Klima in Freising:Gewappnet sein, wenn die Flut kommt

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Starkregenfälle werden sich laut Experten in Zukunft auch im Landkreis häufen. Andreas Becker vom Deutschen Wetterdienst empfiehlt gezielte Präventionsmaßnahmen.

Von Charline Schreiber, Freising

Der Klimawandel hat sich längst bemerkbar gemacht. Starkregenereignisse, wie zuletzt Ende August im nördlichen Landkreis Freising in der Marktgemeinde Au, hinterlassen massive Schäden. Forschende des Climate Service Center Germany (GERICS), einer Einrichtung des Helmholtz-Zentrums Hereon, haben jetzt "Klimaausblicke" für Regionen und Landkreise entwickelt, auch für den Landkreis Freising. Daraus geht hervor: Wenn weiterhin keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden, kann die Durchschnittstemperatur im Landkreis Freising bis Mitte des Jahrhunderts um bis zu 3,3 Grad Celsius steigen.

Extremwetter, Dürre und Starkregen wären neben wenigen Frosttagen und lang anhaltenden Hitzeperioden im Landkreis dann die Regel. Andreas Becker, Leiter der Abteilung Klimaüberwachung beim Deutschen Wetterdienst (DWD), empfiehlt darum, dass das Starkregen-Risikomanagement von Kommunen stark auf Prävention ausgerichtet sein müsse. "Wenn wir jetzt durch mangelnden Klimaschutz einen Klimawandel betreiben, dann bewegen wir uns letztendlich in einem Großexperiment, in dem wir die Klimazonen verschieben", sagt er.

Starkregenfälle seien Fluch und Segen zugleich, sagt Andreas Becker

Starkregen entstehe durch Konvektion, erläutert er, warme, feuchte Luft, die nach oben steige und sich während des Auftriebs wieder abkühle. Der Wasserdampf, der in der Luft enthalten sei, kondensiere dann zu Wasser und setze Wärme frei, die den Auftrieb verstärke. Starkregenfälle seien Fluch und Segen zugleich, betont Becker. Ein Segen seien sie für die Trink- und Süßwasserversorgung und insbesondere für die Landwirtschaft in den Kommunen. Die Bodenerosion, überlaufende Bäche, Flüsse und Abwasserkanäle aber seien für den Menschen eine Bedrohung. "Starkregen ist, wenn man damit umgehen muss, ein Präventionsproblem und weniger ein Warnproblem", sagt Becker.

Damit betroffene Bürger, die in Überschwemmungsgebieten leben, wissen, wie sie vor, während und nach dem Hochwasser handeln müssen, und ihnen stellt die Stadt Freising auf ihrer Webseite Übersichtskarten für Überschwemmungsgebiete zu Verfügung. Bürger, die sich mit ihren Häusern auf einem markierten Überschwemmungsgebiet befinden, können sich mit Hilfe einer Checkliste, die das Bayerische Landesamt für Umwelt erarbeitet hat, schützen.

Der Vorschlag von Kreisbrandrat Manfred Danner: "Ausgleichsflächen"

Es gilt als wahrscheinlich, dass sich extreme Wetterverhältnissen in Zukunft häufen werden. Ende August, als das Wasser in Au in Wohnhäuser hinein strömte, seien innerhalb von drei Minuten nach der Alarmierung die Feuerwehren zusammengekommen und kurz darauf am Einsatzort gewesen, erzählt Manfred Danner, Kreisbrandrat des Landkreises Freising. Für die Einsatzkräfte gelte dann nur noch die Beseitigung von Schäden und der Schutz der betroffenen Menschen. Den Regen aufhalten könne man nicht mehr, sagt Danner, aber man könne dafür sorgen, dass sich die Wassermengen erheblich reduzieren. Sein Vorschlag: "Ausgleichsflächen". Denn die versiegelten Flächen in Städten und Gemeinden führen dazu, dass das Wasser nur über die Oberfläche abfließen kann. Die Folge sei, dass das Wasser bei Starkregenereignissen nicht versickere und sich so schadensträchtige Sturzfluten bilden würden. Hochwasserrückhaltebecken könnten die vom Starkregen ausgehenden Wassermengen speichern und Wasser ableiten. Eine Idee der Stadtplanung ist das Konzept der "Schwammstadt". Der Begriff impliziert, dass Städte Regenwasser punktuell aufnehmen und speichern. Klimaexperte Becker erklärt, dass es darum gehe, den Niederschlag über einen längeren Zeitraum abzuführen, die Welle zu strecken. Flächen, die während eines Niederschlags nicht genutzt würden, wie Spiel- oder Sportplätze, könnten für den Zeitraum eines Starkregens genutzt und das Wasser im Anschluss abgeführt werden. Denn darum gehe es, den Schaden zu reduzieren und den Städten mehr Zeit zum Handeln zu verschaffen.

Dass es in den vergangenen Jahren immer häufiger Einsätze aufgrund von Extremwetterereignissen gab, bemerkt auch Freisings Kreisbrandrat Danner. Gesonderte Schulungen gebe es für die Feuerwehren wegen der Häufung der Starkregenfälle nicht. Die Grundausbildung decke das Vorgehen in solchen Extremsituationen umfangreich ab. Danner beobachtet aber, dass die Feuerwehr auch gerufen werde, wenn in Kellern das Wasser nur bis zu drei Zentimeter hoch steht. "Das ist kein Job für die Feuerwehr, das ist ein Job für den Putzlappen." An anderen Stellen fehlten diese Einsatzkräfte dann.

Die Feuerwehr muss wegen des Klimawandels immer öfter ausrücken

Für diesen Umstand gelte es die Bevölkerung zu sensibilisieren. Denn für die Feuerwehr bedeute der Klimawandel mit seinen Folgen, dass sie immer öfter ausrücken müsse und die Einsätze immer länger dauern würden. Es gelte, gut aufgestellt zu sein, während des akuten Flutereignisses, aber auch während der Aufräumarbeiten. Damit die Feuerwehr weniger gebraucht wird, empfiehlt Manfred Danner Anwohnern eines Überschwemmungsgebietes, Sandsäcke präventiv vorzubereiten, sodass diese schnell zur Hand seien, wenn sie benötigt würden.

Wasser dringe zudem oft über Lichtschächte in die Kellerräume ein. Häufig betroffene Häuser mit Hochwasserschutzfenstern auszustatten, könne Schlimmeres verhindern, so der Freisinger Kreisbrandrat.

© SZ vom 22.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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