SZ-Serie "Ein Anruf bei ...":"Als hätte er auf die Gelegenheit gewartet"

SZ-Serie "Ein Anruf bei ...": Ingrid Pruckner mit Fluffy, dem Abenteurer. Der Saugroboter hatte sein angestammtes Terrain verlassen und eine Straße geputzt.

Ingrid Pruckner mit Fluffy, dem Abenteurer. Der Saugroboter hatte sein angestammtes Terrain verlassen und eine Straße geputzt.

(Foto: Markus Wurzer)

Kaum ist die Tür geöffnet, macht sich in einem Geschäft in Niederösterreich Saugroboter Fluffy aus dem Staub. Die zweitägige Suche nach ihm macht seine Besitzerin ziemlich berühmt.

Interview von Violetta Simon

Am Montagmorgen ist der Staubsauger Fluffy durch die Schiebetür des Wieselburger Schmankerlladens in der 4400-Seelen-Gemeinde Wieselburg in Niederösterreich ins Freie gerollt und war dann 48 Stunden lang nicht mehr gesehen. Die Ladenbesitzerin Ingrid Pruckner, 46 Jahre, erzählt am Telefon, wie sie ihren Roboter wiedergefunden hat - und warum die Leute neuerdings lächeln, wenn sie am Geschäft vorbeigehen.

SZ: Frau Pruckner, wie konnte es bloß passieren, dass sich Ihr Saugroboter aus dem Staub gemacht hat?

Ingrid Pruckner: Fluffy fährt schon einige Monate im Laden herum, nie ist was passiert. Ich habe mir später erst das Video aus der Überwachungskamera in mehreren Einstellungen angeschaut: Er fährt schnurstracks in Richtung Schiebetür, die genau in dem Moment - immer um Punkt sieben Uhr zum Check - einmal auf- und zugeht. Das Ganze dauert nur ein paar Sekunden. Es ist, als hätte er auf die Gelegenheit gewartet.

Und Ihnen war gleich klar, dass er jetzt weg ist?

Nachdem die Ladestation leer war, habe ich ihn erst im Laden gesucht, es ist schon mal vorgekommen, dass er irgendwo stecken geblieben ist. Aber er war nirgends zu finden. Ein Diebstahl kam nicht infrage, weil der Roboter ohne Station nicht funktioniert. Also bin ich vor die Tür - bei uns führt eine Landstraße vorbei mit ziemlich viel Verkehr. Aber wenn ihn jemand überfahren hätte, wären ja noch Einzelteile herumgelegen. Dann bin ich auf die andere Seite, in den Stadtpark, um zu sehen, ob er vielleicht einen Ausflug gemacht hat. Keine Spur.

Was haben Sie dann getan?

Ich habe gehofft, dass ihn jemand mitgenommen und beim Gemeindeamt abgegeben hat. Die haben schon gelacht, als ich gesagt habe, ich suche meinen Bodenstaubsauger. Sind einiges gewohnt von mir. Letztes Jahr im Mai, als wir noch am Aufbauen des Ladens waren, hat jemand unser Postkasterl mitgenommen - und nach einem Aufruf wieder zurückgestellt. Aber diesmal konnte die Gemeinde mir auch nicht weiterhelfen. Da habe ich mir überlegt, per Facebook-Aufruf nach ihm suchen zu lassen. Und mir gedacht: Wenn's nix bringt, war es wenigstens witzig.

Prima Idee, immerhin hat es Ihnen - neben einer beeindruckenden Reichweite - den Saugroboter zurückgebracht.

Ja, der Post hatte gleich um die 100 000 Klicks, die Leute waren wohl einfach froh, dass mal was anderes passiert neben Corona. Eine Frau hat über Facebook gemeldet, dass sie etwas Schwarzes herumfahren gesehen habe. Sie war sich zuerst nicht sicher, ob es unser Fluffy gewesen sein kann. Andererseits: Wie viele Bodenstaubsauger fahren an einem Tag in Wieselburg durch die Gegend? Auf dem Rückweg entdeckte sie ihn dann ausgepowert neben einer Laterne.

... wo ihn jemand anderes sah und für Elektroschrott hielt.

Ja, ein Gemeindemitarbeiter entsorgte ihn wenig später pflichtbewusst im Restmüll, aber heute Morgen wurde er wieder aus dem Container gefischt und unbeschadet zurückgebracht. Der Sauger hatte den ganzen Weg geputzt, immer am Bordstein entlang. Und ich war die ganze Zeit davon ausgegangen, dass er geradeaus über die Straße gefahren sein musste.

Wie geht es ihm jetzt?

Äußerlich macht er einen guten Eindruck, aber irgendwas hat er. Er wurde gestern gleich an die Ladestation gehängt, doch am Abend war der Akku nur zu 70 Prozent aufgeladen. Als ich ihn starten wollte, fuhr er immer im Kreis. Wegen des vielen Schnees wurde hier Salz gestreut, womöglich ist ihm das nicht bekommen. Ich werde ihn mal dem Elektriker zeigen. Oder ich starte einen weiteren Aufruf, ob der Hersteller mir einen neuen schicken kann, genug Werbung habe ich ja gemacht. Dann bekommt Fluffy einen Ehrenplatz.

Im Hintergrund ist jetzt eine fragende Stimme zu hören, Frau Pruckner antwortet lachend: "Ja, der Fluffy ist noch da!"

Ihre Kunden fragen nach dem Befinden Ihres Saugroboters?

Ja, und die Leute haben jetzt oft ein Lächeln im Gesicht, wenn sie am Geschäft vorbeigehen - es ist ja mitten in der Stadt am Hauptplatz. Schon schön, dass der kleine Kerl so was ausgelöst hat. Wer weiß, vielleicht wollen demnächst noch welche ein Selfie mit Fluffy. Aber jetzt muss ich Schluss machen, gleich kommt ein Fernsehteam vorbei.

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