Corona-Tests:An der Grenze

Coronavirus - Corona-Abstrichstelle Heilbronn

Es ist höchste Zeit, die Zahl der Tests, die ohne jeden Verdacht getätigt werden, einzuschränken.

(Foto: dpa)

Die Labore sind seit Wochen überlastet. Höchste Zeit, dass die Kapazitäten überall geschont werden - auch in Bayern.

Kommentar von Berit Uhlmann

Testen, testen, testen: Für die Beschäftigten in den Laboren Deutschlands mag diese Aufforderung der Politik mittlerweile wie Hohn klingen. Woche für Woche steigt die Zahl der Proben zur Corona-Diagnostik, die in den Laboren ankommt. Die Mitarbeiter sind ausgelaugt, sie sorgen sich darum, dass ihre Geräte im Dauereinsatz ebenfalls überlastet werden, und auch das Material wird oft knapp: Abstrichtupfer, Chemikalien, Pipettenspitzen - irgendetwas fehlt immer.

Die Kapazitäten der Labore seien bundesweit zu 100 Prozent ausgeschöpft, heißt es aus der Branche. Empfohlen wird eine Auslastung von 80 Prozent, damit Reserven bleiben - für größere Ausbrüche, für Unvorhergesehenes. Damit Labore einspringen können, wenn woanders ein momentaner Engpass herrscht.

Doch mittlerweile ist auch dieser Spielraum ausgereizt. In den Laboren stauen sich immer mehr unbearbeitete Proben. Testresultate können dadurch erst mit Verzögerung ausgeliefert werden. Ein Testergebnis aber, das erst nach einer Woche oder später beim Infizierten ankommt, ist nutzlos. Wenn erst dann die Suche nach Kontakten beginnt, ist es viel zu spät. Innerhalb einer Woche können Kontaktpersonen, die jemand infiziert hat, schon wieder andere Menschen angesteckt haben. Das Virus wäre dann zwei Schritte voraus.

In Bayern dürfen sich noch immer alle testen lassen, die lediglich ihre Neugier stillen wollen

Das Berliner Robert-Koch-Institut hat daher die Kriterien für die Corona-Tests verschärft. Auch vor dem Hintergrund der beginnenden Erkältungs- und Grippesaison soll nun weniger, dafür aber gezielter auf Sars-CoV-2 getestet werden. In Bayern dagegen scheint man von all dem seltsam ungerührt zu bleiben. Noch immer dürfen sich selbst jene testen lassen, die lediglich ihre Neugier stillen, die mitreden wollen oder sich einfach nur nach einem Gefühl der Sicherheit sehnen.

Zwar kündigte Ministerpräsident Markus Söder an, die Strategie des Freistaats zu überdenken. Zugleich aber verteidigte er die freien Tests als Service für die Bürger, denen der Staat schließlich viel zumute. Eine Laboruntersuchung aber ist kein Mittel, jede kleine Sorge zu zerstreuen. Vor allem aber ist sie kein Freifahrtschein für ein möglichst buntes Sozialleben. Denn die Sicherheit, die ein negatives Testergebnis vermittelt, ist trügerisch. Ein solches Resultat ist nicht sehr zuverlässig und es ist ohnehin nur eine Momentaufnahme. Gerade wenn das Virus heftig zirkuliert, kann sich der frisch Getestete schon einen Tag später infizieren.

Aus Söders Überlegungen kann daher nur ein vertretbares Ergebnis hervorgehen: Es ist höchste Zeit, diese Vergeudung von Ressourcen zu stoppen, und die Zahl der Tests, die ohne jeden Verdacht getätigt werden, einzuschränken. Die Abstriche sollten jenen vorbehalten bleiben, die sie dringend benötigen. Das sind in erster Linie Menschen, die sehr wahrscheinlich infiziert sind und rasch isoliert werden müssen. Auch gefährdete Menschen sollten Vorrang haben, damit Ärzte eine Sars-CoV-2-Infektion möglichst schnell erkennen, beobachten und gegebenenfalls behandeln können. Ebenso müssen Menschen getestet werden, die häufig in Kontakt zu den sogenannten Risikogruppen kommen.

Für alle anderen aber gilt: Die größte Sicherheit bietet in diesen Zeiten der rasant steigenden Infektionszahlen eine andere Strategie. Und die heißt: Kontakte meiden, so hart es auch ist.

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