Alte Mühle in Bruck:"Wir denken nicht daran, die Tiere zu töten"

Regina Peter PFERDE Bruck

Regina Peter und ihr Team kümmern sich um 30 Pferde. Begonnen haben sie im Jahr 1990.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Gnadenhof in Bruck kämpft erneut um seine Existenz. Helfen sollen nun kreative Mitarbeiter und Spender - darunter ein Kreispolitiker.

Von Korbinian Eisenberger, Bruck

Das neueste Angebot trägt den Namen "Möhren-Abo" und ist so etwas wie eine Fernfütterung auf Probe. Im Gegensatz zur Jahrespatenschaft geht das Möhren-Abo ein Vierteljahr und kostet insgesamt 30 Euro. Der Abonnent sucht sich ein Tier aus und bekommt eine aufklappbare Karte mit dem Foto des Pferdes und einem Zusatz, etwa "Ulrike für Bambi". Die Initiatoren des Projekts hoffen auf möglichst viele Ulrikes, ganz egal, wie sie heißen. "Wenn ich schon keine Reitstunden und Kindertherapie mehr anbieten kann, dann biete ich halt was anderes", sagt Regina Peter. 1990 hat sie den Gnadenhof gegründet. Nun, nach 30 Jahren, kämpfen sie und ihre Mitarbeiter um den Fortbestand.

In Pandemie-freien Zeiten finanziert sich der Gnadenhof Alte Mühle weitestgehend selbst. Um die 200 Kinder kommen jede Woche in die Gemeinde Bruck, zum Reiten, Streicheln und Lernen. Mit dem zweiten harten Lockdown muss das Team von Regina Peter auf sämtliche Kurse verzichten. Eigentlich hatten sie gehofft, die Corona-bedingten Ausfälle des Frühjahrs und Sommers durch außerplanmäßige Angebote im Winter zu kompensieren. Dieser Plan ist mit den neuen Infektionsschutzbestimmungen geplatzt. Obendrein wurden dem Gnadenhof - auch aus Gründen der Pandemie - Förderungen von Geldgebern gestrichen. Die große Frage: Wie geht es nun mit den drei Katzen, den vier Hunden, den je zwei Schafen und Schweinen weiter? Und vor allem: Was geschieht mit den 30 Pferden?

Alte Mühle in Bruck: Für "Bella" hat nun Robert Niedergesäß eine Patenschaft übernommen.

Für "Bella" hat nun Robert Niedergesäß eine Patenschaft übernommen.

(Foto: privat)

Ja, sagt Peter, "die Situation ist dramatisch". Doch ans Aufgeben denke weder sie noch ihre Mitarbeiter. Im Gegenteil. Das Team hat unlängst einen eigenen Youtube-Kanal aufgebaut. In einem der etwa vierminütigen Videos zeigt eine junge Mitarbeiterin, wie man es anstellt, ein Pferd aus dem Stall oder von der Koppel zu holen, ohne dass es ausbüchst oder andere Malheure passieren. Auf einer neuen Webseite kündigt die Leiterin Podcasts und PDFs an mit Lernmaterial für die Reitpraxis. Den äußersten Notfall, die Pferde mangels Nahrungsmitteln einschläfern zu müssen, werde ihr Team mit aller Kraft verhindern, sagt Peter. "Wir denken nicht daran, die Tiere zu töten", sagt sie. Aber: "Es geht jetzt nur noch mit Hilfe von anderen."

Regina Peter und ihre Mitarbeiter versuchen mit kreativen Lösungen Zugang zu den Menschen zu bekommen, die sich und den Tieren in nächster Zeit nicht näher kommen dürfen. Peter erklärt, dass sie auf Reaktionen und die Bereitschaft zum Mitmachen angewiesen sind, weil der Betrieb andernfalls nicht mehr lange aufrechtzuerhalten ist. Fünf feste und zehn ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen Regina Peter bei ihrer Arbeit.

Für jedes Pferd fallen am Tag Kosten von 20 Euro an, was auf den Monat hochgerechnet eine hohe Summe ergibt. "Unsere Pferde sind eben Senioren", sagt Peter. Die Betreuung ist deutlich aufwendiger als bei einem jungen gesunden Pferd: Weil die Zähne meist beschädigt sind, brauchen sie ihr Futter dreimal am Tag in eingeweichtem Zustand. Viele Besuche des Tierzahnarzts stehen auf dem Programm, besondere Medikamente, es braucht hochwertige Pferdedecken.

Das älteste Pferd ist fast so lange dabei wie die Gründerin selbst. Die 61-Jährige erzählt, wie das Pony "Lusty" im Dezember 1990 aus einem Tierheim den Weg in die Alte Mühle fand. "Lusty war damals zehn Monate alt" und erlebt nun seinen 30. Winter. So hat jedes Tier seine eigene Geschichte, auch die 20 Jahre alte "Bella", die als junges Pferd ein Auge verloren hat.

Diese Geschichte erzählt ein Mann, der am Mittwochvormittag in Bruck vorbeigeschaut hat und eine Patenschaft für Bella übernommen hat. Der Mann heißt Robert Niedergesäß und ist im Landkreis Ebersberg als der dortige Landrat bekannt. Für das kommende Jahr spendet Niedergesäß - nicht aus der Kreiskasse sondern ganz privat. Er hat sich für ein Komplett-Abo entschieden, 120 Euro für ein ganzes Jahr. Jetzt wird er regelmäßig über das Befinden seines Tiers informiert. Er spende dafür, "weil das eine besondere Einrichtung im Landkreis ist", sagt der Privatmann Niedergesäß. Er höre "von vielen Familien, dass sie davon profitieren". Und so wird auch er ein Karterl bekommen auf dem dann "Robert für Bella" steht.

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