Basketball-Bundesligist Bonn:Überraschung im Gefrierschrank

Basketball-Bundesligist Bonn: Jeremy Morgan spielt bei den Telekom Baskets Bonn eine starke Saison - leider oft vor leeren Rängen.

Jeremy Morgan spielt bei den Telekom Baskets Bonn eine starke Saison - leider oft vor leeren Rängen.

(Foto: Jörn Wolter /imago)

Die Telekom Baskets glänzen als Tabellenführer der BBL, doch ausgerechnet jetzt springt am Traditions-Standort der Hauptsponsor ab - in Bonn regiert trotzdem der Optimismus.

Von Ulrich Hartmann, Bonn

Die Telekom Baskets Bonn spielen Basketball in einer Halle namens Telekom Dome. Die Auftritte in ihren leuchtenden magentafarbenen Trikots werden wie alle Ligaspiele vom Telekom-Streamingdienst MagentaSport übertragen. Seit 28 Jahren spielen die in Bonn beheimatete Deutsche Telekom und die Baskets miteinander Doppelpass, seit 1995 in der Bundesliga. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert führen sie eine Sportsponsoring-Musterpartnerschaft. Mehr als 80 Millionen Euro hat die Telekom in Aufbau und Instandhaltung des Sportstandortes Bonn investiert und aus den Baskets einen Evergreen in der Basketball-Bundesliga (BBL) gemacht.

Aber weil manchmal auch Traumehen zu Zweckbündnissen werden, müssen sich die Bonner Basketballer zur nächsten Saison einen neuen Namens- und Hauptsponsor suchen. Bis 2025 bleibt die Telekom mit einer jährlich siebenstelligen Summe zwar ein relevanter Sponsor, doch die goldenen Zeiten des purpurfarbenen Trikots sind bald vorbei. Ohne adäquaten Ersatz ginge den Baskets ein Viertel des Gesamtumsatzes (knapp sechs Millionen Euro) verloren. Der reine Team-Etat beläuft sich auf etwa 3,5 Millionen Euro.

Den Bonnern bleibt nicht viel Zeit, um Ersatz zu finden. Da trifft es sich gut, dass sie gerade ihre beste Saison seit Langem spielen. Am Sonntag reisen sie als Tabellenführer zum Spitzenspiel nach München. Zwischen corona- und finanzbedingten Unwägbarkeiten einerseits und dem überraschenden sportlichen Erfolg unter dem neuen finnischen Trainer Tuomas Iisalo andererseits erlebt Bonn die aufwühlendste Spielzeit seit Langem.

Die Telekom Baskets haben endlich wieder Titelchancen in der BBL

Letzte Saison nur Dreizehnter und vorletzte gar nur Fünfzehnter, ist die bislang letzte Playoff-Teilnahme schon fast drei Jahre her (Viertelfinal-Aus gegen Oldenburg). Fünf Mal haben die Baskets die Finalserie um die deutsche Meisterschaft verloren - letztmals 2009. Drei Mal haben sie das Pokal-Endspiel verloren - letztmals 2012. Seit zehn Jahren standen sie auch deshalb in keinem Finale mehr, weil sie ihren Kader so finanzieren mussten, dass sie nebenher ihre Arena zu mittlerweile zwei Dritteln abbezahlen konnten. Aus dem diesjährigen Pokalwettbewerb ist Bonn zwar schon ausgeschieden, doch in der Liga scheint einiges möglich zu sein.

Schlüsseltransfer im vergangenen Sommer war Trainer Iisalo, 39, der mit seinem Bruder und Assistenten Joonas Iisalo vom Ligakonkurrenten Merlins Crailsheim kam und in Bonn einen auf Anhieb sehr gut funktionierenden Kader zusammenstellte. Der Amerikaner Parker Jackson-Cartwright, aus der zweiten französischen Liga geholt, ist der fünftbeste Scorer und beste Vorlagengeber der Bundesliga.

Auch sein Landsmann Jeremy Morgan, aus der ersten italienischen Liga verpflichtet, hat sich gute Werte erspielt. "Es steht eine ziemliche Einheit auf dem Feld, da ist im Sommer akribisch gearbeitet und recherchiert worden", lobt der Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich. "Wir sind eines der Überraschungsteams der Saison." Das tut ihnen gut, nachdem die Bonner in den vergangenen Jahren ein bisschen aus dem Blickfeld verschwunden waren.

In der BBL suchen gleich vier weitere Klubs einen neuen Titelsponsor

Dass ausgerechnet zu den endlich wieder ansehnlicheren Heimspielen der Großteil des treuen Publikums ausgesperrt werden muss, schmerzt den Präsidenten. "Unter normalen Umständen hätten wir jetzt volle Ränge", sagt Wiedlich. Am vergangenen Sonntag, als sogar kein einziger Zuschauer in den Dome gelassen werden durfte, setzte es gegen Hamburg prompt die erste Heimniederlage. Die Stimmung in der leeren Halle?

"Gefrierschrank!", sagt Wiedlich. Immerhin behielt Bonn trotzdem die Tabellenführung. "Unser Erfolg bedeutet zwar ein bisschen Balsam auf die Seele, aber leider können wir daraus keinen Honig saugen." In vollen Hallen mit satten Einnahmen ließe sich alles besser genießen.

Und so muss sich der Bonner Basketball bei der corona-bedingten Vertröstung seiner Stammkundschaft ebenso wie bei der Suche nach einem neuen Titelsponsor darauf verlassen, was ihm vor ein paar Jahren in einer Liga-Studie diagnostiziert worden war: dass die Baskets Bonn eine der wenigen echten Traditionsmarken des deutschen Basketballs seien. Diese Argumentation hat die Telekom bei ihrem angekündigten Rückzug aufgenommen: "Die Baskets als einer der großen Traditionsvereine im deutschen Basketball sind sicherlich auch für andere Unternehmen ein hochattraktives Engagement", sagte der für Marketing-Partnerschaften zuständige Michael Hagspihl. Wiedlich prüft diese These zurzeit gründlich.

Während er gespannt beobachtet, wie lange seine Baskets die Tabellenführung wohl verteidigen können, führt er erste Gespräche mit potenziellen Sponsoren. Es gibt Interessenten aus der Region. Überregional ist die Sache viel schwieriger. Und das nicht nur für Bonn. In der BBL suchen s.Oliver Würzburg, medi Bayreuth, Löwen Braunschweig und Fraport Skyliners Frankfurt, also gleich vier weitere Klubs, einen neuen Titelsponsor.

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