Neuerscheinung:Beobachtungen eines Zugezogenen

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Florian Fritz verarbeitet seine Gedanken gerne in Gedichtform. Das Foto zeigt ihn mit seinem Buch "Ayinger Farbtupfer". (Foto: Claus Schunk)

Florian Fritz hat seiner Wahlheimat Aying ein Buch mit Gedichten und Fotos gewidmet. Es ist eine humorvolle, manchmal auch nachdenkliche Liebeserklärung in Versform.

Florian Fritz fühlt sich wohl in seiner Wahlheimat Aying, wo er 1993 als junger Mann angekommen ist und bis heute wohnt - einen Steinwurf von den drei Zentrumsheiligen Maibaum, Kirche und Biergarten entfernt. Aber fühlt sich der heute 54-Jährige wirklich angekommen? In seinem kürzlich fertiggestellten Foto- und Gedichtbuch "Ayinger Farbtupfer" gibt er Antworten auch darauf, mit spürbarem Augenzwinkern und in Versform. Es ist eine insgesamt humorige, teils auch nachdenkliche Liebeserklärung entstanden an die "weißblaueste aller bayerischen Gemeinden mit dem, unbestrittenermaßen höchsten Maibaum Bayerns, Deutschlands, nein, vermutlich der Welt", wie es im Klappentext des 128 Seiten starken Buches heißt.

In den 28 Jahren seiner Dorfmitgliedschaft hat der studierte Romanist, der heute als Sozialarbeiter tätig ist und ein Sachgebiet bei der Stadt München leitet, schon "1001 Plätze in und um Aying" kennengelernt, wie er sagt. Er kann sich inzwischen also einen Reim machen auf diesen schmucken Flecken Erde und die mitunter recht eigenwilligen Menschen hier, und nicht nur einen; 37 Verse hat er verfasst und jedem ein passendes Bild gegenübergestellt. Dass Fritz das Fotografieren beherrscht, das beweist der Deutsche Fotobuchpreis, den er schon einmal für ein anderes Werk gewonnen hat. Wer in "Ayinger Farbtupfer" blättert, wird auf einen Spaziergang durch die Gmoa mitgenommen und macht Halt etwa vor dem weltmeisterlichen Maibaum: "Der Maibaum steht recht prominent / vor dem Gasthof, an der Stelle / wo der Gast vorüberrennt / im Fokus schon das frische Helle" Oder er schaut von weitem auf die Ortsmitte: "Die Straße schwingt in weitem Bogen, / als sei sie an der Schnur gezogen, / durch das Dorf und durch die Mitte, / passiert dabei die Burschenhütte. / Sixthof, Pfarrhaus, Stüberlgarten / liegen da im Licht und warten".

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Und natürlich geht der in München geborene und in Hohenbrunn aufgewachsene Fotograf und Reimeschmied auch auf die ganze Prominenz ein, die der Ort schon bei sich hatte, etwa Putin, Stoiber, Kronprinzessin Viktoria oder den damaligen Bayern-Fußballer Philipp Lahm, der einst hier heiratete und dazu mit der Kutsche vorfuhr: "...und kreuzte Aying in der Kutsche. / Doch statt erwünschtem Durchgeflutsche / blieb die Kutsche ständig stecken. / Kids und Fans an allen Ecken / Dem Philipp fiel im Mittagslicht / sein nettes Grinsen vom Gesicht".

Florian Fritz hat bereits mehrere Reiseführer geschrieben und bebildert und auch schon einmal einen Gedichte- und Fotoband mit dem Titel "Lebenswert" herausgebracht, in dem er seine persönliche Sicht auf das Leben und die Welt in Reimen und Bildern ausdrückt. Seit 15 Jahren ist er freier Autor beim Müller-Verlag. Seit er sich im Home-Office befinde, habe er Zeit gehabt, in Aying "rumzumarschieren" von Ort zu Ort, wo sich Geschichten abspielen und treffliche Vorlagen für Gedichte bieten, zum Beispiel der berühmte Biersee oder auch nur die Holländerkurve im Ortszentrum, die laut Fritz im Ort so heißt, weil der Ausweichverkehr von der A8 über sie läuft: "Die Kurve wird hindurchgeröhrt, / dass jeder es im Dorfe hört. / Am Wasserhäusl ist man frei / und drückt noch mal so richtig nei."

So sehr der Vater zweier erwachsenen Töchter Land und Leute in seiner Wahlheimat auch liebt, den "brutalen Zuzug" schätzt er weniger, auch wenn sich im Ortskern selbst seit 30 Jahren wenig verändert habe, dafür aber umso mehr in Außenbereichen: "Das liegt nicht nur am Zuzugsdrang, / das Dorf frönt dem Entkernungszwang. / Die Logik will, dass wer entkernt, / sich immer mehr vom Kern entfernt", reimt er in dem Gedicht "Stadl-Stall-Syndrom", in dem er auf die Veränderung in der einst weitgehenden unbebauten Peripherie um Aying eingeht, wo massiv die Masse steigt "all der Stadl und der Hütten, / der Ställe und der Schweineschütten, / der Scheunen und der Lagerhallen, / die manchmal nachts den Wald beschallen. / Denn statt gelagerter Traktoren / vergnügen sich dort Partyforen."

Zurück zur Frage, ob sich der Reimeschmied nach 28 Jahren in Aying angekommen fühlt. Es gebe Alteingesessene, Neuzugezogene und die in der Mitte - wenn man gegrüßt werde von "denen da oben", dann sei man angekommen. Er werde gegrüßt, sagt er. Dann hat er wohl nicht den Fehler gemacht, über den er sich in dem Gedicht "Zugezogen" auslässt: "Gar mancher denkt, in schicker Tracht / sozialisiert man sich mit Macht. / Am Ende wird man ausgelacht."

Der Band "Ayinger Farbtupfer" ist im lokalen Buchhandel sowie online unter anderem im sozialen Buchhandel buch7.de zum Preis von 17,99 Euro erhältlich.

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