Frankfurt am Main:Ein Mann ohne Format

Oberbürgermeister Peter Feldmann will künftig sein Amt ausüben, indem er auf dessen Ausübung verzichtet. Wie geht das denn?

Es kann klug sein, auf sein Recht zu verzichten, es kann verheerend sein, darauf zu beharren. Selbstverständlich hat der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann das Recht, einen Rücktritt abzulehnen, er ist ja bis 2024 gewählt. Wie aber stellt er sich das praktisch vor?

Die Ausübung eines Amtes ist faktisch nur möglich, wenn Voraussetzungen erfüllt sind, die übers Juristische hinausgehen. Dass ein Amtsinhaber, was seine Integrität betrifft, über jeden Zweifel erhaben sein muss - das ist ein geradezu banaler Anspruch. Seit die Staatsanwaltschaft ihn im März wegen Vorteilsannahme angeklagt hat, trifft dies auf Feldmann nicht mehr zu. Aber auch sonst darf ein gewisses Format erwartet werden. Feldmann hat bei der Feier zum Europa-League-Sieg von Eintracht Frankfurt dem Trainer und dem Mannschaftskapitän den Pokal aus den Händen geklaut. Er hat an Bord des Fan-Fliegers zum Finalort Sevilla ins Bordmikrofon gesagt, die Flugbegleiterinnen hätten ihn "hormonell außer Gefecht" gesetzt. Ein Oberbürgermeister muss nicht reden können wie Cicero. Nur: Prolliger als Mario Barth darf er auf keinen Fall sein.

Amtsinhaber brauchen das Vertrauen derjenigen, auf deren Zusammenarbeit sie angewiesen sind. In Frankfurt hat nun praktisch die gesamte Stadtverordnetenversammlung dem Oberbürgermeister die Zusammenarbeit aufgekündigt. Ein OB, der jeden Morgen als Paria ins Büro kommt, kann nichts bewirken. Es macht die Sache zudem nicht besser, sondern schlechter, dass Feldmann nach eigenen Worten künftig auf repräsentative Termine "nahezu" vollständig verzichten will. Es gehört zu den wesentlichen Aufgaben eines Stadtoberhaupts, seine Stadt zu repräsentieren. Dieser OB will künftig sein Amt ausüben, indem er auf dessen Ausübung verzichtet. Es läuft nun auf ein zähes und millionenteures Abwahlverfahren hinaus. Zumindest aus der Entfernung drängt sich die Frage auf: Wie konnte so jemand eigentlich je ins Amt kommen?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: