Serie "Arbeiten nach Corona":Wenn der Rücken streikt

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Manchmal muss auch die Couch herhalten, nicht jeder hat ein eigenes Arbeitszimmer.

(Foto: imago images; Bearbeitung SZ)

Arbeitgeber müssen die Gesundheit ihrer Beschäftigten sichern. Dazu gehört auch ein ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz im Home-Office. Aber was heißt das überhaupt?

Von Sibylle Haas

In der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie gut Büromenschen ihren Job im Home-Office ausüben können. Seit Monaten arbeiten viele daheim, ein Großteil erledigt die Aufgaben am Esstisch oder vom Sofa aus. Doch ist das in Ordnung? Wie müssen Arbeitsplätze im Home-Office eigentlich aussehen? Und welche gesetzlichen Regeln gibt es dafür?

Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit spielen für viele Heimarbeiter zunächst keine Rolle. Für die meisten sind arbeits- und steuerrechtliche Fragen wichtiger oder sie wollen wissen, ob der Arbeitgeber die Kosten für Strom, Internet, Telefon und Heizung übernimmt. Erst wenn ein Unfall im häuslichen Umfeld passiert oder der Rücken wehtut, geht es um den Arbeitsschutz.

"Dabei gelten für Arbeitnehmer, die in ihrer häuslichen Umgebung tätig sind, auch alle arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften wie für Beschäftigte im Betrieb des Arbeitgebers", sagt Kerstin Gröne, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Köln. Das wichtigste Grundlagengesetz für den betrieblichen Arbeitsschutz ist das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Es wird durch eine Reihe von Verordnungen konkretisiert, die die Anforderungen an die Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsabläufe vorgeben. Dazu gehört vor allem die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV).

Zentrale Säule des Arbeitsschutzes ist die Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung. Denn er hat die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten durch geeignete Maßnahmen (organisatorisch, technisch, persönlich) zu sichern und zu verbessern. Und muss dafür die psychischen und physischen Belastungen ermitteln. "Hier entstehen die praktischen Schwierigkeiten", sagt Gröne. "Der Arbeitgeber hat kein Zugangsrecht zur Wohnung des Arbeitnehmers, da die Unversehrtheit der Wohnung vom Grundgesetz garantiert wird."

Dennoch dürfe es sich der Arbeitgeber nicht zu einfach machen. Er müsse die Arbeitnehmer über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz detailliert informieren. "Er tut gut daran, eine Begehung und Bewertung des Home-Office-Arbeitsplatzes anzubieten, um seiner Kontrollpflicht nachzukommen", empfiehlt Gröne. Die Arbeit vom Sofa aus, müsste er dann jedenfalls rügen. Denn je länger und je regelmäßiger im Home-Office gearbeitet wird, desto wichtiger ist ein ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz, heißt es bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA).

Bei beruflichen Tätigkeiten, egal an welchem Ort, ist man gesetzlich unfallversichert

Dazu gehören externe Bildschirm- und Eingabegeräte, wie Maus und Tastatur. Außerdem müssten Schreibtisch und Stuhl an die Körpergröße angepasst werden, um das Arbeiten mit ungesunden Körperhaltungen, etwa auf der Couch zu vermeiden. Bildschirme und Schreibtisch sollten zudem seitlich zum Fenster positioniert werden, damit Blendungen vermieden werden.

Viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fragen sich auch, ob sie gesetzlich unfallversichert sind, wenn sie daheim arbeiten. Grundsätzlich gilt: Bei beruflichen Tätigkeiten, egal an welchem Ort, ist man gesetzlich unfallversichert. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung erklärt dies an einem Beispiel: "Fällt eine Versicherte die Treppe hinunter und verletzt sich dabei, weil sie im Erdgeschoss die unterbrochene Internetverbindung überprüfen will, die sie für die dienstliche Kommunikation benötigt, wäre dieser Unfall versichert. Fällt sie hingegen die Treppe hinunter, weil sie eine private Paketsendung entgegennehmen will, wäre dies nicht versichert. Denn eigenwirtschaftliche - das heißt private - Tätigkeiten sind auch im Büro grundsätzlich nicht gesetzlich unfallversichert."

Das Thema Home-Office steht auch auf der Agenda der Bundesregierung. Mobiles Arbeiten soll durch einen rechtlichen Rahmen gefördert und erleichtert werden. "Wir erwarten, dass das Gesetz zu einem Recht auf Home-Office wie angekündigt im Herbst kommt und klare Regeln zum Schutz der Beschäftigten und gegen die gefährliche Entgrenzung der Arbeit im Home-Office schafft", sagt DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. "Was nicht geht, ist die vollkommene Willkür und der Wildwuchs, den es durch die Corona-Pandemie beim Home-Office auch gegeben hat und immer noch gibt. Deshalb sind neben den betrieblichen Regelungen, die im Idealfall den Rahmen für die Arbeit von Zuhause setzen, auch gesetzliche Regeln wichtig", fordert die Gewerkschafterin.

Am Donnerstag, 13. August, lesen Sie: Warum Firmen Detektive anheuern. Alle Folgen der Serie gibt es online unter: SZ.de/arbeitennachcorona.

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