Baseball-Kappen, Bomberjacken und Sweatshirts:Aus Rotstein wird Redstone

Baseball-Kappen, Bomberjacken und Sweatshirts: Einen Kleiderladen für Jugendliche haben Martina Petz und Johannes Woll im Untermarkt eröffnet.

Einen Kleiderladen für Jugendliche haben Martina Petz und Johannes Woll im Untermarkt eröffnet.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Coronakrise trotzend eröffnen Martina Petz und Johannes Woll ein Streetware-Geschäft in Wolfratshausen

Von Sebastian d'Huc, Wolfratshausen

Wenn die Ladenfläche klein ist, kommt es umso mehr darauf an, wirklich nur die passenden Produkte zu führen. Aus diesem Grund haben Martina Petz und Johannes Woll, bevor sie den Jugendbekleidungsladen "Redstone" am Untermarkt in Wolfratshausen eröffneten, erst einmal eine Markterkundung durchgeführt. Per Online-Umfrage eruierten sie, wie die Gewohnheiten von Jugendlichen beim Kleiderkauf seien - wo sie kaufen, welche Marken ihnen wichtig sind, wie viel sie ausgeben. Von den rund 150 Personen, die sich beteiligten, kauften rund 45 Prozent ihre Kleidung in München, etwa gleich viele bevorzugten das Internet, während eine Minderheit in Outlet-Stores ihr Geld ausgab. Fast 90 Prozent bezeugten jedoch ihre Bereitschaft, auch lokal einzukaufen - wenn das Angebot stimme.

Diese Erkenntnis ermutigte die beiden zur Ladengründung. Seit dem 2. Juni erhält man im Untermarkt 14 Markenklamotten im Streetware-Stil, etwa von "Champion" und "Alpha Industries", und kann bei Deutschrap-Beschallung auf den Europaletten-Sofas sitzen. Der Ort soll zum Verweilen einladen. An den Wänden hängen Baseball-Kappen und Bomberjacken - in industriell aussehenden Regalen liegen Sweatshirts und Jogginghosen ordentlich gefaltet, sodass bloß der Markenname zu sehen ist. Der Name "Redstone" ist eine Anglifizierung des Namens des letzten Ladenbesitzers Rotstein, der fast dreißig Jahre lang Jeans verkaufte - auch an die damals noch heranwachsende Martina Petz.

Die Eröffnung des Geschäfts gestaltete sich wegen der Corona-Krise ausgesprochen schwierig. So waren die Mitarbeiter des Gewerbeamtes nicht im Dienst, die Beamten des Finanzamts schwer zu erreichen, die Angestellten der Bank vor lauter Kreditanträgen überfordert. Dass sie sich "während des gesamten Prozesses auf die Hinterbeine stellen mussten", wie Woll es sagt, hielt die beiden Geschäftspartner und Freunde nicht von der Gründung ab; schließlich meinen sie, eine große Marktlücke entdeckt zu haben. "Es gibt im Umkreis von 30 Kilometern keine Kleidungsläden, die für Jugendliche wirklich attraktiv sind." Wenn die beiden es schaffen, einen substanziellen Anteil ihrer Zielgruppe für das Geschäft zu begeistern, könnte der Plan aufgehen: Der Citymanager von Wolfratshausen, Stefan Werner, zitiert aus der Kommunalstatistik und gibt die Zahl der 15- bis 30-Jährigen mit knapp 3000 an.

Ein Markt mit Potenzial also. Petz und Woll, die sich bereitwillig auch mit Vornamen ansprechen lassen und junggeblieben wirken, kennen die Region bestens, sie sind in Wolfratshausen und Münsing aufgewachsen. Sie erinnern sich, dass in ihrer Jugend in den 1980er und 1990er Jahren Wolfratshausen ein blühendes Städtchen war, in dem alle Einkaufsbedürfnisse befriedigt wurden und die Stadtjugend mit dem "Sound" am Obermarkt oder mit der Tanzschule Müller, die damals noch wöchentlich Tanzpartys veranstaltete, noch echte Treffpunkte hatten.

Vieles davon hat sich verändert, nicht nur wegen der Digitalisierung und des Online-Versandhandels. Auch das Interesse an lokalen Läden habe sich zugunsten von großen, städtischen Einkaufszentren reduziert, so Woll. "Aber da gibt es immer Trends und Gegentrends, und wir glauben, dass zurzeit ein Gegentrend zurück zur Lokalisierung erkennbar wird, auch dank Corona."

Die Gründung von "Redstone" war den beiden ein Herzensanliegen - sie wollten zur wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Heimat beitragen, statt nur den vermeintlichen Verfall zu beklagen. Erfahrungen im Fashion-Einzelhandel bringen beide nicht mit, dafür in anderen Bereichen: Martina Petz arbeitete bislang im Logistikbereich und in der Kreativbranche, Johannes Woll war im Strategiebereich und als Eventmarketer tätig. Ihre Nichten und Kinder, durchaus im Zielgruppenalter des Ladens, begeistern sich für das Projekt und werben kräftig im Freundes- und Bekanntenkreis. Nichtsdestoweniger ist es derzeit schwierig, die Bekanntschaft des Ladens zu erhöhen: "Im Jugendbereich sind die größten Werbeeffekte durch Mundpropaganda erzielbar. Da im Moment die meisten nur eingeschränkt zur Schule gehen können, sind die Kleidungsstücke, die sie kaufen, weniger sichtbar, und die Mundpropaganda sehr eingeschränkt", meint Woll.

Trotzdem sind die beiden mit der ersten Resonanz nach zwei Wochen zufrieden: "Die Umstände für eine Ladengründung sind schwierig, aber wir können sagen: Wenn das Interesse auch nur konstant bleibt, können wir recht zufrieden sein."

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