Medizinstudium:Wie man in Bayern auch ohne Einser-Abitur Arzt werden kann

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Ein Schild an einem Haus weist in der kleinen Gemeinde Saulgrub auf eine Arztpraxis hin. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Mit einer Landarztquote für Studierende will Bayern die medizinische Versorgung außerhalb der Großstadt sicherstellen. Das Interesse an dem Programm ist groß - auch wenn bei Abbruch hohe Strafen drohen.

Von Anna Günther, München

Sich viele Jahre im Voraus vertraglich zu verpflichten, zehn Jahre lang irgendwo auf dem Land zu arbeiten? Bei 250 000 Euro Strafe, wenn man es sich anders überlegt? Das mag abschreckend klingen, aber ambitionierte junge Leute rennen dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Türen ein. Sie wollen über die Landarztquote einen Medizinstudienplatz in Bayern bekommen. Auf 113 Plätze bewarben sich im Frühjahr fast vier Mal so viele Interessenten. In diesen Tagen vergibt die Stiftung für Hochschulzulassung wieder die begehrten Medizinstudienplätze. Die Quoten-Studierenden bekamen als erste Bescheid.

Im kommenden Wintersemester beginnen an Bayerns sechs Universitäten mit Medizinerausbildung knapp 2000 Studierende, 5,8 Prozent von ihnen haben dem LGL vertraglich zugesichert, sich danach als Landarzt zu verpflichten. Irgendwo in Bayern, dort, wo sie gebraucht werden. Zu 113 potenziellen Landärzten kommen 18, die sich auf den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) festlegen und Amtsarzt werden wollen. Sie dürfen über die ÖGD-Quote studieren, die 2021, ein Jahr nach der Landarztquote, eingeführt wurde. Gerade in den ersten Corona-Monaten 2020 wurde sichtbar, dass Amtsärzte in Bayern fehlen. Kritiker hatten bemängelt, dass der ÖGD zusammengespart worden war. Die Quote will das Gesundheitsministerium aber schon vorher geplant haben.

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Für Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sind die Quoten ein Erfolg und der richtige Schritt, um den Ärztemangel im ländlichen Raum wie im Gesundheitsdienst zu mildern. Die Quoten seien "beliebt, und viele junge Medizinstudierende wollen sich in Bayern niederlassen und als Hausärztin oder Hausarzt, Amtsärztin oder Amtsarzt arbeiten." Sie leisteten einen "wichtigen Beitrag für die zukunftsfeste Gesundheitsversorgung in Bayern".

327 potenzielle Landärzte studieren bereits, mehr als die Hälfte ist weiblich

Insgesamt 327 potenzielle Land- und 33 Amtsärzte studieren bereits, 55 Prozent davon sind Frauen, im Schnitt sind die Mediziner Mitte Zwanzig und kommen größtenteils aus Bayern. Sie müssen kein Einser-Abitur haben, aber sich einem zweistufigen Auswahlverfahren stellen. Kriterien sind ein Eignungstest, eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf, wie lange sie darin tätig waren und ob sie ein Ehrenamt ausüben. Dazu kommt ein Auswahlgespräch.

Ob die Quote etwas bringt, wird sich aber erst in acht bis zehn Jahren herausstellen. Medizinstudenten lernen sechs Jahre an der Uni, gefolgt von fünf Jahren Facharztausbildung. Im Bayerischen Hausärzteverband ist man verhalten optimistisch: "Damit ist auf jeden Fall ein Anfang gemacht", sagt Beate Reinhardt, Vorstandsmitglied und Beauftragte für Junge Medizin. Aber wichtiger als Mutmaßungen über die Zukunft sind ihr strukturelle Veränderungen: Die Erfahrungen mit den Landarzt-Studierenden seien "sehr vielversprechend", diese hätten viel Sozialkompetenz und praktische Erfahrung. Daher regt die Ärztin an, die Zulassung zum Medizinstudium insgesamt nach den Landarzt-Kriterien zu vergeben - und nicht länger von der Abiturnote abhängig zu machen.

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