Fox News und die US-Klimapolitik:Das große Burger-Desaster

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Nur noch ein Burger pro Monat? Eine solche Forderung löst in den USA Empörung aus - obwohl sie gar nicht gestellt wurde.

(Foto: imago images/Panthermedia)

Wie Fox News seinen Zuschauern - als alles schon zu spät ist - erklären muss, dass Joe Biden ihnen ihre Burger doch nicht wegnehmen will.

Von Thorsten Denkler, New York

Manchen Fox-News-Zuschauern dürfte am vergangenen Freitag vor Schreck das Rib-Eye-Steak im Hals stecken geblieben sein. Auf ihrem Lieblingssender wurde ihnen zur Lunch-Zeit eine bedrohliche Grafik zu Bidens angeblichen Rettungsplänen für das Klima serviert: Demnach wollte Biden von den US-Amerikanern verlangen, ihren Rindfleischkonsum um 90 Prozent zu reduzieren, suggeriert das Bild. Erlaubt seien dann nur noch gut zwei Kilo Rindfleisch pro Person und Jahr. Also maximal "ein Burger pro Monat".

Das Problem an der Geschichte ist: Biden hat in seinem durchaus ambitionierten Klimaplan mit keinem Wort auch nur angedeutet, den Fleisch- oder überhaupt den Konsum von Lebensmitteln einschränken zu wollen. Die Geschichte ist frei erfunden.

Der Fall erinnert an den Skandal um die angebliche Veggie-Day-Forderung der Grünen im Bundestagswahlkampf 2013. Aus dem Vorschlag, in Kantinen regelmäßig einen fleischfreien Tag anzubieten, machte die Bild-Zeitung damals: "Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten!" Ein Fleischverbot aber hatten weder die Grünen damals noch Joe Biden heute im Sinn.

Am Montag hat Fox-News-Moderator John Roberts in seiner Sendung America Reports den Fehler eingeräumt. Er war es, der drei Tage zuvor seinen entsetzten Zuschauern Bidens angebliche Burger-Doktrin präsentiert hatte. Jetzt sagt er: "Die Grafik hat fälschlicherweise unterstellt, dass eine Reduzierung des Fleischkonsums Teil des Klimaplans von Biden ist. Das ist nicht der Fall."

Bis dahin aber hatte Fox den Burger-Skandal in praktisch jeder seiner Sendungen thematisiert. Loyale Weggefährten des früheren Präsidenten Donald Trump wurden eingeladen, sich über das vermeintliche Fleischverbot zu ereifern. Larry Kudlow etwa, Trumps oberster Wirtschaftsberater, prophezeite, die US-Amerikaner dürften künftig am 4. Juli, dem nationalen Grill- und Unabhängigkeitstag, nur noch "pflanzenbasiertes Bier und gegrillten Rosenkohl" essen. Was die Frage aufwirft, wo es das auf Fleisch basierte Bier zu kaufen gibt, das Kudlow offenbar trinkt.

Trump Jr.: Zwei Kilo Rindfleisch an einem Tag

In den sozialen Medien wird das Burger-Verbot zum Trend-Thema. Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, twittert die Fox-News-Grafik mit dem Hinweis: "Das wird in Texas nicht passieren!" Die republikanische Kongressabgeordnete und Trump-Loyalistin Lauren Boebert twittert: "Warum hält sich Joe nicht aus meiner Küche heraus?" Trumps Sohn Donald Trump Jr. brüstet sich damit, "ziemlich sicher" allein am Vortag zwei Kilogramm Rindfleisch gegessen zu haben. Gesund ist das nicht. Gefällt aber mehr als 33 000 Nutzern.

Ex-Präsident und Fast-Food-Fan Donald Trump würde es wahrscheinlich nicht überleben, wenn er nur einmal pro Monat seinen Burger bekäme.

Nur ein Burger pro Monat? Ex-Präsident und Fast-Food-Fan Donald Trump würde das wahrscheinlich nicht überleben. Aber tatsächlich fordert auch niemand solche Vorschriften.

(Foto: Susan Walsh/DPA)

Neben Präsident Biden wurden auch Wissenschaftler der University of Michigan von den Burger-News überrascht. Als Quelle für die irreführende Grafik, die seit Freitag millionenfach in den sozialen Medien geteilt wurde, nennt Fox News ihre Universität. Deren Agrar-Forscher haben zwar tatsächlich im Januar 2020 eine Studie zur Frage des Zusammenhangs von Ernährung und Klimagas-Emissionen veröffentlicht. Mit Bidens Klimaplänen aber hat die Studie nichts zu tun.

Es war das britische Revolverblatt Daily Mail, das vergangenen Donnerstag die Studienergebnisse mit Bidens Klimapolitik in Verbindung brachte - pünktlich zum Auftakt des ersten Klimagipfels unter Bidens Führung. Die Überschrift des Artikels lautete: "Wie Bidens Klimaplan dazu führen könnte, dass Sie nur noch einen Burger pro Monat essen."

In dem Artikel wird ebenfalls eine Grafik gezeigt. Illustriert mit einem saftigen Doppel-Cheese-Burger steht dort, was "nötig wäre", um Bidens Klimaziele zu erreichen. Nämlich 90 Prozent weniger Rindfleisch-Konsum. Das war gerade noch korrekt zugespitzt. Der Sender Fox News aber hat das dann in seiner Grafik in "Bidens Anforderungen" umgedichtet - also so getan, als sei das Burger-Verbot längst beschlossene Sache.

Die Biden-Regierung hatte noch versucht, der Falschmeldung entgegenzuwirken. Bidens Stabschef Ronald Klain verbreitete auf Twitter einen CNN-Faktencheck mit dem Titel: "Nein, Biden versucht nicht, die Amerikaner zu zwingen, weniger rotes Fleisch zu essen." Aus dem Weißen Haus wurden Archivbilder verschickt, auf denen Biden mit großer Begeisterung Burger-Patties brät.

Joe Biden im Wahlkampf 2019 an einem Grill in Des Moines, Iowa.

Joe Biden im Wahlkampf 2019 an einem Grill in Des Moines, Iowa.

(Foto: Charlie Neibergall/AP)

Aber das ist alles eher ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Fox News hat den Fehler zwar eingeräumt. Die Geschichte wird dennoch auf kommenden Grillfesten Gesprächsthema sein. Das ist das Dilemma, das solche Falschinformationen mit sich bringen, sagt der frühere Obama-Berater Dan Pfeiffer in der Washington Post: "Wenn du darauf reagierst, riskierst du, der Geschichte zusätzlichen Sauerstoff zu geben."

Im Restaurant des Weißen Haues, der "White House Mess", ist der Burger übrigens noch auf der Karte. Zum Schnäppchenpreis. Den "West Wing Burger" mit Salat, Tomaten, Zwiebeln und eingelegter Gurke gibt es Berichten nach für sieben Dollar. Und für einen Dollar mehr auch mit Käse.

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