Impfpflicht:Die Söder-Exegese geht weiter

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Klaus Holetschek versicherte am Donnerstag in einem Radio-Interview, die Teil-Impfpflicht sei eine gute Idee. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago images)

Bayerns Gesundheitsminister Holetschek versucht zu erklären, was sein Chef gemeint hat, und die Impfpflicht-Debatte zu versachlichen.

Von Johann Osel

Deutschland streitet nach wie vor über den CSU-Vorstoß von Beginn der Woche: Da hatte Ministerpräsident Markus Söder angekündigt, dass Bayern die Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen Mitte März nicht umsetzen wolle, "de facto zunächst einmal ein Aussetzen des Vollzugs". Mittlerweile scheint man in München auf eine Versachlichung der Debatte zu zielen. Zwar nicht nach dem Motto: War nicht so gemeint. Aber man versucht, mit Unschuldsmiene zu vermitteln: Wieso all die Aufregung?

"Es ist besser, Probleme zu benennen, als sie zu ignorieren. Genau das ist passiert", twitterte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zunächst. Am Donnerstag präzisierte er in einem Interview: Die Teil-Impfpflicht solle ja kommen; wenn die Details zum Vollzug klar seien, die der Bund schuldig bleibe, eben mit "ein paar Wochen" Verzögerung. Gespräche mit Landräten, Oberbürgermeistern und Einrichtungen der Pflege hätten ergeben: "So kann das nicht funktionieren."

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Alle Zeichen auf Dimmen der Debatte also, nach der Ankündigung vom Montag. Die aufgeregten Reaktionen darauf verwunderten in CSU-Kreisen - sei diese doch nur eine Randnotiz in Söders Statement gewesen, man habe ja schon früher Bedenken geäußert; zum Beispiel Klaus Holetschek in der Vorwoche. Manche haben im Video vom Montag sogar mit der Stoppuhr nachgemessen: Nur gut eine Minute zur Impfpflicht sei es gewesen, mittendrin in umfangreichen Söder-Verkündigungen. Und "geärgert" habe man sich über Darstellungen, Söder säge am Rechtsstaat oder probe den Ausstieg aus der allgemeinen Impfpflicht.

Die Staatskanzlei stellt auf Anfrage klar: "Bayern steht unverändert zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht als erstem Schritt, dem hoffentlich bald eine allgemeine Impfpflicht folgt." Dass die Sätze des Ministerpräsidenten so einschlugen und die vorherigen Sätze seines Fachministers nicht, mag vielleicht an einer Selbstbeschreibung liegen, die Söder mal im Gespräch mit der SZ aufbot: "Eine schlanke Gazelle geht unbemerkt durch den Busch. Größere Tiere hinterlassen immer einen Pfad."

Derweil erzählt man sich im politischen München Fallbeispiele. Wenn ein Arzt drei Sprechstundenhilfen habe, zwei geimpft und eine nicht, müsse er dann am 15. März die Spritzenskeptikerin vor die Tür setzen? Ohne Vorgaben müssten die Gesundheitsämter das im Einzelfall regeln, und die seien eh schon am Limit. Das entspricht den Sorgen von Kommunen als Trägern vieler Kliniken, wie sie Holetschek erwähnte. Der bayerische Landkreistag, eine Stimme mit Einfluss in der CSU, warnte vor Söders Entscheidung: "Je nach Anzahl von Einrichtungen und der jeweiligen Impfquote unter den Mitarbeitern in einem Landkreis sprechen wir von Fällen im dreistelligen Bereich, bei denen sich das Verwaltungsverfahren über Wochen hinziehen kann."

Im Landtag erntete die CSU am Donnerstag für ihr Vorgehen Unmut. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn wollte Söder via Geschäftsordnungsantrag ins Plenum zitieren, nach dessen "politischem und rechtsstaatlichem Affront". Die Regierungsfraktionen CSU und Freie Wähler lehnten das mit ihrer Mehrheit ab. Katharina Schulze (Grüne) sagte, Söder "torpediert das gemeinsame Pandemiemanagement, sein Team-Gerede kann doch niemand mehr hören".

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