Tesla-Chef:Diese Versprechen hat Musk gebrochen

Tesla-Chef: Toll präsentiert, vielfach fotografiert und heiß erwartet: Der Tesla Cybertruck in seiner Pick-up-Version sollte eigentlich schon auf dem Markt sein. Jetzt soll er 2023 kommen. Mal sehen.

Toll präsentiert, vielfach fotografiert und heiß erwartet: Der Tesla Cybertruck in seiner Pick-up-Version sollte eigentlich schon auf dem Markt sein. Jetzt soll er 2023 kommen. Mal sehen.

(Foto: Ringo H.W. Chiu/AP)

Selbstfahrende Autos, 1000 Kilometer Reichweite und Gehirnimplantate: Elon Musk verspricht gern Wunderdinge. Leider macht er sie nur selten wahr.

Von Simon Hurtz

Spätestens am 16. Mai hätte allen Beteiligten klar sein müssen, dass das Drama um Elon Musk und Twitter böse enden würde. "Lasst uns über Spam reden", begann Twitter-Chef Parag Agrawal, und erklärte in einem Dutzend Tweets, wie sein Unternehmen versucht, echte Konten von sogenannten Bots zu unterscheiden. Musks gesamte Reaktion bestand aus einem Emoji: ein lachender Kothaufen.

Die kurze Konversation steht nicht nur sinnbildlich für Musks präpubertären Humor, sondern für seinen Umgang mit Twitter: In den vergangenen Monaten ließ er keine Gelegenheit aus, um die Übernahme zu sabotieren. Er redete das Unternehmen schlecht, griff führende Angestellte öffentlich an, antwortete dem Chef mit einem, nun ja, Haufen Scheiße und ließ sich offensichtlich haltlose Gründe einfallen, warum der Kaufvertrag hinfällig sei. Obwohl er sich dazu verpflichtet hat, möchte er nicht zahlen - oder zumindest deutlich weniger, als er versprochen hatte.

Dieses Verhalten ist typisch für Musk. Er macht großspurige Ankündigungen, kurze Zeit später möchte er nichts mehr davon wissen. Einige Vorhersagen hat er wahr gemacht: Tesla baut die begehrtesten Elektroautos der Welt, Space-X schickt Menschen ins Weltall, Musk ist nicht zufällig zum Multimilliardär geworden. Doch der geniale Unternehmer hat sich nicht nur beim Twitter-Kauf verkalkuliert - sein Weg ist gepflastert mit gebrochenen Versprechen.

2012: Tesla und das Kapital

"Tesla wird keine Finanzierungsrunde mehr benötigen", versprach Musk Investorinnen und Investoren vor zehn Jahren. Das Unternehmen besitze ausreichend Cashreserven und brauche nie wieder frisches Kapital. Seitdem hat Tesla in 14 Finanzierungsrunden mehr als 20 Milliarden Dollar eingesammelt.

2013: Kostenlose Supercharger

Die Elektroautos von Tesla lassen sich an firmeneigenen Ladestationen besonders schnell mit Energie betanken. Diese sogenannten Supercharger würden für immer kostenlos bleiben, beteuerte Musk im Juni 2013. Vier Jahre später begann Tesla, die Gratisnutzung massiv zu beschränken. Mittlerweile müssen Tesla-Besitzer fast immer bezahlen, um ihr Auto zu laden. Auch die Ankündigung, Akkus "schneller zu tauschen, als man einen Benziner betankt", blieb ein leeres Versprechen. 2017 verhieß Musk rein mit Solarenergie betriebene Supercharger, die unabhängig vom Stromnetz sein sollten. Solche Ladesäulen existieren immer noch nicht - genauso wenig wie eine komplett mit Solarenergie betriebene Gigafactory, die Musk bis 2019 bauen wollte.

2015: 1000 Kilometer Reichweite

Ein bis zwei Jahre werde es dauern, bis ein Tesla mit einer Akkuladung mehr als 1000 Kilometer zurücklegen könne, sagte Musk im September 2015. Bis 2020 seien 1200 Kilometer möglich. Bis heute gibt es kein Tesla-Modell, das 1000 Kilometer schafft.

2016: Selbstfahrende Autos

Vor sechs Jahren stellte Tesla Käuferinnen und Käufern eine scheinbar magische Funktion in Aussicht: Ihre Autos sollten bald in der Lage sein, sich komplett autonom durch den Verkehr zu schlängeln. Wer das wollte, musste extra zahlen, um nach einem späteren Software-Update ein selbstfahrendes Auto zu erhalten. Anfang 2017 versprach Musk, es werde nur noch drei bis sechs Monate dauern, bis Teslas Autopilot ohne menschlichen Fahrer auskomme. Seitdem gab es viele Unfälle und Klagen, aber kein Tesla-Modell, das sich autonom fortbewegt.

2017: Gehirnimplantate und Wunderheilungen

Tesla und Space-X scheinen Musk nicht auszulasten, also gründete er 2019 ein weiteres Unternehmen. Neuralink soll erforschen, wie sich menschliche Gehirne mit Computern verbinden lassen. Binnen vier Jahren wolle man bei Schlaganfällen oder Hirntumoren helfen können, sagte Musk. Neuralink werde Telepathie ermöglichen und, wie Musk 2019 ankündigte, bis 2020 einer Querschnittsgelähmten einen Chip implantieren, der ihr die Kontrolle über ihren Körper zurückgebe. Bislang wurde die Technologie nur an Affen und Schweinen getestet, und von den acht Forscherinnen und Forschern des Gründungsteams sind nur noch zwei übrig. Der Rest hat gekündigt - weil Musk illusorische Ziele ausrufe und großen Druck ausübe.

2017: Tunnel und Trucks

Neben Neuralink gründete Musk auch noch Boring Company. Das "langweilige Unternehmen" sollte New York und Washington mit einem unterirdischen Tunnel verbinden, die Reise werde 29 Minuten dauern, versprach Musk. Inzwischen ist das Projekt von der Webseite verschwunden. Am Ziel, einen großen Tesla-Truck zu bauen, hält Musk dagegen fest. Seit fünf Jahren kann man ihn vorbestellen, 2019 sollte er auf den Markt kommen - aktuell peilt Tesla 2023 an. Das Gleiche gilt für einen angekündigten Pick-up-Truck, den Musk als einen "besseren Sportwagen als ein Porsche 911" vorstellte.

2018: Teslas Privatisierung

"Die Finanzierung steht", twitterte Musk im August 2017 und meinte damit: Er werde Tesla-Anteile für 420 Dollar pro Aktie zurückkaufen, um das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Der Aktienkurs stieg steil an, doch wenig später stellte sich heraus, dass Musk gelogen hatte. Die Finanzierung stand mitnichten, die Privatisierungspläne waren ein schlechter Scherz, der viele Menschen Millionen kostete.

2019: Eine Million Robotaxis

Mehr als eine Million autonome Tesla-Taxis würden binnen eines Jahres auf den Straßen unterwegs sein. Bei dieser Vorhersage sei er "sehr zuversichtlich", sagte Musk 2019. In zwei Jahren werde Tesla Autos ohne Pedale und Lenkräder produzieren. Robotaxis und Fahrzeuge ohne Steuerungsmöglichkeit lassen weiter auf sich warten.

2020: Großzügige Corona-Regelungen

Im Mai 2020 setzte sich Musk über geltende Gesetze hinweg und eröffnete auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie eine Tesla-Fabrik in Texas neu. Wer sich damit nicht wohlfühle, solle sich "bitte nicht verpflichtet fühlen, zurück zur Arbeit zu kommen", schrieb er in einer Mail an die Beschäftigten. Einige Mitarbeiter nahmen daraufhin unbezahlten Urlaub, um sich und ihre Familien zu schützen - und wurden entlassen. Das passt zu Musks Umgang mit dem Coronavirus. Die Krankheit sei vergleichbar mit der Grippe, sagte Musk zu Beginn der Pandemie voraus, Ende April 2020 werde es in den USA voraussichtlich "null neue Fälle" geben. Allein in den Vereinigten Staaten sind mehr als eine Million Menschen an Covid-19 gestorben.

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