Musik im OP:Klammer, Zange, Hupfer

Musik im OP: Chirurgen bei der Arbeit. Genauer und schneller geht die angeblich mit Musik.

Chirurgen bei der Arbeit. Genauer und schneller geht die angeblich mit Musik.

(Foto: Gabriel Trujillo via www.imago-images.de/imago images/Addictive Stock)

Lauter Hardrock von "AC/DC" verhilft Chirurgen zu schnellen Schnitten, beim Nähen eignen sich die "Beatles" in mittlerer Lautstärke mehr, behauptet eine interessante Studie.

Von Martin Zips

Über die Auswirkungen von Musik auf den Menschen wurde schon viel geforscht. Denn natürlich ist es ganz was anderes, ob man recht leise "The Girl from Ipanema" hört, zum Beispiel im Auto, oder sehr laut "The World is going up in Flames". Musik "ändert die ganze Stimmung des Gemüts", darauf hat bereits Aristoteles hingewiesen, und so ist auch der ein oder andere Krankenhauspatient womöglich sehr interessiert daran, was da so im OP gehört wird, während er mit Propofol betäubt darniederliegt. Schon von seinen Supermarkt-, Konzert- und Kinobesuchen weiß der Mensch ja, wie der Sound die Menschen lenkt: mit Emotionen.

Nun hat eine in medizinischen Fachmedien veröffentlichte Studie mit jungen Ärzten ergeben, welchen Einfluss die Klänge und Rhythmen der Beatles, beziehungsweise der Hardrocker von AC/DC auf die Chirurgie haben. Die unerfahrenen Medizinerinnen und Mediziner, so stellten die Forscherinnen und Forscher aus Dresden und Mannheim fest, nähten bei laparoskopischen Eingriffen den intrakorporalen Knoten bei Softrock in mittlerer Lautstärke besonders genau. Bei Hardrock in hoher Lautstärke hingegen schnitten sie schneller. (In der Chirurgie muss der schnelle Schnitt kein Vorteil sein.)

Auch dieser Text hier könnte - je nach Playlist - jetzt eine ganz andere Wendung nehmen. Etwa, wenn sich der Autor entscheiden würde, während des Schreibens Ravels "Bolero" aufzulegen oder aber den Soundtrack aus "Spiel mir das Lied vom Tod". Denn, und das berücksichtigt die Studie leider nicht, viel entscheidender als Genre und Amplitude sind: die durch die Musik entstehenden Assoziationen im Kopf. Bei "Bolero" könnte das etwa eine bestimmte Szene aus der, nunja, 70er-Jahre-Erotikkomödie "Zehn - die Traumfrau" sein oder aber der Loriot-Sketch "Das schiefe Bild", wo "Bolero" die ausweglose Situation eines Hausgastes in einem fremden Wohnzimmer illustriert. Bei Ennio Morricones Soundtrack hingegen fällt einem womöglich Claudia Cardinale ein, aber auch Brutales von Quentin Tarantino.

Woody Allen brachte das Assoziations-Phänomen einmal wie folgt auf den Punkt: "Ich kann nicht so viel Musik von Wagner anhören. Ich hätte sonst den Drang, Polen zu erobern." Tatsächlich wurde zum Beispiel in alten Wochenschau-Berichten über Nazi-Bombardements auf Kreta oder in Russland der Walkürenritt verwendet. Für junge Gefäßchirurgen und -chirurginnen ohne großen historischen Background hingegen könnte etwa Wagners "Parsifal"-Ouvertüre als Hintergrundmusik im OP vielleicht sogar inspirierend wirken.

Letztlich kann man nur hoffen, dass sich der Mensch der Wirkung, die Musik auf ihn und andere haben könnte, stets bewusst bleibt. Schon vom gemeinsamen Mittagsmahl in der Familie weiß man ja, dass es nicht unbedingt Rammstein aus der Bluetooth-Box braucht, um die Stimmung völlig aus dem Ruder geraten zu lassen. Da reicht schon Richard Clayderman. Und so kann es mitunter ratsam sein, auch mal ganz auf Musik zu verzichten und den Klangteppich wieder einzurollen. Allzu viel akustisches Allerlei kann nämlich ebenfalls Bauchschmerzen verursachen.

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