Gastronomie:Wenn die Bäckerei zur Lounge wird

Bäckerei-Chef Franz Höflinger im neuen Laden am Kurfürstenplatz.

Jede Filiale sieht anders aus, je nach Umgebung. Mittendrin: Bäckerei-Chef Franz Höflinger im neuen Laden am Kurfürstenplatz.

(Foto: Robert Haas)

Die Höflinger-Müller-Gruppe macht aus ihren Filialen neuerdings kleine Gastrotempel. Jede soll anders aussehen.

Von Franz Kotteder

"Man kann so einen Laden natürlich deutlich günstiger einrichten", sagt Franz Höflinger. Stimmt, die vielen Backshops in der Stadt machen es ja schließlich vor: Stehtische aus Resopal, Schinken-Käse-Sandwich und ein Kaffeevollautomat tun es auch. Davon will sich ein Münchner Traditionsbäcker absetzen, das ist verständlich. Aber gleich so?

Bei Höflinger spricht man gerne davon, "die besten Brezen der Stadt" zu backen, wobei die Meinungen da auseinandergehen, wie immer in Geschmacksfragen. Man will auch nichts hören von Massenware - ein Verdacht, der natürlich schon mal aufkommen könnte. Schließlich hat man in München und Bayern um die 130 Filialen, hat nach dem Lebensmittelskandal von 2012 um die Neufahrner Großbäckerei Müller-Brot und der daraufhin folgenden Insolvenz die Bäckereikette Müller mit übernommen und neu ausgerichtet. Nun wollen die Höflingers eben auch ein ganz neues Gesicht für ihre Bäckereifilialen haben. Und das lassen sie sich was kosten.

Es geht verstärkt in Richtung Gastronomie und hin zur Individualität. Einen ersten Prototyp hatte man bereits vor zweieinhalb Jahren mit dem Café H Fünf in den Fünf Höfen ausprobiert, offenbar mit gutem Erfolg. Vor kurzem eröffnete in der Schellingstraße 17 im ehemaligen Antiquariat Heinrich Hauser - das Firmenschild ließ man bewusst an seinem Platz - so eine moderne Bäckerei mit Café: sehr studentisch, mit einer Steckdose an jedem Tisch, damit die jungen Studis ihre Laptops anschließen können, mit gebrauchten Vintage-Möbeln und einem Büchertauschregal, als Reminiszenz an den jahrzehntelangen Vormieter der Geschäftsräume.

Vor knapp zwei Wochen eröffnete dann am Kurfürstenplatz die komplett umgestaltete Müllerfiliale, wieder ganz anders, und auch vom Speisenangebot angepasst an die Schwabinger Kundschaft. "Wir arbeiten vor allem mit nachhaltigen Rohstoffen", sagt Jil Boßlet vom Marketing der Höflinger-Gruppe, "vorwiegend aus Bayern, aber es gibt auch Sandwiches mit Hummus und Avocado." Das Münchner Start-up Noar mit seinem "Coldbrew"-Kaffee ist vertreten, es gibt frisch gepresste Säfte. "Die Eier kommen von unseren Betriebshühnern aus Niederbayern", sagt Boßlet. Richtig Bio und freilaufend, die Glücklichen. Der Clou aber ist die große, chromblitzende Reneka-Kaffeemaschine, Modell Atalanta, von der werden pro Jahr nur um die zehn Stück produziert. Siebträgermaschinen werden überhaupt der Standard in den Müller- und Höflinger-Filialen, so das Ziel. Bedient werden sie von ausgebildeten und geprüften Baristi und Bariste, da lässt man sich nicht lumpen.

Man sieht: Brezen, Semmeln und ein paar süße Stückchen - damit kann auch eine Großbäckerei mit vielen Filialen nicht mehr gegen die Konkurrenz der Supermärkte ankämpfen. Folgerichtig sagt auch Franz Höflinger: "Wir wollten diesen Kettencharakter bewusst nicht haben." Je nach Standort soll die Bäckerei der Marke Höflinger und Müller künftig anders aussehen. "Wir richten die Filialen so ein als wären wir selber Kunde", sagt Höflinger, "und hoffen, dass wenn wir uns wohlfühlen sich auch der Kunde wohlfühlen wird."

Die Kundschaft soll sich von morgens bis abends versorgt fühlen, lautet das Credo, und das führt etwa im Univiertel dazu, dass das ehemalige Antiquariat jetzt an den Wochenenden bis 23 Uhr auf hat und sogar Alkohol führt. Normalerweise ist um 20 Uhr Schluss. Aber wenn es sich von der Kundschaft her anbietet - warum nicht? So wird die Bäckereifiliale schon mal zur Lounge, denkbar ist vieles. Und man sieht Franz Höflinger direkt an, dass es dem 52-Jährigen Spaß macht, an den Konzepten für einzelne Filialen zu basteln. Lässt er da vorher Spezialisten ran, die den Markt in einzelnen Vierteln sondieren und Marktforschungsstudien erstellen, so wie das andere Unternehmen machen? Da grinst er nur und schüttelt den Kopf: "Marktforschung mache ich eigentlich schon seit 52 Jahren."

Zur SZ-Startseite

Café Madam Anna Ekke
:Frühstück unter dem Auge des Waschbären

Shakshuka und Acai-Bowls, Sonnenterrasse und Kunst an der Wand - das neu eröffnete Café Madam Anna Ekke weiß im Glockenbachviertel zu punkten.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: