanlagen entlang der A 94. Mit Pastetten und Hohenlinden will sie einen Klimaschutzmanager schaffen.

Erst 2018 hatte sich der Grünen-Ortsverband Forstern-Pastetten gegründet, mit der Diskussionsrunde mit Hartmann, Feckl und Alice Lorenz aus Pastetten am Mittwoch im Forsterner Sportheim Schmankerlwerk hat er einen Volltreffer gelandet, das Publikumsinteresse war sehr groß. Dabei wurden viele Themen angesprochen: klimaneutrale Kommunen mit sauberem Strom aus erneuerbaren Energien, eine umweltfreundliche E-Mobilität und der Umbruch in der Automobilindustrie. Hartmann sagte, für eine forcierte Nutzung von Sonnen- und Windenergie müssten die Weichen jetzt gestellt werden. Es müsse in erneuerbare Energien und neue Netze investiert werden. "Wir sind dazu verdammt, die Energiewende zum Erfolg zu führen. Wind und Sonne sind dabei das Rückgrat." Die Veränderung beginne in den Dörfern und Gemeinden, den "Keimzellen der Demokratie".

Der Anteil der Windkraft an der Stromproduktion müsste in Bayern vier Mal so hoch wie jetzt sein, sagte Hartmann. Er bedauere es, dass 2018 wegen der Flaute in der Windkraftbranche Tausende Arbeitsplätze verloren gegangen seien. Vor Jahren war bereits die deutsche Solarbranche wegen billigerer Konkurrenz vor allem aus China unter die Räder gekommen. Fehler dürften sich nicht wiederholen. Wie Forsterns Bürgermeister Georg Els (FW) forderte er Änderungen bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel Vorrangflächen für Windkraftanlagen. Wie Hessen könnte Bayern zwei Prozent der Fläche dafür ausweisen.

Die Solarenergie sei in Bayern zwar bereits gut ausgebaut, dennoch müsse die Leistung aus Sonnenenergie verdreifacht werden. Nur Sonnenenergie und Windkraft stünden unbegrenzt zur Verfügung, Biomasse - sie trägt Hartmann zufolge zehn Prozent bei - sei zwar die hochwertigste Form der erneuerbaren Energie. Aber die Flächen seien begrenzt und der Betrieb der Anlagen arbeits- und kostenintensiv. Monokulturen mit Maisanbau für Biogasanlagen seien zudem problematisch. Bioenergie sei aber speicherbar, Landwirte könnten deshalb einen guten Beitrag zur Energiewende leisten. Die Landwirtschaft spiele bei der Energiewende eine Rolle, sagte er zu BBV-Kreisobmann Jakob Maier.

Der Umbruch und die bedrohten Arbeitsplätze in der Autobranche sei eine Herausforderung, sagte Hartmann. Er sei aber überzeugt davon, dass Ingenieure Lösungen für zukunftsfähige, saubere und serienreife Autos finden werden. Er habe zwar kein Auto und sei mit der Bahn angereist (und in Markt Schwaben am Bahnhof abgeholt worden), doch sei den Grünen klar, dass im ländlichen Bereich nicht auf das Auto verzichtet werden könne. Um das zweite Auto einer Familie einsparen zu können, müssten die Bahn- und Busverbindung auch in kleinere Orte verbessert werden. Auch ein simpleres Tarifsystem wäre nötig. Das koste viel Geld, das zu Lasten des teuren Straßenbaus umgeschichtet werden sollte. Ganz wichtig ist Hartmann der Ausstieg aus der Atomkraft und das Abschalten der Kohlekraftwerke. Als Siebenjähriger erlebte er 1986 die Auswirkungen in Bayern nach dem Super-GAU in Tschenobyl: Plötzlich durfte Gemüse aus dem Garten und Milch vom Bauern wegen des radioaktiven Regens über Bayern aus der Tschernobyl-Wolke nicht mehr gegessen und getrunken werden. Er sei froh, dass 2022 die letzten Atomkraftwerke in Bayern abgeschaltet werden. Auch Kohlekraftwerke sollten ins Museum der Industriegeschichte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: