Politik in München:Klimapaket soll vor Extremwetter schützen

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Der Stadtrat will ein teures Klimaschutzpaket schnüren, das bundesweit Maßstäbe setzt. Ein Beirat soll über die Entsiegelung von Flächen wachen oder Frischluftschneisen schaffen.

Von Thomas Anlauf

Katrin Habenschaden steht ganz oben, ihr Blick schweift über München. Fantastisch sei die Aussicht von hier auf die Stadt, sagt die Zweite Bürgermeisterin. Dort hinten natürlich die Frauenkirche, der Alte Peter ist ebenso zu sehen wie der Olympiaturm in der Ferne. Nur das Rathaus ist von der Dachterrasse des Werk 3 hinter dem Ostbahnhof nicht zu erkennen.

Dabei wird das, was Katrin Habenschaden an diesem Freitag gemeinsam mit Klimaschutz- und Umweltreferentin Christine Kugler gleich auf der sogenannten Stadtalm im Werksviertel verkünden wird, die Rathauspolitik der kommenden Jahrzehnte nachhaltig bestimmen. Der Stadtrat soll noch im Juli ein umfangreiches Klimaschutzpaket verabschieden. Damit "setzt München deutschlandweit neue Maßstäbe beim Kampf gegen den Klimawandel", sagt die Grünen-Politikerin.

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Das Klimapaket hat es in sich. Es sollen nun jedes Jahr - zunächst bis Ende 2026 - zusätzlich 100 Millionen Euro in Maßnahmen investiert werden, die zum Schutz vor Extremwetterereignissen beitragen, wie gerade in Nordrhein-Westfalen und Rheinlandpfalz, ebenso zur Regulierung des Stadtklimas und zur Reduzierung von CO₂-Emissionen. Dafür soll es erstmals ein eigenes Klimabudget geben. "Kommunen sind weltweit die Hauptverursacher von Treibhausgasen", sagt Habenschaden. "Ob wir die Klimakrise meistern, wird maßgeblich von der Entschlossenheit der Städte abhängen. München nimmt diese Verantwortung ernst - und dies in einer finanziell sehr angespannten Lage."

Doch das Geld sei sinnvoll angelegt: "Durch jeden Euro, den wir heute in Klimaschutz investieren, ersparen wir uns wesentlich höhere Ausgaben in der Zukunft." Die 500 Millionen Euro, die bis Ende 2026 im Haushalt eingeplant werden sollen, sind zusätzlich zu den bisherigen 80 Millionen Euro jährlich, die für Klimaschutzmaßnahmen reserviert sind.

Mit dem Geld allein ist es allerdings nicht getan, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, dass München bis 2035 klimaneutral wird und zugleich dem Klimawandel mit Anpassungsstrategien wie Dachbegrünungen, Straßenumbau und mehr unversiegelten und bepflanzten Flächen zu begegnen. Deshalb soll auch München als erste deutsche Kommune eine eigene Klimasatzung erhalten, die einen verbindlichen Rahmen für ein klimafreundliches Handeln bietet.

Im Juli soll das Klimapaket vom Stadtrat verabschiedet werden

Dazu soll auch ein Klimarat mit dem Status eines Beirats geschaffen werden. Er soll aus 13 Teilnehmern bestehen, darunter nicht nur die Stadtspitze und Stadträte, sondern auch Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Klimaschützer aus der Fridays-for-Future-Bewegung. "Die Stadt übernimmt hier eine Vorbildfunktion", sagt Klimaschutzreferentin Christine Kugler. Mit der Einführung einer "Klimaprüfung" könnten zudem Stadtratsbeschlüsse hinsichtlich ihrer Klimarelevanz bewertet werden, so Kugler.

Denn das Ziel der Klimaneutralität Münchens bis 2035 "bedeutet nicht nur einen minimalen Ausstoß von Treibhausgasen. Es bedeutet auch ein verträgliches Stadtklima, eine hohe Luftqualität, weniger Abgase und Lärm und damit auch mehr Lebensqualität", sagt die Referentin. "Mit unserem Klimapaket 2021 sorgen wir dafür, dass der Klimaschutzgedanke in der DNA der Münchner Stadtverwaltung verankert wird und definieren dafür in fünf Handlungsfeldern Leitsätze."

Ein zentrales Feld sind Wärme, Kälte und Strom in der Stadt: Dabei wird der Einsatz von Wärmepumpen in Stadtquartieren eine wichtige Rolle spielen, demnächst wird auch eine Photovoltaik-Dachagentur eingerichtet. Außerdem wird gemeinsam mit dem Planungs- und dem Mobilitätsreferat die Mobilitätswende umgesetzt werden. Schließlich sollen bis 2025 mindestens 80 Prozent aller Wege innerhalb der Stadt mit abgasfreien Kraftfahrzeugen, öffentlichem Nahverkehr sowie per Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden.

Große Bedeutung werden Maßnahmen zur Klimaanpassung zukommen: die Entsiegelung von Flächen, Baumpflanzungen, der Erhalt oder die Schaffung von Frischluftschneisen und Maßnahmen gegen Überflutungen nach Starkregen. Letztlich geht es auch darum, Münchner Unternehmen stärker für Nachhaltigkeit und zirkuläre Ökonomie zu gewinnen. Bislang gibt es zwar einen Klimapakt mit den großen Firmen, aber nun sollen auch kleine und mittelständische Unternehmen mit ins Boot geholt werden. Und die Münchnerinnen und Münchner werden darin unterstützt, saisonale und regionale Lebensmittel zu konsumieren und ein nachhaltiges Leben zu führen.

Noch im Juli soll das Klimapaket vom Stadtrat verabschiedet werden. Nach der Sommerpause wird ein Klimagutachten vorliegen, worin dargestellt ist, wo München besonders stark auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren muss. Nach einem zweiten Grundsatzbeschluss des Stadtrats im Herbst kann es losgehen mit dem Start in eine klimaneutrale Stadt.

© SZ vom 17.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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